Portugal zieht weichen Lockdown vor und verschärft Maßnahmen

Eigentlich war erst nach Silvester eine "Woche zur Eindämmung der Ansteckung" geplant, die wegen Omikron vorgezogen und ausgeweitet wird

Es war ein Drahtseilakt, den der sozialistische Regierungschef Antonío Costa mit einem weichen Lockdown vorhatte, in den er Portugal, wie hier berichtet, erst nach Weihnachten und Silvester schicken wollte). Da das portugiesische Gesundheitsministerium nun aber davon ausgeht, dass schon jetzt die stark ansteckende Omikron-Variante für 20 Prozent der Corona-Fälle in Portugal verantwortlich ist, zieht die Regierung in Lissabon die Notbremse.

Gesundheitsministerin Marta Temido geht davon aus, dass Omikron schon nach Weihnachten für 50 und nach Silvester sogar für 80 Prozent der Neuinfektionen verantwortlich sein werde. Deshalb wird die "Woche zur Eindämmung der Ansteckung", die eigentlich erst ab dem 2. Januar kommen sollte, jetzt auf den 25. Dezember vorgezogen.

Auf der Pressekonferenz zum Abschluss der gestrigen außerordentlichen Kabinettssitzung gab Costa neue Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und eine Reihe von Empfehlungen für die Weihnachtszeit bekannt, die zusätzlich zu den bereits festgelegten Maßnahmen gelten werden.

Ich appelliere an die Familien zu versuchen, das Weihnachtsfest nicht mit vielen Menschen und in großen Familienverbänden zu feiern.

Antonío Costa

Da man es erneut nicht mit einem "normalen neuen Weihnachten" zu tun habe, appellierte der Ministerpräsident, sich bei den Feiern "so weit wie möglich auf die Kernfamilie" zu beschränken.

Die Regierung setzt massiv auf Tests. Gegen die Brüsseler Vorgabe wurde auch die 2G-Regel längst beerdigt. Deshalb müssen auch alle ins Land einreisende Touristen, egal auf welchem Weg sie kommen, seit dem 1. Dezember einen gültigen negativen Test vorweisen. Der "Covid-Pass", auf den die EU weiter sinnbefreit setzt, nützt Geimpften oder Genesenen in Portugal nichts.

Zur Eindämmung der Pandemie wird beim Impf-Europameister neben Impfungen und Boostern auf Massentests gesetzt. "Deshalb werden wir die Zahl der kostenlosen Tests pro Person und Monat von vier auf sechs erhöhen", erklärte Costa. Die Tests können bei mehr als 1.000 Apotheken durchgeführt werden, die einen professionellen Umgang nachgewiesen haben. Dazu kommen fast 500 Labors.

Als neue Maßnahme wurde unter anderem auch beschlossen, dass sich in der Silvesternacht nicht mehr als zehn Personen auf öffentlichen Straßen zusammenfinden dürfen. Der Konsum von Alkohol auf Straßen und Plätzen ist verboten. Diskotheken und Bars mit Tanzmöglichkeit werden nun schon ab Samstag geschlossen. Die betroffenen Einrichtungen werden finanziell unterstützt und die Antragstellung wird vereinfacht.

Die schon zuvor ab dem 2. Januar geplante Homeoffice-Verpflichtung wurde ebenfalls auf den 25. Dezember vorgezogen. Wer ab diesem Tag an Sport- und Kulturveranstaltungen teilnehmen will, dem oder der nützt ebenfalls kein Covid-Zertifikat mehr etwas. Alle müssen einen negativen Test vorweisen, was deutlich sinnvoller ist und ungeimpfte Menschen nicht diskriminiert - die es aber in Portugal kaum noch gibt. Neu ist, dass dies jetzt für alle Veranstaltungen gilt und die Testpflicht nicht mehr an Besucherzahlen gebunden ist.

"Wir haben auch den obligatorischen Negativtest für den Zugang zu allen kulturellen Veranstaltungen eingeführt und den obligatorischen Test auf den Zugang zu allen Sportstätten ausgeweitet", erklärte Costa.

Schon ab dem 25. werden auch Kindertagesstätten und andere soziale Einrichtungen geschlossen bleiben. Der Zugang zu Geschäften wird eng begrenzt, nur noch ein Kunde pro fünf Quadratmeter darf eingelassen werden, um ein Gedränge zu vermeiden. Es wird aber nicht erneut ein harter Lockdown ab dem 25. Dezember. Es wird sogar Silvesterfeiern geben, auch Restaurantbesuche sind in den Weihnachtstagen möglich, doch ist stets ein negativer Test obligatorisch, sagte der Ministerpräsident.

Zu verdanken hat man das den Impfungen. Zwar ist die Inzidenz mit 329 wieder vergleichsweise hoch und sie steigt. Anders als vor einem Jahr ist das Gesundheitssystem aber nicht überlastet. Gestern wurden 16 Tote im Zusammenhang mit einer Covid-Infektion registriert.

Die Zahl derer, die wegen Covid in Krankenhäuser eingeliefert wurden, ist sogar wieder gesunken, seit ab dem 1. Dezember neue Maßnahmen gelten. Es sind nun gut 900. Vor einem Jahr lag die Zahl weit über 3.000.

Derzeit kämpfen 153 Menschen auf Intensivstationen um ihr Leben, vor einem Jahr waren es mehr als dreimal so viele. In Portugal sind inzwischen 90 Prozent der Bevölkerung geimpft, beim Boostern fällt das Land aber zurück. Mit 23 Prozent liegt Portugal in der Europäischen Union dabei nur an 14. Stelle.