Silvester: Todesgefahr für Hummel, Biene und Co.

Klimawandel beeinträchtigt Insektenvielfalt

Biene, tot. Bild: GLOBAL 2000, CC BY-NC-ND 2.0

Schon wieder ein Temperaturrekord zum Jahreswechsel? Milde Winter bedrohen einheimische Insekten und verbessern Zugezogenen die Überlebenschance. Das wird zunehmend zum Problem für die einheimischen Biotope.

Glaubt man dem Deutschen Wetterdienst, wird dieser Silvestertag der wärmste seit Beginn der Messungen: Die Meteorologen erwarten mehr als 20 Grad Celsius in Süddeutschland, in der Mitte immer noch sagenhafte 17 Grad.

Schon im vergangenen Winter war die Temperatur zum Jahreswechsel mit 16,9 Grad (gemessen in Freiburg/Br.) am Silvestertag rekordverdächtig warm. Diesmal könnte der bisherige Temperaturrekord in Deutschland aus dem Jahr 1961 fallen: Damals wurden 17 Grad gemessen.

20 Grad Celsius – klingt für wärmeliebende Menschen gut, sorgt in der Natur aber für Chaos! Solch milde Wintertemperaturen erhöhen die Überlebenschancen jener Insekten, die mache immer noch als "Schädlinge" bezeichnen: Mücken, Blattläuse, Borkenkäfer, Eichenwickler, Holzböcke sterben nicht, wenn knackiger Frost ausbleibt. Sie sind dann im kommenden Jahr vermehrt am Start.

"Nützlinge" wie Bienen oder Hummeln bringen die milden Winter dagegen schlichtweg um: Sie halten Winterruhe, fliegen jedoch bei lauen Temperaturen aus, weil sie die für den Beginn des Frühlings halten.

Wenn Hummeln oder Bienen jetzt aus ihrer Winterstarre aufwachen, finden sie aber keine Nahrung, da es weit und breit keine Blüten gibt. Sie müssen von ihren Fettreserven zehren, die sie eigentlich bis zum Frühjahr bringen sollen. Bei einem neuerlichen Kälteeinbruch droht ihnen der Hungertod.

Zudem bedroht fehlender Frost einheimische Insekten ganz grundsätzlich. Der Moselapollofalter beispielsweise ist weltweit nur im Moseltal anzutreffen, wo er an den felsigen Steilhängen die Futterpflanze für seine Raupen findet, die Weiße Fetthenne.

Normalerweise überwintern die Raupen bis zum April – aber wegen der ausbleibenden Frosttage schlüpfen sie jetzt immer früher und finden dann kein Futter, weil die Fetthenne noch nicht herangewachsen ist.

Fehlender Frost verbessert außerdem die Überlebenschancen der zugezogenen Arten. Neuerdings gibt es zum Beispiel in Berlin-Schöneberg eine Population der Gottesanbeterin.

Die Weibchen der ursprünglich aus Afrika stammenden Fangschrecke werden bis zu acht Zentimeter groß. Männchen sind deutlich kleiner. Und sie leben deutlich gefährlicher: Die Mantis religiosa, wie der wissenschaftliche Name der Art lautet, betreibt sexuellen Kannibalismus, nach der Begattung frisst das Weibchen den Mann.

Nicht nur das: Hungrige Weibchen können viele Duftstoffe produzierten, um auf männliche Tiere zur Paarung bereit zu wirken. Sind sie aber gar nicht, sie sind nur hungrig.

"Zu meinen Studienzeiten in den 80er-Jahren gab es in Deutschland nur eine kleine Population im Kaiserstuhl", sagt Horst Korn vom Bundesamt für Naturschutz. Das kleine Mittelgebirge vulkanischen Ursprungs in der Oberrheinischen Tiefebene zählt mit seinem mediterranen Klima zu den wärmsten Orten Deutschlands.

Aber dann begann der Klimawandel mit immer wärmer werdenden Sommern und immer milderen Wintern: Viele Insekten, denen es früher hierzulande zu kalt war, breiteten sich aus dem Süden immer weiter nordwärts aus.

Die ursprünglich aus Afrika stammende Gottesanbeterin ist heute bereits in ganz Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz beheimatet, auch im Saarland gibt es stabile Populationen. Und eben in Berlin-Schöneberg.

Solche Entwicklungen klingen skurril, sind manchmal aber lebensgefährlich. Die Asiatische Tigermücke zum Beispiel kommt, wie der Name sagt, aus den Asiatischen Tropen. Im Zuge der Globalisierung kam sie nach Europa, sie reiste im Ei-Stadium in Warencontainern auf Schiffen.

Vermutlich in den 1990er-Jahren kam sie in Italien an, breitete sich fast im ganzen Land aus und mit dem Klimawandel dann weiter Richtung Norden. Erstmals in Deutschland wurden eine Asiatische Tigermücken (genauer: von ihr abgelegte Eier) 2007 entdeckt, tief im Südwesten, auf dem Rastplatz Rheinaue an der Autobahn A5 in Baden-Württemberg.

Heute ist sie hierzulande heimisch. Stabile Populationen der Aedes albopictus wurden mittlerweile in Freiburg, Heidelberg, ja sogar im thüringischen Jena nachgewiesen. Das Unangenehme an der Asiatischen Tigermücke: Sie verbreitet Tropische Krankheiten wie das Dengue Virus, das Chikungunya Virus oder das West-Nil-Fieber Virus.

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