30 Kampfjets für Ägyptens Autokratie

Archivaufnahme von 2015: Dassault Rafale C. Bild: USAFE AFAFRICA/CC BY 2.0

Der Milliarden-Deal: Ein großer Erfolg für die französische Rüstungsindustrie mit ein paar "Schönheitsfehlern"

Es ist ein großes Waffengeschäft, das Kairo heute offiziell bestätigte. Ägypten kauft 30 Rafale-Kampfjets von Frankreich, Preis: 3,75 Milliarden Euro. Dazu kommen laut der Investigativ-Webseite disclose.ngo noch zwei kleinere Verkaufsabschlüsse mit den französischen Rüstungsunternehmen MBDA, spezialisiert auf Lenkflugkörper (Missiles), und Safran Electronics & Defense im Wert von 200 Millionen Euro.

Finanziert über Kredite bei französischen Banken

Das ist insgesamt ein Waffengeschäftsvolumen von fast vier Milliarden Euro. Finanziert wird dies nach Informationen der genannten Webseite, der nach eigenen Angaben Dokumente mit offiziellen Stempeln vorliegen, mit einem Kredit, der zu 85 Prozent vom französischen Staat garantiert werde. Geldgeber sind französische Banken mit bekannten Namen: BNP Paribas SA, Credit Agricole und die Societe Generale.

Für die französische Regierung ist das Geschäft ein großer Erfolg. Die Rafale, die sich lange Zeit nicht gut verkauften, sind nun zu einem Exportschlager geworden. Le Monde listet auf: 36 Jets aus der Herstellung von Dassault Aviation wurden jeweils von Katar und Indien gekauft, 18 wurden im Januar nach Griechenland verkauft, darunter 12 gebrauchte. Aussichten auf weitere Verkäufe sind Ausschreibungen in der Schweiz, in Finnland und in Kroatien.

Gleichwohl gibt es ein paar Schönheitsfehler. Der Rafale-Kauf von Indien im Jahr 2016 wird von einer Korruptionsaffäre getrübt und im Fall des aktuellen Verkaufs an den Großkunden Ägypten (mittlerweile der viertgrößte Käufer französischer Waffen) werden Fragen danach laut, wie es denn mit der Moral stehe, mit den Menschenrechten.

Höchster Verdienstorden für den Autokraten

Ägypten hat unter Präsident Abd al-Fattah as-Sisi ein Problem mit den Menschenrechten, das auch der französischen Regierung schon aufgefallen ist. Es wurde Marcron mehrfach unter die Nase gerieben. Zuletzt gab es im vergangenen Dezember eine bizarre Situation. As-Sisi besuchte Frankreich, der Besuch wurde von Berichten über die Repression in Ägypten begleitet, die nach Ansicht mancher schlimmer ist als zu Zeiten Mubaraks.

"Frankreich rollt einem Diktator den roten Teppich aus" lautete eine Überschrift - und dann kam später ans Licht, dass Macron seinem Staatsgast in aller Heimlichkeit die ranghöchste Auszeichnung Frankreichs verliehen hatte: den Verdienstorden der Ehrenlegion.

"Macht nicht schwächen"

Damals löste Macron den Konflikt zwischen Menschenrechten und Waffenhandel so auf: Er erklärte, dass er den Verkauf von Waffen an Ägypten nicht von einer Verpflichtung zur Einhaltung der Menschenrechte abhängig machen wolle, weil er Kairos Fähigkeit, der Gewalt in der Region entgegenzuwirken, nicht schwächen wolle.

Deutsche Medien waren freundlich und schrieben von "ungewollten Partnern", die gemeinsame strategische Interessen haben, die sich gegen solche der Türkei in Libyen und im Mittelmeer richten. Man würde sich aber über Menschenrechte streiten.

Andauernder Ausnahmezustand

Dieser Streit wird allerdings nur halbherzig geführt, es zählt das Geschäft, wie der Abschluss des Deals zeigt. Ägyptens Menschenrechtsbilanz sieht noch immer erbärmlich aus, wie Veröffentlichungen der jüngsten Zeit zeigen: Die Zahl der registrierten Hinrichtungen in Ägypten hat sich im Jahr 2020 verdreifacht (Amnesty), die Verfahren, die zu Hinrichtungen während des diesjährigen Ramadan führten, seien unfair gewesen (Amnesty), das Gefängnissystem in Ägypten sei in den letzten Jahren "massiv ausgebaut" worden, ohne dass sich an der miserablen Unterbringung der Insassen etwas verbessert habe (Arabisches Netzwerk für Informationen zu Menschenrechten, ANHRI).

Unter as-Sisis Herrschaft seien "Tausende von Menschenrechtsverteidigern, Journalisten und politischen Aktivisten in Ägypten verhaftet, gezwungen worden, unterzutauchen oder ins Exil zu gehen, verschwunden, gefoltert und sogar getötet worden" (Human Rights Watch).

Der Ausnahmezustand, der Verhaftungen der Ordnungsmächte vereinfacht und ebenso das Verbot von Versammlungen, wurde kürzlich wegen der Pandemie noch einmal verlängert. Corona trifft Ägypten hart, Gründe zur stetigen Verlängerung des Ausnahmezustandes fanden sich aber auch schon in den letzten vier Jahren. So lange dauert er schon.

Neoliberalismus, der schon einmal schiefging

Wirtschaftlich geht es Ägypten nicht gut, die ärmeren Schichten fürchten sich vor Reformen zur Wiederbelebung der Wirtschaft nach der Corona-Krise, berichtet Middle East Eye. Das muss man nicht unbedingt als objektive Wahrheit nehmen, da die Publikation eine gewisse Nähe zu Katar hat, wo man anders über die Muslimbrüder denkt als in Ägypten und sich deswegen nicht besonders nahesteht.

Doch stellen sich Fragen, ob der Kredit für die milliardenteuren Flugzeuge im Interesse der Bevölkerung ist - zumal das neoliberale Wirtschaften unter Mubarak, das zur Verarmung der Bevölkerung beitrug, einer der Gründe für den Aufstand gegen ihn zu Beginn des Jahres 2011 war. Und nun trägt Frankreich weiter dazu bei, dass die Repression in Ägypten neuerlich gefestigt wird. Die Armee ist in Ägypten eine große Wirtschaftskraft.

Anderer Autokrat, andere Regeln

Das hat gerade im Fall Frankreich eine besondere Note, weil man sich dort dem normativen Projekt der universalen Menschenrechte ja aus historischen Gründen besonders verpflichtet fühlt und dies etwa im Fall des syrischen Polizei- und Militärstaats unter dem Autokraten Baschar al-Assad regelmäßig zur Anklage brachte und damit letztlich auch militärische Einsätze begründete.