0 und 1 gleichzeitig speichern

Neue Bausteine für den Quantencomputer

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Unabhängig voneinander berichten in der Wissenschaftszeitschrift Nature zwei Gruppen von Physikern über logische Quantengatter mithilfe von Ionenfallen.

Bild: Universität Innsbruck

In klassischen Computern werden Informationseinheiten in Form von Bits, also 0 oder 1, gespeichert. Die Verknüpfung dieser Bits ermöglicht die Rechenvorgänge. Quantencomputer dagegen sind der Traum der Computerzukunft, denn mit ihnen lässt es sich sehr viel effizienter rechnen, da die so genannten Quantenbits (Qubits) in Überlagerungen von O und 1 vorliegen können. Theoretisch ist das längst vorhergesagt, die Frage war bisher nur, wie sich das praktisch umsetzen lässt.

Jetzt haben zwei Forschergruppen wichtige Schritte in Richtung des Quantencomputers getan und beide kontrollieren dabei den verschränkten Zustand von Atomen in Ionenfallen.

Es war in jüngster Vergangenheit bereits deutlich geworden, dass Ionenpaare in Fallen geeignete Bausteine sein könnten. Im Januar gelang es einem Team der Uni Innsbruck mit einer solcher Vorrichtung, in der Ionen in einem elektromagnetischen Feld eingefangen und mittels Laserimpulsen manipuliert werden, eine simple Rechenoperation durchzuführen (vgl. Ionenfallen als Bausteine). Die Atome werden ionisiert, um sie störungsfrei im Vakuum zu halten. Durch hochpräzise Laser-Lichtpulse, werden die Atome dann sozusagen ein- und ausgeschaltet.

Logische Gatter, im Englischen "Quantum Controlled NOT" oder kurz CNOT, entsprechen dem XOR-Gatter der existierenden Computer, also dem Schalter, der über das Entweder-oder, bzw. O oder 1 entscheidet. Diese wesentlichen Elemente sind grundlegend für die Rechenfähigkeit des Systems, die logischen Operationen (vgl. Quanten Logik).

Das Team aus zehn Experimentalphysikern um Ferdinand Schmidt-Kaler von der Universität Innsbruck orientierte sich bei ihrem Experiment an einem theoretischen Vorschlag, den Prof. Peter Zoller und Prof. Ignacio Cirac zur Verwendung von Ionenfallen bereits 1995 gemacht hatten (vgl. Quantencomputer). Die Gruppe verwendete Kalzium-Ionen, die individuell durch den fokussierten Laser manipuliert werden können. Die Wissenschaftler dazu.

Um die Atome mithilfe von elektrischen Feldern praktisch völlig störungsfrei im Vakuum halten zu können, werden sie ionisiert, sodass sie elektrisch geladen sind. (...) Das besondere Interesse fesseln allerdings Zustände der Atome, bei denen diese nicht wirklich 0 oder 1, sondern gewissermaßen beide Zustände des Bits gleichzeitig speichern. Noch unwirklicher erscheinen uns Zustände zweier Quantenbits, bei denen wir zwar über jedes einzelne Bit nicht wissen, ob es den Status 0 oder 1 hat, dafür aber sicher sind, dass beide Quantenbits dieselbe Information tragen. Der österreichische Nobelpreisträger Erwin Schrödinger hatte schon vor 75 Jahren hierfür den Begriff der Verschränkung geprägt. Durch die erfolgreiche Arbeit der Innsbrucker Physiker ist jetzt der Weg frei, diesen Zustand der Natur, der vielleicht am meisten mit unserem täglichen Verständnis kollidiert, genau zu untersuchen. Die Bedeutung dieses Erfolges kommt dem Bau des ersten Siliziumtransistors für die herkömmliche Computertechnologie gleich.

D. Leibfried vom National Institute of Standards and Technology in Boulder, Colorado und elf Kollegen von der University of Colorado und der englischen University of Oxford entwickelten und realisierten eine andere neue Technik. Sie errichteten mit gefangenen Berylliumatomen ein widerstandsfähiges 2-Qubit-Quantengatter. Ihr geometrisches System ist besonders robust, d.h. die Qubits sind besonders widerstandsfähig gegen die beständige Bedrohung der Dekohärenz, dem Zerfall des Quantenzustands (vgl. Grundidee der Dekohärenz).

In seinem begleitenden News&Views-Artikel stellt Andrew Steane von der University of Oxford fest, dass diese neuen Quantengatter in ihrer Präzision sehr viel versprechend sind und wahrscheinlich auf die Ebene des Einsatzes vieler Qubits erweitert werden könnten:

Beide Veröffentlichungen belegen den bemerkenswerten Fortschritt dessen, was die Essenz von Quantencomputern ist: eine kontrollierte Manipulation von Verschränkung.