Warum Erdgas aus Russland nicht mehr strömt, aber fließt

Themen des Tages: Lützerath hat nichts mit rationaler Politik zu tun. Soledar hat neue Herrscher. Und Flüssigerdgas aus Russland hat noch Chancen in Deutschland.

Liebe Leserinnen und Leser,

1. Was die Räumung der Aktivisten aus dem RWE-Dorf Lützerath bedeutet.

2. Wer das ukrainische Soledar nun beherrscht und wie die Perspektive für Bachmut ist.

3. Auf der zweiten Seite: Was aus Kanzler Scholz‘ Ansinnen geworden ist, Deutschland bis Jahresende von russischem Gas unabhängig zu machen. Ein Text von Telepolis und der Berliner Zeitung.

Doch der Reihe nach.

Nach der Räumung von Lützerath

Mit der Räumung des von den Bewohnern an RWE übereigneten Weilers Lützerath befasst sich heute ein Kommentar von Telepolis-Autor Wolfgang Pomrehn. Wir seien, kommentiert er, Weltmeister im Verbrauch von Braunkohle "und setzen den Abbau und ihre Verbrennung – wie das Wochenende gezeigt hat – trotz eindringlicher Warnungen aus der Wissenschaft mit aller Gewalt gegen jene durch, die aus Sorge um die Zukunft protestieren."

Da werden Knochenbrüche und selbst Tote in Kauf genommen, wie seinerzeit bei der illegalen Räumung des Hambacher Forsts im September 2018, nur um noch mehr Braunkohle abzubaggern. Bewohner des Lützerather Protestcamps berichten unter anderem, dass von Polizisten blind mit einer Kettensäge durch den Boden eines Baumhauses gesägt worden sei, in dem sich Menschen befanden.

Wolfgang Pomrehn

Nach dem russischen Vorstoß auf Soledar

Das Geschehen im ukrainischen Soledar habe deutlich gezeigt, dass auch ukrainische Regierungsquellen – ebenso wie russische – nicht die Aufgabe einer realistischen Lagevermittlung haben, sondern einseitig gefärbt sind, schreibt heute Telepolis-Autor Bernhard Gulka. Deutschen Medien sei das nicht immer bewusst.

Am vergangenen Freitag habe das russische Verteidigungsministerium die Eroberung der Kleinstadt mit (vor dem Krieg) etwa 11.000 Einwohnern gemeldet, so Gulka: "ISW und CNN melden Eroberung von Soledar ebenfalls."

Gekämpft hatten dort auf russischer Seite vor allem Söldner des russischen Militärunternehmens PMC Wagner – und erstmals wurde deren wichtige Rolle auch in den offiziellen Pressemitteilungen der russischen Behörden auch erwähnt. Bereits an den Vortagen hatte es zahlreiche Meldungen darüber gegeben, dass die russischen Truppen Soledar übernommen hatten. Die erste Nachricht war eine Erfolgsmeldung des PMC-Wagner-Chefs Jewgeni Prigoschin am 11. Januar.

PCK-Raffinerie nach den Russland-Sanktionen

Fast 60 Jahren lang wurde die PCK-Raffinerie in Schwedt mit Rohöl aus Russland versorgt – seit Jahresbeginn fließt es nicht mehr durch die Druschba-Pipeline, so Telepolis-Autor Bernd Müller.

Im Bundeswirtschaftsministerium habe man versprochen, dass die Versorgung auch weiterhin gewährleistet ist, doch die Lage sei nach wie vor unklar: "Über Polen wird noch kein Rohöl geliefert, und wann es aus Kasachstan bezogen werden kann, ist unbekannt."

Vergangene Woche wurde das Thema im Energieausschuss des Bundestags behandelt. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Michael Kellner (Grüne) musste dort die schwierige Situation einräumen.