Wie geht es weiter mit Englisch in der EU — nach dem Brexit?

Bild: Koerner /MSC. Lizenz: CC BY 3.0

Wahrscheinlich abwärts

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Beginnen wir einmal mit Ursula von der Leyen. Da steht auf einem Plakat, das wahrscheinlich ein guter Teil ihrer Landsleute nicht versteht — die älteren Bewohner der einst russischsprachigen Domaine DDR, folgende Aussage, auf Englisch: "Eine stabile EU ist ebenso sehr im amerikanischen Interesse wie der enge Zusammenhalt der Nato."

Dazu formt sie beide Hände mit gespreizten Fingern zu einem unsichtbaren, aber lang gestreckten Objekt. Unten links im Bild erfahren wir den Namen der Dame und ihren Titel: Federal Minister of Defense, Federal Republic of Germany.

Was die wenigsten ihrer deutschen Landsleute wissen werden, obwohl von der Leyen sich als "Bundesministerin" der "Bundesrepublik Deutschland" ausgibt, ist, dass man in der EU sehr wohl English spricht und schreibt - aber nicht Amerikanisch.

Das heißt, würde der Name der Ministerin als "van der Leyen" wiedergegeben werden, würde es sofort Beschwerden regnen, man habe ihren deutschen Namen fälschlicherweise verhollandisiert … sie sei aber ganz korrekt eine deutsche Staatsbürgerin mit einem "von" und keine Niederländerin mit einem "van".

Da aber auch die des Englischen mächtigen Westdeutschen bestenfalls auf einer Skala von 1 bis 10 im unteren Stiefelbereich punkten können, beschwert sich in diesem Fall niemand — kein Mensch — über das "S".

Nun müsste man wissen, dass die Amerikaner irgendwann einmal eine Rechtschreibreform gehabt haben und dabei unter anderem das Wort "Defence" (Verteidigung) zu "Defense" (mit S statt mit C) änderten. Die Briten blieben beim "C" — und deshalb wäre in einem EU-Kontext die britische Schreibweise angesagt gewesen. Mitglied der EU ist nämlich das kleine Inselreich UK, und nicht das große Amerika jenseits vom großen Teich.

Aluminum

Jetzt könnte man in Deutschland sagen, "Ist doch Wurscht. Ein S oder ein C. Wir wissen ja, was gemeint ist." Aber gerade diese winzigen Veränderungen sind es ja, die auf unsichtbare Weise den Zaubertrick vollführen. Wo eben noch die Frau von der Leyen in ihren Händen einen Brotlaib suggerierte, sehen wir auf einmal einen amerikanischen Football oder gar einen Miniatur -Sprengkörper atomarer Bauart.

Der in Amerika sehr gefeierte britische Komiker John Cleese gefällt sich darin, den amerikanischen Präsidenten als "Blödmann vom Dienst" zu bezeichnen, und die Amerikaner lieben ihn dafür, auch wenn er sie insgesamt des Gebrauchs der englischen Sprache für unfähig befindet. "Das Ding heißt Aluminium", erklärt er beispielsweise von der Kanzel herab, "und nicht Aluminum. Setzt die beiden Buchstaben wieder ein, und man wird euch überall auf der Welt wieder verstehen können."

Tatsächlich waren es aber die Amerikaner, die dieses wertvolle Metall als erste im großen Stil industriell produzierten - und sie wollten natürlich das Wort "Mini" aus seiner Mitte herausputzen. Also nannten sie es "Aluminum", um seine amerikanischen Qualitäten hervorzuheben.

Genau so verhält es sich mit der "Verteidung". Einem deutschen Leser würde es bald auffallen, wenn man den "Verteidigungsminister" als "Verteigungsminister" oder "Verteiligungsminister" bezeichnen würde. Bald würde aber verlautbaren, dass "Verteidigung" unnötigerweise "Schwäche" oder "unnötigerweise vom Gegener überrascht werden" suggeriere, während "Verteiligung" eine wohlvorbereitete aktive Kampfbereitschaft darstellt, die es dem Feind nicht geraten sein lässt, anzugreifen.

Die überlegene amerikanische Verteidigungsbereitschaft

Defense mit "S" sei also die überlegene amerikanische Verteidigungsbereitschaft, bei der der Aggressor letztenendes riskiere, seinen Angriffskrieg zu verlieren. Dass diese pro-aktive Verteidigungsbereitschaft, die amerikanische Defense mit "S", die sich in letzer Instanz von einer übereilten und wenig durchdachten kriegerischen Aggression kein bisschen unterscheidet, bisher noch nirgendwo siegreich angewendet wurde, tut dabei wenig zur Sache. Sie durchwühlt nur immer weiter neue riesige Landstriche der Erde, wie ein überdimensionaler Maulwurf, der die Erde von einem Ende bis zum anderen kaputt macht.

So ist also auch der Unterschied bei Defense, obwohl nur einen Buchstaben breit, doch eine gigantische Differenz in der realen Anwendung. Es ist wie bei dem deutschen Wort "nukleare Teilhabe", das sich von der "nuklearen Teilnahme" scheinbar nur um wenige Buchstaben unterscheidet. Bei der Teilnahme sitzt man sozusagen auf dem Soziussitz - und während der amerikanische Lenker vorne das gemeinsame Geschick steuert, wirft der deutsche Kopilot hinten die Bauernbrotgroßen nuklearen Sprengsätze links und rechts über Bord.

Bei der Teilhabe erlebt man zunächt einmal, wie 21 Pakete von jeweils drei zusammengeschnürten Hiroshima-Brandsätzen zwischen Eifel und St Petersburg einem den Hintern wegbrennen, während der amerikanische Kollege irgendwo unterm Mt. Rushmore auf die roten Knöppgens drückt. Ha ha ha — eine wahnsinnig komische Lachnummer.

Aber Moment, im Zeitalter des Donald Trump gerinnt Politik ja überall zum Kabarett - und auch Frau von der Leyen ist sicherlich nichts weiter als noch eine, eine weitere [zensiert], die sich als eine verspätete Jungfrau von Orleans in die Politik verirrt hat.

Ja, mir ist Greta lieber. Hier interessiert mich indessen nur, wieviel Englisch unsere amerikanisierte Ex-Verteidigungsministerin überhaupt versteht, oder ob sie uns bei vollem Unverstand nunmehr gesamteuropäisch in die Gefilde des Dr. Strangelove hinein reitet: "Yeee-hah!"

Ursula von der Leyen liest ihre mehrstündige Rede vor der EU-Vollversammlung ab, wie ich eine Rede auf Portugiesisch vorlesen würde

Hören wir ihr einmal auf YouTube beim Ablesen einer Rede oder bei einem Interview mit einem britischen Stichwortgeber zu, so bemerken wir bald, dass sie auch bei ihrem mehrjährigen Baby-Aufenthalt in den USA kein Englisch gelernt hat. Sie liest ihre mehrstündige Rede vor der EU-Vollversammlung ab, wie ich eine Rede auf Portugiesisch vorlesen würde. Ella lee su discurso que dura varias horas antes de la Asamblea General de la UE, como yo leería un discurso en español.

Direkt aus dem Google-Übersetzer heruntergeladen, immer wieder mal durchsetzt mit verbal gehörnten Buxtabenclustern, die sie in der Eile des Ablesens nicht ganz entziffern konnte.

"Of coorze I now" sagt sie, wo sie "of course I know" sagen wollte - oder sie sagt "I never daughtered" wenn sie "I never doubted" meint. Auch bei dem Interview wird klar, dass der Interviewer ihr eine Frage stellt, und dann — Schnitt! — liest sie ihre Antwort vom Teleprompter.

Beide rezitieren einen präparierten Text. Die oberste Polit-Chefin Europas spricht weder Englisch noch Amerikanisch, sie kann die Amtssprache nicht einmal korrekt vom Blatt lesen.

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