Mit Atomkraft und Erdgas in eine grüne Zukunft?

Nachhaltig radioaktiv: Reaktor in Tschernobyl nach der Explosion 1986. Bild: atomicallyspeaking, CC BY-NC-ND 2.0

EU-Kommission hält Nuklearenergie und Gaskraftwerke für nachhaltig und will sie entsprechend bevorzugen

Die EU-Kommission ist damit befasst, Richtlinien für künftige Investitionen im Energiebereich auszuarbeiten. Dabei geht es auch um die sogenannte Taxonomie, die der Finanzwelt als Richtschnur dienen soll. Nachhaltig solle es künftig zugehen, da sind sich die 26 Mitgliedsstaaten einig.

Eigentlich logisch, denn Kraftwerke, Pipelines und ähnliche Einrichtungen haben eine Lebenszeit von etlichen Jahrzehnten. Viele deutsche Kraftwerke laufen zum Beispiel bereits seit den 1980er-Jahren, einige gar seit den 1970ern. Da sollte man schon genauer hinschauen, welche Technologie auch zum Beispiel 2040 noch Bestand haben kann.

Doch was gilt als nachhaltig? Der derzeitige Entwurf der Kommission sieht vor, dass Erdgas und Atomkraft praktisch ein grünes Label bekommen sollen. Dagegen laufen Umweltgruppen Sturm.

Schließlich haben die Havarien im ukrainisch-sowjetischen Tschernobyl 1986 und im japanischen Fukushima 2011 eindringlich gezeigt, dass auch Atomkraftwerke auf Dauer nicht unfallfrei betrieben werden können und dass die Schäden für Mensch, Natur und Volkswirtschaft gewaltig sind, wenn ein seltener, aber ganz offensichtlich nicht auszuschließender GAU, also größter anzunehmender Unfall passiert.

Und Erdgas ist nicht nur ein fossiler Brennstoff wie Kohle oder Diesel, bei dessen Verbrennung das Treibhausgas CO₂ freigesetzt wird. Sein Hauptbestandteil Methan ist ebenfalls ein Treibhausgas, und zwar ein sehr potentes. Bei Förderung und Transport kann es entweichen und trägt dann zusätzlich zur sich verschärfenden Klimakrise bei.

Genau das kritisieren 127 Organisationen aus der ganzen EU und darüber hinaus, zum Beispiel auch aus Taiwan und dem aus dem pazifischen Inselstaat Tuvalu, in einem offenen Brief an Vizekanzler rund Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der demnächst vermutlich zum neuen Bundeskanzler gewählt wird.

Dem Vernehmen nach hat Deutschland auf einer kürzlichen EU-Ratssitzung darauf verzichtet, ein Veto gegen die Pläne der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einzulegen. Im offenen Brief wird Scholz aufgefordert, diese Position zu revidieren und bei der Kommission zu intervenieren.

Derweil bereitet die Regierung in Wien bereits eine Klage vor, sollte die EU-Kommission sich schließlich durchsetzen. In Österreich verhinderte 1978 ein Volksentscheid kurz vor der Fertigstellung die Inbetriebnahme des einzigen je in dem Alpenland errichteten Atomkraftwerks.