Umgang mit der Natur: Videospiele und Dokus machen ihn nicht besser

Bild: Antoine Bel unter CC-BY-4.0

Der Mensch entfremdet sich immer weiter von der Natur. Ihm fehlt zunehmend der Kontakt zu ihr, was schädliche Verhaltensweisen fördert. Warum ein Spaziergang im Wald vieles verändern könnte.

Der – zivilisierte – Mensch neigt zu einem Verhalten, dass nicht gerade umweltbewusst zu sein scheint. Dinge werden achtlos weggeworfen, ein Spaziergang durch Wälder und Parks lässt jeden Zweifel daran verschwinden.

Man muss sich gar nicht auf die gewaltigen Müllstrudel in den Weltmeeren berufen – jeder weggeworfene Zigarettenstummel und jede Plastikverpackung legt darüber Zeugnis ab: Der Mensch hat sich von der Natur entfremdet und er neigt deshalb auch stärker zu einem achtlosen Umgang mit ihr.

Das muss aber nicht sein, wie ein deutsch-französisches Forscherteam nun herausgefunden hat. In einer aktuellen Metastudie kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Entwicklung umweltfreundlichen Verhaltens maßgeblich von den Erfahrungen abhängt, die man mit der Natur macht. Das gilt auch mit Blick auf die globalen Umweltkrisen.

Naturerfahrung beeinflusst Werte und Einstellungen

Die Forschung hat in der Vergangenheit bereits wichtige Erkenntnisse gefördert, etwa: Naturerfahrung beeinflusst die menschlichen Werte und Einstellungen, in dem sie die psychologische und emotionale Verbindung des Einzelnen zur Natur stärkt. Eine besonders wichtige Rolle spielen dabei Erfahrungen, die in der Kindheit gemacht werden. Es wird durch Naturerfahrungen auch wahrscheinlicher, dass Menschen umweltfreundliche Verhaltensweisen annehmen.

Wie die Studienautoren jetzt schreiben, gab es schon länger die Annahme, dass die Menschen weltweit weniger Naturerfahrungen machen – nur ausreichend empirische Beweise fehlten dafür. Das wollten sie mit ihrer Metastudie ändern.

Zuerst untersuchten sie, wie weit die Menschen weltweit im Schnitt von einem Naturgebiet entfernt leben. Heute sind das etwa 9,7 Kilometer. Seit dem Jahr 2000 vergrößerte sich die Distanz damit um sieben Prozent.

In Europa leben die Menschen besonders weit von der Natur entfernt. In Deutschland beträgt die durchschnittliche Entfernung rund 22 Kilometer, in Frankreich 16 Kilometer. "Auffallend ist, dass alle anderen Länder der Welt einem ähnlichen Muster folgen", erklärte Studienautor Victor Cazalis, Doktorand an der Universität Leipzig.

Baumbestand in Städten weltweit zurückgegangen

Als weiteren Faktor für die zunehmende Entfremdung mit der Natur machen die Studienautoren die zunehmende Verstädterung aus. Innerhalb der Städte schwinden demnach auch die Möglichkeiten, Natur zu erleben. Das schließen sie unter anderem daraus, dass der Baumbestand in den Städten seit dem Jahr 2000 weltweit zurückgegangen ist. Betroffen sind vorwiegend Zentralafrika und Südostasien.

"Dieser Befund deutet darauf hin, dass auch die Möglichkeiten für die Stadtbevölkerung, Zugang zu Grünflächen zu erhalten, abnehmen", sagte Co-Autorin Gladys Barragan-Jason. Man schließe daraus, "dass die Zerstörung von Naturräumen in Verbindung mit einem starken Anstieg der städtischen Bevölkerung zu einer räumlichen Distanz zwischen Mensch und Natur" führe.

Die Forscher untersuchten auch die Aktivitäten, die zu einem Naturerleben führen können. So fanden sie 18 Studien, die einen Rückgang der Besuche in Naturparks in den USA und Japan aufzeigten. In den USA campten die Menschen auch selten. Oder die Zahl der Blumenarten, die von japanischen Kindern beobachtet wurden, ging auch zurück.

Auch wenn die Menschen weniger in der Natur unterwegs sind, bleibt ein gewisses Interesse an ihr bestehen. Anzeichen dafür sieht das Forscherteam darin, dass Dokumentationen über Wildtiere beliebter sind als noch vor einigen Jahren. Dasselbe gilt für Videospiele mit Wildtieren.

Dennoch sind beide "Naturerlebnisse" nicht dasselbe. "In den letzten Jahrzehnten sind über digitale Medien sicherlich neue Möglichkeiten entstanden, sich mit der Natur auseinanderzusetzen", sagte Barragan-Jason. Doch Studien hätten gezeigt, dass diese "Naturerlebnisse" die Verbundenheit mit der Natur weniger fördern als ein Aufenthalt in der realen Natur.

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