Ampel-Koalition: Abgewrackter Klimaschutz, der Wut erzeugen wird

Kabinettsklausur in Meseberg, 6. März: Wirtschaftsminister Habeck, Finanzminister Lindner und Bundeskanzler Scholz treten vor die Presse. Bild: Bundesregierung

Energie und Klima – kompakt: Berliner Koalitionäre wollen das Klimaschutzgesetz beschneiden. Gleichzeitig sollen Autobahnen schneller gebaut werden. Warum immer noch falsche Prioritäten gesetzt werden. Ein Kommentar.

Das war's dann. Schluss mit Klimaschutz. Die Berliner Ampel-Koalition hat getagt, und die Grünen sind wieder einmal vor der Auto- und Industrielobby in die Knie gegangen. Man muss halt Prioritäten setzen. Krieg führen ist wichtiger, das Klima kann warten.

Wie unter anderem das Redaktionsnetzwerk RND berichtet, soll der Bau von 144 Autobahnprojekten beschleunigt werden, unter anderem, in dem man künftig die Umweltverträglichkeitsprüfungen weniger gründlich ausfallen lässt.

Nach der erfolgreichen Lobbyarbeit für Verbrennungsmotoren und die über alle Maßen verschwenderischen synthetischen Kraftstoffe, ein weiteres Geschenk für die FDP und ihr Klientel in der Automobilindustrie.

Und da der Verkehrssektor damit auch in den nächsten Jahren mehr Treibhausgase ausstoßen wird, wie das ohnehin nur unzulängliche Klimaschutzgesetz zulässt, soll dieses nun auch noch weiter beschnitten werden. Bisher sieht das Gesetz für die einzelnen Sektoren jährliche Höchstmengen an Treibhausgasen vor, die bis 2030 Jahr für Jahr etwas abnehmen.

Werden diese Mengen überschritten, wie im Verkehrssektor in den vergangenen beiden Jahren geschehen, müssen die zuständigen Minister eigentlich Pläne mit Sofort-Maßnahmen vorlegen, die den Treibhausgasausstoß rasch senken.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat das aber bisher faktisch verweigert, weshalb inzwischen, wie berichtet, Klagen gegen die Bundesregierung anhängig sind.

Wissings Arbeitsverweigerung wird nun belohnt, indem sich die Koalition seine Position zu eigen macht. Nachsitzen ist künftig nur noch nach zweimaliger Verfehlung des Ziels notwendig und dann auch nicht nur des Fachministers, sondern des ganzen Kabinetts.

Wenn also künftig der Verkehrssektor weiter zu viele Treibhausgase emittiert, dann kann Wissing wie zuvor die Hände in den Schoß legen und von anderen Ressorts verlangen, sie mögen doch bitte die Emissionen stärker vermindern, um seine Versäumnisse zu kompensieren.

Sollte der Bundestag tatsächlich eine entsprechende Gesetzesänderung beschließen, dürfte die nächste Verfassungsklage fällig sein. Das Klimaschutzgesetz war nämlich erst vor knapp zwei Jahren etwas verschärft und die Sektorziele waren erhöht worden, nachdem es einen Rüffel aus Karlsruhe gegeben hatte. Das Bundesverfassungsgericht hatte geurteilt, dass der Gesetzgeber die Freiheitsrechte künftiger Generationen unzulässig einschränke, in dem Klimaschutz zu sehr hinausgezögert und mithin in die Zukunft verlegt wird.

Eine derartige Politik erzeugt unweigerlich viel Wut und Frust, und so muss man wohl davon ausgehen, dass auch die Repressionsschraube weiter angezogen wird. Zumal in den letzten Jahren kein Autobahnprojekt mehr ohne Baumbesetzung und andere handfeste Protestformen über die Bühne gegangen ist, denen oft mit massiver Polizeigewalt begegnet wurde.

Für die besonders Wohlhabenden hat die Ampel hingegen noch ein kleines Bonbon vorbereitet: Wer sich eine Bahncard 100 leisten kann – Kostenpunkt derzeit 4339 Euro – oder sie als Bundestagsabgeordneter kostenlos bekommt, kann künftig auch den ÖPNV gebührenfrei nutzen. Das 49-Euro-Ticket wird in die Karte integriert.

Für den Rest der Bevölkerung bleibt es bei dem umständlichen Verfahren, nach dem es das Ticket nur im Abo und digitalisiert geben wird. Das an allen Automaten erhältliche Neun-Euro-Ticket war einfach zu attraktiv, zu einfach und vor allem zu günstig zu erwerben. Das hätte ja womöglich Leute auf die Idee bringen können, ihr Auto dauerhaft stehenzulassen.

Nur zwei kleine Lichtblicke haben die Ampelbeschlüsse zu bieten: Zum einen soll der Ausbau der Windenergie beschleunigt werden. Kommunen sollen größere Entscheidungsfreiheit in der Ausweisung von Standorten bekommen und statt Ausgleichsflächen kann künftig auch eine Abgabe gezahlt werden, mit der die öffentliche Hand dann größere, zusammenhängende Flächen für den Naturschutz kaufen kann.

Zweitens: Auch in den Ausbau der – über mindestens vier Jahrzehnte kaputt gesparten – Bahn soll mehr investiert werden. Von "erheblichen Mitteln" ist die Rede, die künftig unter anderem auch aus der Lkw-Maut kommen sollen.

Gleichzeitig soll aber, wie berichtet, weiter privatisiert und dereguliert werden, sodass auch bei der Bahn von einer Trendwende noch lange keine Rede sein kann.

Klimaschutz hat in dieser Regierung einfach keine Lobby.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.