Corona-Krise: US-Arbeitsmarkt im freien Fall

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Im vergangenen Monat fielen 20,5 Millionen Jobs in den USA weg. Trump glaubt, dass sie alle bald wiederkommen

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Der Einbruch im US-Arbeitsmarkt geht ins Bodenlose, wie die Grafik zeigt. Dort sieht man eine Linie, die lotgerade schnurstracks nach unten geht und bei "minus 20 Millionen" im April 2020 ihr vorläufiges Ende hat. Die Verläufe davor, die mit April 1940 einsetzen, sind kleine Zacken nahe der Null-Linie, Minimalausschläge.

Grafik: Heidi Shierholz, Twitter

Schnell und wuchtig

Im vergangenen Monat fielen 20,5 Millionen Jobs in den USA weg. Die Arbeitslosenquote schnellte auf 14,7 Prozent, meldet das US-Arbeitsministerium heute. Im Februar lag sie noch bei 3,5 Prozent, was als niedrigster Wert in einem halben Jahrhundert gilt.

Im März war sie dann auf 4,4 Prozent gestiegen. Für den April wurde Schlimmes erwartet; in wöchentlichen Meldungen war ja bereits von einem zuvor nie dagewesenen plötzlichen scharfen Anstieg der Arbeitslosenzahlen berichtet worden. Gestern wurden 3,2 Millionen neu hinzugekommene Arbeitslose gemeldet. Derzeit steht die Zahl bei 33,5 Millionen. Aber die Steigerungen waren zuletzt nicht mehr so stark wie Anfang April.

Für einen genaueren Blick auf die Lage und die Entwicklungen wurde das Employment Situation Summary für den April heute mit großer Gespanntheit erwartet. Die katastrophalen Zahlen bestätigten Ahnungen und Voraussagen, der Schock kam mit Ansage, er fiel sogar etwas weniger drastisch aus, als erwartet.

Was aber nichts daran ändert, dass die Geschwindigkeit des Einbruchs und dessen Tiefe einem wuchtigen Schlag gleichkommt ("Die Job-Misere vertief sich", heißt es in der Financial Times). Im Arbeitsministerium und in Medien greift man bis in die Große Depression zurück, um das Ausmaß der "Verwüstung" (NYT) zu ermessen.

Die Zahl der arbeitslosen Personen stieg im April um 15,9 Millionen auf 23,1 Millionen. Der scharfe Anstieg (…) spiegelt die Effekte der Corona-Pandemie und die Anstrengungen wieder, sie einzugrenzen.

Employment Situation Summary

In den ersten Reaktionen wiesen Fachkundige darauf hin, dass die Zahlen in Wirklichkeit noch dramatischer aussehen könnten. So machte Heidi Shierholz, die früher Chief Economist im Arbeitsministerium war, darauf aufmerksam, dass nicht alle Arbeitslosen erfasst wurden, die "echte" Arbeitslosenquote könnte bei 23,6 Prozent liegen.

Andrerseits wird eine andere Zahl mit Hoffnung verbunden: 78,3 Prozent der arbeitslosen "worker" gaben an, dass sie nur vorübergehend ohne Jobs seien ("temporary layoff") . Sie erwarten, dass sie wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können.

Die große Unsicherheit

Hierin liegt das Bezeichnende und Außergewöhnliche der Situation: die einzigartige Unsicherheit. Der historische Einbruch ist einmalig, ward in den Aufzeichnungen bislang nicht gesehen, er hat keine Wirtschaftskrise zum Hauptanlass, sondern eine Pandemie als Auslöser, man kann auf keine Vergleiche in der jüngeren Vergangenheit zurückgreifen - und genau genommen eben auch nicht auf die "Große Depression".

Wie kann die Politik entgegensteuern, wie weit entfaltet sich eine Dynamik, die auf eine Depression zusteuern? Wie sieht die Antwort auf den Schock aus?

US-Präsident Trump ist optimistisch. "Diese Arbeitsplätze werden alle wieder da sein und sie werden bald da sein." Das nächste Jahr werde ein "phänomenales Jahr", gab er zum Besten. (NYT).

Warf man in den letzten Wochen einen Blick in Finanzzeitungen, so war da von einer großen Unsicherheit darüber zu lesen, welchen Branchen es gelingt, wieder auf die Füße kommen, und wer sich nicht mehr erholt. Die Zweifel am "V"-Verlauf - dem scharfen Abfall folgt ein steiler Anstieg - der wirtschaftlichen Corona-Krise waren nicht zu übersehen.

"Jobwunder" zunichte gemacht

Für Trump steht die Wiederwahl auf dem Spiel; wie wichtig ihm der Arbeitsmarkt ist, zeigte sich im Februar, als er es genoss, mit Verweis auf die geringsten Arbeitslosenzahlen seit Jahrzehnten und dazu die Lohnsteigerungen über seine Kritiker zu triumphieren. Dass ihm von ihnen vorgeworfen wurde, das sei nur eine "oberflächliche Sichtweise", konnte ihm wenig anhaben.

Jetzt legt die Corona-Krise nach dem Bericht offen, dass es die Niedriglohn-Beschäftigten und die Minderheiten besonders erwischt. Stabil sind nach dem Lagebericht vor allem Jobs im Finanzsegment, die Krise im Arbeitsmarkt greift mittlerweile auch auf Jobs in der Produktion zu.

So schnell das "Jobwunder" da war, so schnell wird es nun von der Corona-Krise zunichte gemacht. Der Bericht bestätigt, dass die Corona-Effekte vor allem Wirtschaftssektoren treffen, die unter den Einschränkungsmaßnahmen besonders leiden: "leisure" (Erholung) und "hospitality" (Bewirtung) machen 47 Prozent der verlorenen Jobs im April aus (minus 7,7 Millionen).

Fast drei Viertel der Jobverluste wurden hier bei "food services and drinking places" verzeichnet (5,5 Millionen). Als nächstes erwähnt werden dazu Beschäftigungen im Bereich "Kunst und Unterhaltung; Freizeit und Erholung" (1,3 Millionen). (Nachtrag: Auch im Bereich "Erziehung und Gesundheit" wurde mit 2,5 Millionen Jobverlusten eine hohe Zahl gemeldet. Ein kürzer gefasster Überblick zur umfassenden April-Statistik: hier.)

Aber auch im Einzelhandel gibt es mit 2,1 Millionen deutliche Jobverluste wie auch in der Produktion, wo 1,3 Millionen weniger Jobs gemeldet werden (vor allem bei der Herstellung von Gebrauchsgütern; genannt werden dazu Autos, Autoteile und Metallprodukte).

Ein zehnjähriger Anstieg der Beschäftigung wurde in einem Monat ausgelöscht, kommentiert die New York Times. Indessen weisen Kritiker darauf hin, dass es überproportional Beschäftigte mit geringen Löhnen erwischt.