Kontrolle der Quarantäne: Corona-App Nr. 3 geplant?

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Nach der Tracing-App und der sog. Datenspende-App plant Gesundheitsminister Spahn nun offenbar eine App zur Überwachung der Einhaltung von Quarantänemaßnahmen

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Die Regierungskommunikation über Anzahl und Funktion geplanter Corona-Apps erfolgt weiterhin scheibchenweise. Erst vor gut zwei Wochen hatte die überraschende Einführung einer sog. Datenspende-App (Corona-App: Datenspende mit langer Vorgeschichte) für Verwechslungen gesorgt mit der zuvor öffentlich angekündigten Tracing-App zur Rückverfolgung von Kontakten.

Nun hat Bundesgesundheitsminister Spahn auf der Pressekonferenz vom 20. April en passant "zum Beispiel eine Quarantäne-App" erwähnt, die bereits "in einigen Modellen" zur Anwendung komme.

Von einer solchen App zur "Kontrolle der Quarantäne" hatte der Gesundheitsminister schon einen Tag zuvor im ZDF-Interview gesprochen. Dass Moderatorin Slomka keine Notiz von dieser Neuigkeit nahm, jedenfalls nicht nachhakte, könnte an der kunstvollen syntaktischen Verschachtelung gelegen haben, in die Spahn die Neuigkeit wie beiläufig eingebettet hatte. Anlass war Slomkas Frage nach Kapazitäten der Gesundheitsämter zum Nachvollziehen von Kontakten gewesen. Eine solche Rückverfolgung, so Spahn:

geht natürlich noch leichter mit der richtigen technischen Ausstattung. Deswegen wollen wir auch ein Forschungsprogramm machen von bis zu 150.000 Euro pro öffentlichen Gesundheitsdienst von Seiten des Bundes, damit sie sich weiter digitalisieren können, ihre Mitarbeiter ausstatten können, damit Meldewege im Übrigen auch digital und schneller laufen und damit wir dann auch möglicherweise Apps eben nutzen können zur Unterstützung sowohl bei der Kontrolle der Quarantäne - auch da wird ja heute angerufen oder vorbeigefahren. Das geht natürlich auch theoretisch per App, und das wird gerade entwickelt - oder beim Nachvollziehen der Kontakte.

Jens Spahn

Wie genau die digitale Kontrolle von Quarantänemaßnahmen aussehen soll, bleibt unklar. Dieser Mangel an Transparenz wird mittlerweile auch bei der Entwicklung der Tracing App kritisiert. Eine Reihe von Wissenschaftlern hat sich deshalb nun aus dem von der Bundesregierung unterstützten internationalen Projekt PEPP-PT zurückgezogen.

Das Projekt, das die Grundlage für eine App zur Rückverfolgung von Kontakten schaffen soll, hatte öffentlich viel Zustimmung erfahren, weil es zunächst mit der Einhaltung von Datenschutz und der Wahrung der Privatsphäre geworben hatte. Jetzt aber wird der schwere Vorwurf erhoben, dass das Projekt zunehmend einen undurchsichtigen Ansatz verfolge, der u.a. die zentrale Speicherung aller Daten favorisiere. In einem am letzten Montag veröffentlichten Brandbrief warnen 300 Wissenschaftler vor Vorschlägen, die eine Überwachung der Gesellschaft ermöglichen würden.

Auch die vom Robert-Koch-Institut (RKI) als "datenschutzrechtlich geprüft" beworbene "Datenspende-App" steht weiterhin in der Kritik. Nachdem vor gut zwei Wochen der Europaabgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) sowie der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) ernste datenschutzrechtliche Bedenken geäußert hatten, hat nun auch der Chaos Computer Club (CCC) scharfe Kritik geübt.

Der "Argwohn" gegenüber der App "war berechtigt", heißt es in der Stellungnahme, in der zahlreiche Mängel bei der Datensicherheit und dem Datenschutz aufgelistet werden. So würden z.B. "entgegen den Darstellungen" die "hochsensiblen Gesundheitsdaten" der meisten Nutzer "vollständig und teils mitsamt Klarnamen" abgerufen: "Eine Pseudonymisierung findet erst auf Seiten des RKI statt."

Der Leiter des Robert-Koch-Instituts Lothar Wieler hatte in seinem Lagebericht vom 07. April versichert, dass das RKI keine Kenntnis über die Namen der Nutzer besitze. Laut CCC lassen bereits 400 000 Menschen ihre Gesundheitsdaten per App ans RKI übermitteln.

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