Die Illusion von einer De-Globalisierung der Halbleiterproduktion zerbröselt

Politik und Öffentlichkeit fordern lautstark eine Rückverlagerung aller Stufen der Halbleiterproduktion in die EU. Es gab sie in Europa bislang gar nicht und das ist auch weder machbar noch sinnvoll.

Im Zusammenhang mit dem Wunsch, den Handel mit China zu reduzieren, wird von der Politik hierzulande immer wieder die Idee geäußert, die Halbleiterproduktion müsse wieder nach Europa verlagert werden.

Grundsätzlich wird dabei außer Acht gelassen, dass es sich dabei um einen mehrstufigen Prozess handelt und dass jeder Halbleiterbaustein während seiner Fertigung etwa zweieinhalbmal um die Erde fliegt. Praktisch kein Land verfügt heute bei allen Chip-Arten über alle Stufen der Halbleiterproduktion.

Weil es gerade aktuell ist, lohnt sich in diesem Zusammenhang ein Blick auf die Produktion von Elmos in Dortmund, deren Verkauf an Silex, die schwedische Tochter eines chinesischen Sia-konzerns, durch das Bundeswirtschaftsministerium gerade untersagt wurde. In Dortmund befindet sich nur noch das Design und die Belichtung der Wafer.

Das Packaging wurde schon vor vielen Jahren erst in die Elmos Advanced Packaging B.V. in Nijmegen/Niederlande ausgelagert. Mit Packaging bezeichnet man die Prozessschritte, bei denen der nackte Chip mit einem Trägermaterial verbunden wird, also zum Beispiel die Einbringung in ein Gehäuse (Package) und elektrische Kontaktierung. Diese erfolgt zu 90 Prozent durch sogenanntes Wire Bonden, mit dem die elektrischen Anschlüsse zu Außenkontakten durchgeführt werden, die die Verlötung auf der Platine ermöglichen.

Das Packaging der Großserien von Elmos wurden dann nach Asien verlagert und die auf Spezialgehäuse konzentrierte niederländische Tochter an Nimbus Hands-On Investors abgegeben.

Elmos plant die Fertigung in Dortmund nur noch für wenige Jahre und kann sie inzwischen nicht mehr auslasten. Die aktuellen Elmos-Chips werden von der Samsung Foundry in Südkorea gefertigt. Gleichzeitig mit der Untersagung des Elmos-Fab-Verkaufs erfolgte das Verbot des Verkaufs der in der Halbleiteranlagenindustrie tätigen ERS electronic GmbH in Germering.

Einhellig wurde demnach der Verkauf von ERS Electronic als eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Deutschland eingestuft.

Der Spiegel

Ob man mit der Untersagung des Verkaufs eine Verlagerung des Know-how nach Mainland China verhindern kann, ist fraglich, denn man ist im Reich der Mitte schon vertreten, hat zahlreiche Maschinen installiert und hat mit Joshua Zhou einen Vice President in Shanghai.

Die Arbeitsschritte bei der Halbleiterproduktion

Für die Fertigung eines Chips oder Mikrochips angefangen beim Wafer bis zum fertigen einbaufähigen Produkt werden deutlich mehr Fertigungsschritte benötigt, als dies allgemein bekannt ist. Aufgrund der geringen Baugröße lassen sich die Teile leicht transportieren und die einzelnen Fertigungsschritte müssen nicht in einem einzigen Werk, ja nicht einmal in einem Land durchgeführt werden.

Laut Infineon stecken hinter einem Chip 1.000 Arbeitsschritte. Man unterscheidet bei der Chipfertigung grundsätzlich zwischen Front-End und Back-End. Im sogenannten Front-End of Line beginnt die Fertigung mit dem unbelichteten Wafer und endet mit den vollständig aufgebauten Transistoren.

Als Middle of Line bezeichnet man die Schnittstelle zwischen Front-End of Line und Back-End of Line. Hier werden Stresslayer aufgebracht, sowie die Isolierung der Transistoren zur ersten Verdrahtungsebene. Mit Back-End of Line werden die Schritte zur Metallisierung zur vollständigen Verdrahtung der Schaltkreise sowie die Passivierung bezeichnet. Abschließend erfolgt die Kontaktierung der fertigen Chips und die Chipvereinzelung sowie das Packaging.

Das Packaging von Halbleitern wurde aus Kostengründen nach Fernost verlagert

Da das Packaging mit einem hohen nicht durchgehend automatisierbaren Aufwand verbunden ist, erfolgt dieser Arbeitsschritt zumeist in Ländern mit vergleichbar niedrigen Lohnkosten. Dies ist etwa die Volksrepublik China, aber auch Länder in Südostasien.

So hatte Sony für das Packaging seiner Sensor-Chips eine Tochterfirma, die 2011 im damaligen Hochwasser entlang des Flusses Chao Praya überflutet wurde. Inzwischen wurde das Werk mit seinen Reinräumen wieder komplett neu aufgebaut, weil dieser Arbeitsschritt in Thailand deutlich kostengünstiger ist als in Japan, wo die Wafer belichtet werden.

Eine Verlagerung des Packaging nach Europa ist abgesehen von der Prototypen- oder Kleinserien-Fertigung nicht zu erwarten. Eher steht der Aufbau einer Packaging-Fertigung in den USA an, wo dann mehrlagige Halbleiter produziert werden sollen.