Aufwind für griechische Faschisten durch Wahl in Italien

Gut gelaunte Neonazis im Berufungsprozess gegen die "Goldene Morgenröte": Deren Nachfolgepartei hat Chancen, ins Parlament einzuziehen. Neben der italienischen Wahlsiegerin Giorgia Meloni werden auch die "Schwedendemokraten" gefeiert.

Mitten in einem Gerichtssaal des Athener Berufungsgerichts hob am Donnerstag der Anwalt Konstantinos Plevris die rechte Hand zum Hitlergruß. Er war nicht der Einzige.

Hitlergrüße gab es auch aus den Reihen der Unterstützer von Plevris Klienten. Die Angeklagten im Berufungsprozess gegen die "Goldene Morgenröte" machten aus ihrer Nazi-Ideologie keinen Hehl. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verurteilten hatten Rechtsmittel gegen ein Urteil vom 7. Oktober 2020, eingelegt, mit dem ihre Partei als kriminelle Organisation eingestuft worden war und die Führungskader Haftstrafen erhalten hatten.

Umfragen zeigen gestärkten rechten Rand

Aus aktuellem Anlass frohlockten sie nun im Saal, dass der Wahlsieg Giorgia Melonis in Italien und der Triumph der ultrarechten "Schwedendemokraten" nur der Anfang gewesen seien. Die rechtsextreme Szene Griechenlands fühlt sich im Aufwind. Dass die kriselnde Regierungspartei Nea Dimokratia eher an die rechte als an die linke Seite Wähler verliert, zeigen aktuelle Umfragen.

Der Abstand der Partei von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis zur größten Oppositionspartei Syriza unter Alexis Tsipras bleibt trotz der jüngsten Skandale konstant in der Größenordnung von mehr als acht Prozent; beim Umfrageergebnis bis zu zehn Prozent bei der Gewichtung der Umfrageergebnisse.

In der jüngsten Umfrage von Metron Analysis für den Fernsehsender Mega kommt die Nea Dimokratia auf 29 Prozent. Syriza erhält in der Umfrage 20,6 Prozent, die sozialdemokratische Pasok erhält 12,2 Prozent. Es folgt die Kommunistische Partei mit 5,1 Prozent. Die rechtspopulistische, russlandfreundliche "Griechische Lösung" sieht die Umfrage bei 4,8 Prozent. Die Partei des linken Ex-Finanzministers Yanis Varoufakis, MeRa25 liegt demnach bei 3,4 Prozent.

Sperrklausel bei drei Prozent

Die Sperrklausel für den Einzug ins Parlament liegt bei drei Prozent. Die beiden nächsten Parteien in der Umfrage sind eindeutig dem rechtsextremen bis neonationalsozialistischen Lager zuzuordnen.

Die "Nationale Schöpfung" unter Thanos Tzimeros und Failos Kranidiotis vertritt einen Wirtschaftskurs im Sinn der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher gepaart mit unverhohlenem Rassismus, Islamophobie und antisemitischen Untertönen. Tzimeros wurde in Deutschland vor allem wegen der Bild und seines Briefes an die damalige Bundeskanzlerin Merkel bekannt.

Für ihn ist der griechische Staat eine Mafia und er stuft den kommunistischen Widerstand der Partisanen im Zweiten Weltkrieg gegen die deutsche Besatzungsmacht als Kriegsverbrechen ein. Sein Partner in der Parteiführung, Failos Kranidiotis, war einst Berater des Premiers der Nea Dimokratia Antonis Samaras, wurde aber wegen rechtsextremistische Rhetorik aus der Partei ausgeschlossen.

Beide, Tzimeros und Kranidiotis machten aus ihrer Freude über Melonis Wahlsieg keinen Hehl. Die "Nationale Schöpfung" landet in der aktuellen Umfrage nur noch bei einem Prozent. Sie wurde von den "Griechen für das Vaterland" des inhaftierten früheren Führungskaders und Sprechers der "Goldenen Morgenröte", Ilias Kasidiaris überholt. Kasidiaris Partei kommt in der Umfrage auf 2,1 Prozent.

Mit der algorithmischen Auswertung der Umfrageergebnisse prognostiziert Metron Analysis folgende Prozentzahlen für die Parteien (zum Vergleich die Wahlergebnisse bei den Parlamentswahlen 2019):

Prognose von Metron Analysis
Parlamentswahlen 2019
Nea Dimokratia 35,8 Prozent  39,85 Prozent
Syriza 25,4 Prozent  31,53 Prozent
Pasok 15,0 Prozent  8,10 Prozent
KKE 6,3 Prozent  5,30 Prozent
Griechische Lösung 5,9 Prozent  3,70 Prozent
MeRa25 4,1 Prozent  3,44 Prozent
Nationale Schöpfung 1,3 Prozent
Griechen für das Vaterland 2,5 Prozent

Nicht in der Umfrage erfasst ist eine neue Partei von Constantinos Bogdanos, Patrida. Bogdanos wurde im Oktober 2021 aus der Nea Dimokratia wegen seiner rechtsextremen Rhetorik ausgeschlossen. Er hatte sich zunächst Tzimeros und Kranidiotis angeschlossen, bis er im August auch von der "Schöpfung" verstoßen wurde.

Kasidiaris nutzt den Prozess für den Wahlkampf

Politische Analytiker sehen in den 2,5 Prozent für die Neonazi-Partei von Kasidiaris erheblich mehr Potenzial. Sie gehen, auch aufgrund von früheren Erfahrungen mit der "Goldenen Morgenröte", davon aus, dass potenzielle Wähler bei Umfragen dazu neigen, ihre Präferenz für die Neonazis zu verschweigen.

Kasidiaris, dessen Kontakt zur Außenwelt aufgrund von extremistischen Äußerungen aus der Haftanstalt vor einem Jahr erheblich eingeschränkt wurde, nutzt den Berufungsprozess für seinen Wahlkampf. Er lässt sich im Gerichtssaal lächelnd mit Werbeblättern seiner Partei ablichten.

Trotz der Einschränkungen der Kommunikation gelingt es Kasidiaris immer wieder, seine Ansichten zu tagesaktuellen Nachrichten aus der Haft an die Öffentlichkeit zu bringen. Die Provokationen mit den Hitlergrüßen im Gerichtssaal sorgen in diesem Zusammenhang bei der Zielgruppe der Rechtsextremen für mehr Aufmerksamkeit.

Der Hitlergruß ist in Griechenland verpönt, aber nicht wie in Deutschland strafrechtlich sanktioniert. Der Anwalt und bekennende Nazi Konstantinos Plevris, Vater des amtierenden Gesundheitsministers Thanos Plevris, muss sich bei der Anwaltskammer einem disziplinarrechtlichen Verfahren stellen, Strafverfolgung muss er nicht fürchten.

Derweil liebäugelte die Nea Dimokratia kurzzeitig offen über die Möglichkeit einer Koalition mit der "Griechischen Lösung", der Partei von Kyriakos Velopoulos. Velopoulos, beide Plevris, Innenminister Makis Voridis und Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis waren einst alle gemeinsam in einer mittlerweile bedeutungslosen rechtsextremen Partei, Laos.

Für Laos saßen die aktuellen Minister und der jetzige Parteichef Velopoulos bis 2012 gemeinsam im Parlament. Georgiadis, früher Pressesprecher von Laos, hielt damals mit seiner Bewunderung für Wladimir Putin nicht hinter dem Berg.