Tempo 30: Weniger Verkehrstote

Symbolbild: urbzoo/ CC BY 2.0

In Frankreich haben zahlreiche Städte Tempo 30 innerorts zum Richtwert gemacht. Das Ergebnis: Die Zahl der Verkehrstoten geht deutlich zurück

In Frankreich haben inzwischen rund 200 Städte ein generelles Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde eingeführt, darunter Lille, Nantes und Grenoble. Montpellier soll im Juli folgen.

Dort, wo die Maßnahmen bereits umgesetzt sind, sei die Zahl der tödlichen Unfälle um 70 Prozent zurückgegangen, schreibt die im südfranzösischen Montpellier erscheinende Zeitung Midi Libre.

Den Fuß vom Gaspedal zu nehmen, liegt eigentlich nicht nur wegen der Situation auf den hiesigen Straßen, sondern auch wegen der durch die Pandemie am Limit arbeitenden Intensivstationen nahe. Denn weniger Verkehrsopfer bedeuten auch weniger Verletzte, die in den Krankenhäusern versorgt werden müssen.

Deutschland: Unfälle mit Verletzten oder Todesopfern meist innerorts

In Deutschland gab es nach den Angaben des statistischen Bundesamtes 2020 rund 2,3 Millionen Verkehrsunfälle mit 2.724 Toten und 328.000 Verletzten. Rund zwei Drittel der Unfälle mit Verletzten oder Todesopfern ereigneten sich innerorts.

Die Bundesstatistiker führen nicht im Einzelnen auf, um welche Art Verkehrsteilnehmer es sich bei den Opfern handelte. Doch das Beispiel Berlins lässt vermuten, dass überwiegend Fußgänger und Fahrradfahrer betroffen waren. Von 48 Verkehrstoten waren 2020 an der Spree 18 Fußgänger, 17 Radfahrer, neun Fahrer von Zweirädern sowie jeweils zwei Insassen von Autos und Lastwagen.

Derweil soll in Montpellier die Geschwindigkeitsbegrenzung mit einer Reihe von Maßnahmen flankiert werden, um den Fußgängern mehr Platz zu geben. Rund die Hälfte der dortigen Fahrten, so habe eine Untersuchung ergeben, sei ohnehin kürzer als einen Kilometer. Ansonsten soll auf Durchfahrtstraßen weiter Tempo 50 gelten.

Weniger Eingriffsmöglichkeiten für deutsche Kommunen

In Deutschland haben die Kommunen indes weniger Eingriffsmöglichkeiten. Die jeweiligen Straßenverkehrsbehörden können bestenfalls auf bestimmten Straßen- oder Straßenabschnitten sowie in einzelne Zonen die Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde beschränken - und das auch nur, wenn sie einen konkreten Grund vorweisen können.

Alles andere machen in den 1980ern von der seinerzeitigen schwarz-gelben Bundestagsmehrheit in Westdeutschland durchgesetzte Regelungen unmöglich. Maßgeblich ist unter anderem der Paragraph 45 der Straßenverkehrsordnung.

Das bekam kürzlich auch die Stadtverwaltung in Darmstadt zu spüren. Dessen Oberbürgermeister Jochen Partsch von den Grünen hatte beim Bundesverkehrsminister eine Sondergenehmigung für einen Tempo-30-Modellversuch in der ganzen Stadt beantragt, wie die Frankfurter Rundschau berichtet.

Doch im Dezember kam aus dem CSU geleiteten Berliner Ministerium ein Njet. Besonders bitter für die Darmstädter Grünen war dabei, dass ihr Koalitionspartner hinter den Kulissen in Berlin Stimmung gegen den Antrag gemacht hatte.

Wie jetzt bekannt wurde, hat der örtliche CDU-Vorsitzende bei Minister Andreas Scheuer interveniert, um Tempo 30 zu verhindern. Bei der Darmstädter Union hält man den Wunsch nach weniger Unfallopfern und Verkehrslärm für Ideologie.