Urteil gegen Julian Assange mit "bitterem Beigeschmack"

Nicht als Journalist anerkannt: WikiLeaks-Gründer Julian Assange

Medienorganisationen in Deutschland regieren verhalten auf die Londoner Entscheidung im Auslieferungsprozess gegen den WikiLeaks-Gründer

Journalistenorganisationen in Deutschland haben das britische Urteil im Auslieferungsverfahren gegen den Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, verhalten aufgenommen. Während sie die verhinderte Auslieferung des Journalisten in die USA begrüßten, kam von dieser Seite auch Kritik angesichts der Weigerung der britischen Justiz, Assange als Journalisten anzuerkennen. In diesem Punkt war das Gericht im Wesentlichen der US-Position gefolgt.

"Die Veröffentlichungen von Wikileaks sind vollumfänglich von der Pressefreiheit gedeckt. Ohne Whistleblower wie Julian Assange können Medien nicht mehr ihrer Kernaufgabe der Kontrolle von Staats- und Wirtschaftsmacht nachkommen, was verheerende Folgen für die Pressefreiheit hätte", sagte die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in der ver.di, Monique Hofmann, gegenüber Telepolis.

Am heutigen Montag hatte ein Gericht in London einen Auslieferungsantrag des US-Justizministeriums für den WikiLeaks-Gründer Julian Assange abgelehnt. Richterin Vanessa Baraitser argumentierte, es sei damit zu rechnen, dass der 49-jährige in drohender Isolationshaft Suizid begehe.

Assange hätten in den USA im Fall einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft gedroht. Die Richterin begründete ihre Entscheidung mit dem psychischen Gesundheitszustand Assanges und den Haftbedingungen, die ihn in den USA erwarten würden.

Es sei "absolut nicht nachvollziehbar und hat einen bitteren Beigeschmack", dass die Rolle Assanges als Journalist und die Bedeutung von WikiLeaks in den Ausführungen der Richterin keine Rolle gespielt haben, sondern nur auf die Haftbedingungen in den USA abgezielt worden ist, so dju-Geschäftsführerin Hofmann gegenüber Telepolis. Für Rechtsstaat und Demokratie sei es "kein besonders guter Tag", trotz des im Ergebnis erfreulichen Urteils.

Auch DJV und Reporter ohne Grenzen für Freilassung von Assange

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) begrüßte indes die Entscheidung des britischen Gerichtes. "Entscheidend ist zunächst einmal, dass die USA mit ihrem Auslieferungsersuchen eine Bruchlandung erlitten haben", sagte DJV-Sprecher Hendrik Zörner gegenüber Telepolis. Julian Assange gehöre in Freiheit und nicht hinter Gitter. "Wichtig ist, dass sich das in der Berufungsverhandlung durchsetzt", so Zörner weiter.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen sei erleichtert, dass Großbritannien den Wikileaks-Gründer- und Herausgeber Julian Assange aus humanitären Gründen nicht an die USA ausliefert, so Sprecher Christian Mihr gegenüber Telepolis: "Es ist aber weiter mehr als besorgniserregend, dass das Gericht nicht anerkennt, dass Assange für seine Beiträge zum Journalismus verfolgt wurde."

Dies lasse weiterhin eine Hintertür offen für die Verfolgung von Journalistinnen und Journalisten weltweit. Es liegt jetzt an den USA, die Anklage juristisch fallen zu lassen oder ihn politisch zu begnadigen."

Vorausgegangen war eine von Unregelmäßigkeiten und Intransparenz überschattete monatelange Verhandlung. Auch am heutigen Montag war internationale Presse von der Verhandlung ausgeschlossen, britische Medienvertreter wurden bevorzugt behandelt, berichteten Beobachter des Verfahrens. Politische Prozessbegleiter, etwa Parlamentsabgeordnete oder Vertreter von Journalisten- und Menschenrechtsorganisationen, wurden zur Verhandlung vor dem Old-Bailey-Gericht in London nicht zugelassen.

Im Falle einer Auslieferung hätte sich Assange in den USA 17 Anklagepunkten nach dem Antispionagegesetz stellen müssen. Zudem ist der australische Journalist in einer erweiterten Anklage wegen Eindringens in Computer angeklagt. De facto droht ihm lebenslange Haft, sollte die USA seiner habhaft werden.

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