Davos-Elite: Weltrettung aus der Business-Perspektive

Der Weltwirtschaftsgipfel in Davos ist ein jährliches Treffen der globalen Eliten. Bild: Benedikt von Loebell / CC BY-NC-SA 2.0

Auf dem Weltwirtschaftsforum wird seit Jahrzehnten angekündigt, die Welt zu verbessern. Konzern- und Regierungschefs versprechen, als globale Krisenmanager zu agieren. Zeit, mit der Davos-Mythologie aufzuräumen.

Wieder findet ein Weltwirtschaftsforum (WEF) im Schweizer Kurort Davos statt. Wieder fliegen prominente Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Finanzwelt ein, in rund 500 Fällen mit ihren Privatjets (so viele waren es jedenfalls 2022), die den Treibhausgasausstoß während der einwöchigen Konferenz in die Höhe treiben werden. 2700 Teilnehmer:innen sind in diesem Jahr für das Treffen angemeldet.

Darunter 52 Staats- und Regierungschefs und mehr als 600 Vorstandsvorsitzende aus der Wirtschaft. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz wird in Davos sprechen, sein Wirtschaft- und Klimaminister Robert Habeck ist ebenfalls mit dabei. EU-Komissionschefin Ursula von der Leyen, Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez, Chinas Vizepremier Liu He und Siemens-Chef Roland Busch werden zudem vom Podium die Welt erklären. Im Publikum sitzt eine globale Elite: Bankerinnen, Spitzenmanager, Polikerinnen und führende Journalisten und Meinungsmacher.

Es ist das 53. Jahrestreffen dieser Art, das Anfang der 1970er ins Leben gerufen wurde. Der Gründer Klaus Schwab gab ihm den Namen "Weltwirtschaftsforum". Wobei der Kernbereich der Wirtschaft, die globale Arbeiterschaft, die tagtäglich durch ihre Arbeit erst den ökonomischen Mehrwert erschafft, gar nicht auf dem Weltwirtschaftsforum vertreten ist. Bei der "Weltwirtschaft" in Davos geht es fast ausschließlich um die, die sagen, wo es lang geht, und am meisten vom Erwirtschafteten profitieren, zu großen Teilen auf Kosten der Bevölkerungsmehrheit und des Planeten.

Um ein Beispiel zu nehmen: Seit der Gründung des Weltwirtschaftsforums hat die globale Ungleichheit, aber auch die innerhalb der Länder selbst, rasant zugenommen. Und das aufgrund von Entscheidungen und Lobbying-Interventionen von denjenigen, die jedes Jahr nach Davos reisen.

Schon 2016 stellte Oxfam in einer Studie fest, dass eine Busladung Milliardäre (insgesamt 62 Personen) inzwischen so viel Vermögen wie die gesamte untere Hälfte der Menschheit besitzt. Das oberste eine Prozent der Weltbevölkerung verfügt inzwischen über mehr Vermögen als der Rest der Welt zusammen.

Die Eliten, die jedes Jahr in den Schweizer Kurort wallfahren, könnten buchstäblich mit einem Fingerschnippen die erschütternde Ungleichheit innerhalb weniger Minuten beenden. Schließlich konzentriert sich der Reichtum nicht deshalb so stark, weil die Reichen auf spektakuläre Weise "innovativ" sind. Der Reichtum konzentriert sich vor allem deshalb, weil die Reichen unglaublich geschickt darin sind, einen großen Teil ihres Vermögens vor den Steuerbehörden zu verbergen.

Die Oxfam-Forscher bezifferten 2016 das Vermögen, das die Reichen der Welt derzeit in Offshore-Steuerparadiesen verstecken, auf 7,6 Billionen Dollar. Diejenigen, die ihr Geld der Allgemeinheit entziehen, seien überwiegend Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums in Davos. Fast alle der 200 weltweit größten Unternehmen machen bei den Steuermachenschaften mit.

Mit anderen Worten: Die in Davos herum flanierenden Konzern- wie Regierungschefs könnten mit ein paar einfachen Anordnungen dem "globalen System der Steuervermeidung" einen gewaltigen Riegel vorschieben, das, so Oxfam, "armen Ländern die Mittel vorenthält, die sie brauchen, um die Armut zu bekämpfen, Kinder in die Schule zu schicken und zu verhindern, dass ihre Bürger an leicht heilbaren Krankheiten sterben."

Ein anderes Beispiel ist die eskalierende Klimakrise. Als das Weltwirtschaftsforum gegründet wurde, warnten Klimawissenschaftler:innen bereits vor den Gefahren der Erderwärmung. Sie forderten ein Ende der fossilen Verbrennung und den Schutz von Wäldern sowie eine Energiewende.

Was geschah? Die Konzernzentralen von Exxon (heute Exxon Mobil) und anderen Unternehmen der fossilen Brennstoffindustrie – deren intern beauftragte Forscher die Katastrophe bei einem fossilen Weiter-So, wie eine aktuelle Studie erneut belegt, präzise voraussagten –, unterdrückten die Erkenntnisse ihrer eigenen Wissenschaftler. Gleichzeitig begannen sie, Klimaleugnung und -relativismus in der Öffentlichkeit zu verbreiten und jeglichen Klimaschutz, jegliche Energiewende-Maßnahmen aktiv zu boykottieren.

Daher liegt heute der jährliche Treibhausgasausstoß um rund 60 Prozent höher als bei der Gründung des Davoser Weltwirtschaftsforums, nicht 60 Prozent niedriger, wie deutsche Meteorologen und Physiker in einem gemeinsamen Appell in den 1980er-Jahren forderten – während jetzt kaum noch Zeit bleibt, das Schlimmste zu verhindern.

Raten Sie, wer beim Treffen in Davos in diesem Jahr zum offiziellen Partner des Weltwirtschaftsforums ernannt wurde? Es ist der deutsche Kohlekonzern RWE, dem mit Unterstützung der Bundes- und NRW-Landesregierung gestattet wird, weitere 280 Millionen Tonnen an Braunkohle, dem klimaschädlichsten Energieträger, unter dem Weiler Lützerath abzubaggern.

Noch ein letztes Beispiel dafür, wie wenig die Welt sowie ihre Interessen und Bedürfnisse in Davos vertreten werden. Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger soll Mitte der Woche auf dem WEF sprechen, vor allem zum Ukraine-Krieg. Der Vorteil ist sicherlich: Er kennt sich bestens mit Kriegsverbrechen aus.

Bevor die brutalste Phase des US-Krieges in Kambodscha in den 1970er Jahren begann, übermittelte der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, damals war das Henry Kissinger, den Befehl an US-General Haig: "Massive Bombardierung von Kambodscha, alles, was fliegt, auf alles, was sich bewegt". Ein Aufruf mit klarer Völkermord-Absicht, der in den US-Archiven protokolliert und für jeden einsehbar ist.

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