Energiekrise kostet Europa eine Billion Euro – und das ist erst der Anfang

Laut Ökonomen ist es die schwerste Krise seit Jahrzehnten, und sie könnte noch Jahre andauern. Steigende Gaspreise sind im kommenden Jahr wahrscheinlich. Das sind die Gründe.

Die Energiepreise sind in Europa hoch – und werden in den nächsten Jahren auch auf einem hohen Niveau bleiben. Der Krieg in der Ukraine dauert noch nicht einmal ein Jahr und die Kosten für die EU-Länder summieren sich bereits auf rund eine Billion US-Dollar.

Die Summe von einer Billion US-Dollar hat die Nachrichtenagentur Bloomberg auf der Grundlage von Marktdaten errechnet und stellt eine grobe Schätzung der höheren Energiekosten für Verbraucher und Unternehmen dar, die zum Teil mit staatlichen Hilfspaketen ausgeglichen wurden.

Es sei die schwerste Krise für Europa seit Jahrzehnten, heißt es bei der Bloomberg – und sie stehe erst am Anfang. Wenn der Winter vorüber ist, müssen die Gasspeicher wieder aufgefüllt werden. Doch aus Russland kommt kaum noch Erdgas in Europa an und das weltweite Angebot wächst nicht in dem erforderlichen Maße.

Die Lage dürfte sich erst wieder entspannen, wenn zusätzliche Produktionskapazitäten, etwa in den USA und Katar, verfügbar sind. Vor 2026 wird der Markt angespannt bleiben, heißt es in dem Bericht. Der Wettbewerb um Tanker mit Flüssigerdgas (LNG) wird sich verschärfen. Auch zusätzliche LNG-Terminals werden bis dahin die Situation nicht wesentlich verbessern.

Die Folgen der Energiekrise bekommen die Bürger der EU-Länder bislang nur zu einem Teil zu spüren. Die wirtschaftswissenschaftliche Denkfabrik Bruegel geht davon aus, dass die Regierungen der EU-Länder die Folgen der Energiekrise mit mehr als 700 Milliarden US-Dollar abgefedert haben.

Dieser Zustand könnte demnach noch Jahre andauern, und aufgrund von Rezession und Inflation könnten die notwendigen Rettungspakete immer weniger erschwinglich werden.

Die EU-Länder finanzieren die Hilfspakete zum Großteil über Schulden. Deutschland etwa nimmt im kommenden Jahr ein Rekordvolumen an Schulden auf. Die Deutsche Finanzagentur teilte vergangene Woche mit, dass sie einen Umfang von 539 Milliarden Euro haben werden.

Der bisherige Schuldenrekord wurde im Jahr 2021 erreicht, als die Bundesregierung großzügig Geld ausgab, um die Folgen der Coronapandemie abzufedern. Damals plante die Bundesregierung, Schulden in Höhe von 471 Milliarden Euro aufzunehmen. Im Jahr 2022 sanken die Neuschulden auf 403 Milliarden Euro.

Immer neue Schulden aufzunehmen, scheint auf Dauer kein tragfähiges Konzept zu sein. Etwa die Hälfte der EU-Staaten hat mit ihren Schulden die Grenzmarke der EU überschritten: 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Um die Versorgung zu sichern, wurden die Verbraucher in Europa aufgerufen, den Verbrauch zu senken. Tatsächlich sank die Nachfrage um 50 Milliarden Kubikmeter – allerdings zu dem Preis, dass auch ein Teil der Industrieproduktion stillgelegt wurde.

Im kommenden Jahr droht dennoch eine Mangellage. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur könnten rund 27 Milliarden Kubikmeter Erdgas fehlen, heißt es bei Bloomberg. Dieses Szenario setzt allerdings voraus, dass die Importe aus Russland auf null sinken und die Wirtschaft in China wieder an Fahrt gewinnt.

Letzteres könnte tatsächlich eintreten: Chinesische Ökonomen gehen davon aus, dass Peking im kommenden Jahr knapp sieben Prozent mehr Erdgas importieren wird als in diesem Jahr. Außerdem hätten staatliche Unternehmen damit begonnen, LNG-Lieferungen für das nächste Jahr zu sichern, heißt es bei Bloomberg weiter.

Auch die Ambitionen Japans könnten den Markt weiter unter Druck setzen: Das Land war in diesem Jahr der weltweit größte LNG-Importeur. Und die Regierung in Tokio erwägt, eine strategische Reserve einzurichten.

In der Tendenz könnten im kommenden Jahr die Gaspreise wieder steigen. Im Durchschnitt lagen die Preise – laut Bloomberg – in diesem Jahr bei etwa 135 Euro pro Megawattstunde. Sollten sie auf 210 Euro steigen, könnte sich die leichte Rezession in einen tiefen Abschwung verwandeln – und die Regierungen könnten gezwungen sein, die Entlastungspakete zu kürzen.

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