Die "Wuhan Files"

Bild: geralt/Pixabay.com

Geleakten Dokumenten zufolge ließen die chinesischen Corona-Maßnahmen zu Beginn der Pandemie zu wünschen übrig

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Chaos, Meldeverzug, Bürokratie und Zögerlichkeit — das sind einige der Begriffe, die geleakten Dokumenten zufolge, die staatlichen Maßnahmen zu Beginn der Corona-Pandemie beschreiben. Nicht von Europa oder den USA handeln diese Leaks, die der Nachrichtenkanal CNN ausgewertet hat, sondern von China.

Die Dokumente liefern, so CNN, Hinweise auf Divergenzen zwischen dem, was Behördenvertreter glaubten, und dem, was sie der Öffentlichkeit mitteilten. Die bewusste Zurückhaltung von Informationen belegten die Papiere jedoch nicht.

Am 10. Februar zum Beispiel hätten chinesische Offizielle die Zahl von 2.478 neuen Corona-Fällen bestätigt. Doch in einem File mit dem Vermerk "internes Dokument, bitte vertraulich behandeln" habe die Gesundheitsbehörde der Provinz Hubei 5.918 neue Fälle an diesem Tag aufgezeichnet. Dabei handelte es sich um 2.345 "bestätigte Fälle", 1.772 "klinisch diagnostizierte Fälle" und 1.796 "vermutete Fälle". CNN mutmaßt1, liefert aber keine weiteren Belege dafür, dass die chinesische Corona-Buchhaltung die Fallzahl herunterspielen sollte.

Insgesamt 117 Seiten umfassen die internen Dokumente, die, so CNN, von dem Hubei Provincial Center for Disease Control and Prevention (CDC) stammen. Bei dem Whistleblower, der die Unterlagen online zugespielt habe, soll es sich um einen im chinesischen Gesundheitssystem tätigen "Patrioten" handeln, der die Wahrheit ans Licht bringen wolle. Die Echtheit der Dokumente sei von mehreren unabhängigen Experten verifiziert worden.

Eine mögliche Erklärung für Diskrepanzen zwischen tatsächlichen und veröffentlichten Corona-Fällen könne in dem langen Verzug zwischen dem Auftreten von Symptomen und der Diagnose von Covid-19 gelegen haben: Durchschnittlich 23,3 Tage seien vergangen, bis ein positiver Fall festgestanden habe.

Doch es gab auch erschwerende externe Faktoren: Anfang Dezember 2019 habe es in Hubei einen "enormen" Anstieg an Grippefällen gegeben. In diesem Zeitraum traten laut wissenschaftlichen Studien in Wuhan die ersten Corona-Fälle auf. Doch genau in dieser Periode sei es, so die Leaks, auch zu einem starken Grippe-Ausbruch gekommen, mit Fallzahlen beim 20-Fachen der Vorjahreswoche. Möglicherweise habe ein starker Anstieg von Patienten mit grippeähnlichen Symptomen die Identifizierung der ersten COVID-19-Fälle erschwert.

Laut CNN ergeben die Dokumente das Bild eines "unflexiblen" Gesundheitssystems, das durch eine starre Bürokratie eingeschränkt sei. Es gebe ein "Muster institutioneller Mängel", vor allem die Langsamkeit, mit der COVID-19-Patienten diagnostiziert wurden und fehlerhafte Test- und Berichterstattungsmechanismen. Doch selbst wenn vieles besser gelaufen wäre, so selbst ein Experte des Council on Foreign Relations, eines Think Tanks, der US-Regierungskreisen nahe steht : "Es hätte wahrscheinlich nicht verhindert, dass sich daraus eine Pandemie entwickelt."

Im Nebel der Pandemie ist vieles unklar. Sicher ist noch nicht einmal, ob das Virus wirklich aus China stammt (Vielleicht doch keine China-Virus). Zumal auch in den USA Covid-19 bereits Ende 2019 umgegangen zu sein scheint.