Kreml: Krim-Brücke bei Sprengstoffanschlag "beschädigt", nicht "zerstört"

Die Krim-Brücke hat großen Symbolwert. Foto: Росавтодор / CC-BY-4.0

Ein wohl mit TNT beladener LKW ist auf der Brücke zwischen der Krim und der Region Krasnodar explodiert. Drei Menschen starben. Mutmaßlicher Urheber ist der ukrainische Geheimdienst SBU.

Durch einen Sprengstoffanschlag wurde heute um 6 Uhr Ortszeit eine Fahrbahn der Krim-Brücke zerstört, die parallele Bahnstrecke wurde auf über einem Kilometer schwer beschädigt. Ein brennender Zug mit Tankwagen hat die Strecke zudem blockiert und Feuer gefangen. Durch Aufnahmen von Überwachungskameras, die unter anderem der exilrussische TV-Sender Doschd veröffentlicht hat, ist der direkte Ablauf des Anschlags weitgehend klar.

Gemäß der zuständigen Untersuchungskommission in Russland gab es beim Anschlag drei Tote. Sie saßen in einem Auto, das den LKW während der Explosion gerade überholte. Der Truck gehörte laut der Kommission einem Eigentümer in der russischen Krasnodar-Region. Die russische Rossiskaja Gaseta spricht von einem Sprengsatz von mindestens mehreren hundert Kilogramm TNT.

Urheber soll der ukrainische Geheimdienst sein

Eine Mitursache des Anschlags ist vermutlich Fahrlässigkeit oder Bestechung. Weitere existente Videoaufnahme belegen die nur oberflächliche Durchführung einer Kontrolle des LKWs an der Brückenauffahrt durch Wachpersonal. Auch ein Sprengstoff-Spürsystem, das laut russischen Pressemeldungen an der Brücke existieren soll, hat versagt. Laut der exilrussischen Onlinezeitung Meduza wurde die Wachmannschaft, die zum Zeitpunkt des Anschlags Dienst hatte, inzwischen verhaftet.

Russlands Präsident Wladimir Putin kündigte persönlich die Einrichtung einer Untersuchungskommission zu dem Anschlag an. Der Kreml gab an innerrussische Medien die Parole aus, von einer "Beschädigung", nicht von einer "Zerstörung" der Brücke zu berichten.

Einen mutmaßlichen Urheber gibt es bereits. Die Ukrainskaja Pravda aus Kiew bezeichnete die Tat als Aktion des eigenen Geheimdienstes SBU. Bereits zuvor waren in Kiew Meldungen aus Quellen rund um ukrainischen Sicherheitsbehörden aufgetaucht, die die Explosion etwa als "Geburtstagsgeschenk an Putin" bezeichnet hatten.

Mit einem öffentlichen Bekenntnis zu dem Anschlag ist nicht unbedingt zu rechnen, da sich Kiew auch bei früheren Kriegshandlungen hier bedeckt hielt. Momentan liegen trotz Nachfragen keine offiziell-ukrainischen Stellungnahmen vor, auch kein Dementi. Russische Sicherheitsexperten wie Wassili Kaschin gegenüber Telepolis, bezeichneten schon länger Sabotageakte des SBU als Gefahr für die russische Infrastruktur.

Auch im Bezug auf den kürzlichen Mord an Daria Dugina, Tochter des rechtsextremen, regierungsnahen russischen Ideologen Alexander Dugin, sehen US-Geheindienstkreise den SBU als Täter, während die russischen Behörden lange im Dunkeln tappten. Auch Regierungsvertreter auf der Krim gehen von einer ukrainischen Täterschaft aus.

Die Brücke besitzt großen Symbolwert

Die ukrainische Regierung hat die Krim-Brücke bereits mehrfach als "legitimes Ziel" für militärische Aktionen bezeichnet, da über das Bauwerk auch Nachschublieferung für die russischen Invasionstruppen in der Ukraine laufen. Als verbindendes Element zwischen dem russischen Mutterland und der Krim besitzt die Brücke zusätzlich eine große Symbolkraft.

Sie wurde nicht zuletzt deswegen 2018 von Putin persönlich eingeweiht. Der einzige Landweg von der Krim führt ansonsten durch von Russland militärisch besetztes ukrainisches Kriegsgebiet, das Teil der kürzlichen, umstrittenen Annexion durch Russland war. Die Durchreise von Zivilisten ist dort nur schwer möglich.

Die russischen Behörden kündigten bereits eine Reparatur der Brücke an, die wegen der großen Schäden wohl nicht kurzfristig realisierbar ist. Der Bahn- und Autoverkehr auf der Brücke ist auf unbestimmte Zeit unterbrochen, Bahntickets auf die Krim werden in Russland nicht mehr verkauft.

Die Fähre, zuvor die Verbindung durch die Straße von Kertsch, wo sich die Brücke befindet, wird morgen wieder in Betrieb genommen. Auf der Krim sind laut russischen Medien noch 50.000 Touristen, die ihre Heimreise über das Bauwerk antreten müssen. Mit einer harten russischen Reaktion auf diesen symbolträchtigen Anschlag ist zu rechnen.