Menschenrechtsarbeit in Palästina bedroht

Auch recht rigide: israelische Grenzanlage. Bild: MissyKel, CC BY-NC-ND 2.0

Israel verhaftet Menschenrechtsverteidiger und kriminalisiert Menschenrechtsorganisationen. Selbst im Land bleibt das nicht ohne Widerspruch

Am 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, wurde der palästinensische Menschenrechtsverteidiger Daoud al Ghoul in seinem Haus in Ostjerusalem von israelischen Sicherheitskräften festgenommen.

"Diese Verhaftung ist zweifellos Teil einer Strategie zur Untergrabung der palästinensischen Zivilgesellschaft und ihrer Fähigkeit, die Menschenrechte zu verteidigen und die israelische Regierung für Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen", heißt in einer Erklärung der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V., der Palästina Solidarität Österreich und anderer Nichtregierungsorganisationen.

Die Unterzeichner forderten die deutsche und österreichische Regierung, die Europäische Union und die Vereinten Nationen auf, zu intervenieren und Israel aufzufordern, Daoud al Ghoul sowie alle politischen Gefangenen "unverzüglich freizulassen".

Israel kriminalisiert palästinensische Menschenrechtsorganisationen

Daoud al Ghouls Verhaftung erfolgte kurz nachdem der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz am 22. Oktober sechs international angesehene palästinensische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in den besetzten palästinensischen Gebieten zu "Terrororganisationen" erklärt hat.

Es handelt sich dabei um die Menschenrechtsorganisationen Addameer und Al-Haq, die Kinderschutzorganisation Defence of Children Palestine (DCI Palästina), die Landarbeiterunion UAWC, der Frauenverband UPWC und das entwicklungspolitische Forschungszentrum Bisan. Al-Haq ist führend bei der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen, egal ob von israelischer oder von palästinensischer Seite.

Al-Haq, Addameer und Defense for Children International Palestine arbeiten eng mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammen und haben Beweise für Kriegsverbrechen eingereicht.

Israels Anti-Terror-Gesetz von 2016

Israels Anti-Terror-Gesetz von 2016 ermächtigt den Verteidigungsminister, eine Gruppe zu einer "terroristischen Organisation" zu erklären, ohne den betroffenen Parteien das Recht auf eine Anhörung oder eine Überprüfung der Entscheidung einzuräumen. Die israelischen Behörden müssen ihre Entscheidung dabei nicht begründen.

Eine solche Ermächtigung widerspricht internationalen Standards und stellt eine erhebliche Verletzung der Rechte der Palästinenser:innen dar. Durch die Erklärung zu "Terrororganisationen" werden sämtliche Aktivitäten der betroffenen NGOs verboten.

Anschließend können die israelischen Behörden, Büros der NGOs schließen, ihr Vermögen beschlagnahmen und ihre Mitarbeiter:innen ins Gefängnis zu bringen. Jede Person, die eine solche Organisation in irgendeiner Weise unterstützt, etwa ihre Berichte verwendet, sie positiv erwähnt oder Geld spendet, wird kriminalisiert und kann mit drei Jahren Gefängnis bestraft werden.

Das gilt auch für Mitarbeiter:innen von ausländischen NGOs und ausländische Beamt:innen und stellt für diese eine Herausforderung dar. "Es sorgt für sehr viel Unsicherheit und wirft ernste Fragen auf, wie wir hier weiterarbeiten können", so ein in Ramallah tätiger Mitarbeiter einer ausländischen NGO, der anonym bleiben möchte.

Die Einstufung als "Terrorgruppe" kommt somit einer Todeserklärung für die betroffenen NGOs gleich. Ilhan Omar, die zusammen mit zwei anderen US-Kongressabgeordneten die Ächtung der NGOs scharf kritisiert, schreibt dazu: "Wirksame NGOs als "Terroristen" zu bezeichnen, ist eine lehrbuchmäßige Methode, um sich der Rechenschaftspflicht für Menschenrechtsverletzungen zu entziehen - und ein Affront für alle, denen der Frieden am Herzen liegt. Die USA und die internationale Gemeinschaft müssen sofortige Konsequenzen für dieses dreiste Vorgehen ziehen."