2023: 36,8 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre geblasen

Bild: Pixabay

Energie und Klima – kompakt. Globaler Überblick: Wie viel Kohlendioxid wird emittiert? Mit welchen fossilen Energieträgern und wo? Wie viel geht noch?

Die Emissionen des mit Abstand wichtigsten Treibhausgases, Kohlendioxid (CO2), sind auch 2023 weiter gestiegen. Das berichtet eine internationale Gruppe von Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern im Fachblatt Earth System Science Data.

Demnach legten die weltweiten Emissionen aus der Verbrennung von Kohle, Gas und Erdöl sowie aus der Zementproduktion in diesem Jahr voraussichtlich um 1,1 Prozent zu und betrugen insgesamt 36,8 Milliarden Tonnen CO2.

Eigentlich sind es schon 40,9 Tonnen CO2

Hinzu kommen die Treibhausgase aus der Entwaldung und anderen Änderungen der Landnutzung – unter anderem setzt auch das Trockenlegen von Mooren und das Umbrechen von Wiesen CO2 frei, aber die Entwaldung ist hier im globalen Maßstab der größte Faktor.

Diese Emissionen sind 2023 voraussichtlich etwas zurückgegangen, und zwar auf 4,1 Milliarden Tonnen. Allerdings ist hier die Unsicherheit mit +/-2,6 Milliarden Tonnen ziemlich hoch.

Was passiert mit den Emissionen?

Etwas weniger als die Hälfte dieser Emissionen wird über mehrere Jahrtausende in der Atmosphäre verbleiben, bevor das CO2 langsam durch Verwitterung von Gesteinen gebunden wird. Der Rest wird innerhalb von Wochen und Monaten von der Biosphäre und den Meeren aufgenommen.

Wie viel genau variiert etwas von Jahr zu Jahr, aber die Konzentration des CO2 in der Atmosphäre steigt beständig an. 2023 lag sie Jahresdurchschnitt bei fast 420 ppm (parts per million), rund 50 Prozent mehr als zu vorindustriellen Zeiten.

In den Meeren wird das CO2 gelöst und sorgt dafür, dass sich die Meere zunehmend versauern, was vor allem für allerlei Organismen mit Schalen oder Kalkskeletten ein Problem ist.

Wenn die Emissionen in den nächsten Jahren nicht endlich drastisch reduziert werden, könnte die Versauerung unabhängig von der Erwärmung zum Zusammenbruch von marinen Nahrungsketten und Ökosystemen führen.

Auch sonst sind die Zahlen alarmierend, auch wenn der Anstieg der Emissionen nicht mehr so rasant ist, wie in den 2000er-Jahren.

Hochrechnungen: Wie viel geht noch?

Das CO2 reichert sich, wie oben beschrieben, in der Atmosphäre an. Daher müssen die Emissionen nicht nur drastisch reduziert, sondern letztlich auf null heruntergefahren werden, soll die weitere Erwärmung des Planeten aufgehalten werden.

Soll es zumindest eine Fifty-fifty-Chance geben, die globale Erwärmung, wie in der Pariser Klimaübereinkunft von 2015 verabredet, auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, dann können nur noch 275 Milliarden Tonnen CO2 in die Luft geblasen werden.

Beim derzeitigen Emissions-Niveau wären wir bereits in knapp sieben Jahren so weit. Für eine Beschränkung der Erwärmung auf 1,7 Grad Celsius würde das Budget noch 625 und für zwei Grad Celsius noch 1150 Milliarden Tonnen betragen.

Selbst das wäre bereits in 28 Jahren aufgebraucht und es handelt sich, wie gesagt, nur um 50-Prozent-Chancen. Angesichts der enormen Gefahren für Welternährung, Inselstaaten und Küstenstädte, die bereits jenseits des 1,5-Grad-Limits zu erwarten sind, sollte man meinen, dass vorsorgende Politiker doch eher auf Nummer sicher gehen und die Emissionen so rasch wie irgendwie möglich reduzieren.

Doch offensichtlich sprechen einflussreiche Interessen dagegen.

Woher stammen die Zahlen?

Zusammengetragen werden die obigen Daten jedes Jahr von über 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 18 Ländern, die im Global Carbon Project zusammenarbeiten und vom Global Carbon Budget Office koordiniert werden. Mit dabei auch Mitarbeiter von Geomar, dem Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung.

Wie schon in den Jahren davor habe man den Bericht mit globalen Messdaten unterstützt. Gewonnen wurden dies auf Handelsschiffen oder auch auf Yachten der "Ocean Race"-Regatta, heißt es in einer Pressemitteilung des renommierten Instituts. Arne Körtzinger, Co-Autor des Berichts und am Geomar forschender und lehrender Meereschemiker:

Unser dauerhaftes Engagement in der Beobachtung des marinen Kohlenstoffkreislauf von verschiedensten Messplattformen trägt seit mehreren Jahren zu dieser richtungsweisenden Publikation bei. Je mehr wir auf diese Weise über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Ozean erfahren, desto klarer wird der Trend. Eines ist jedoch schon sehr lange klar: Um die für uns lebenswichtigen wichtigen Funktionen des Ozeans zu erhalten, müssen die Treibhausgas-Emissionen global sinken.

Arne Körtzinger

Aus dem deutschsprachigen Raum waren ansonsten Forschende des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, des International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), des Karlsruhe Institut für Technologie, des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde, der Ludwig-Maximilians-Universität München, des Max-Planck-Instituts für Meteorologie Hamburg, des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie Jena, des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung und der Universität Bern beteiligt.

Wie setzen sich die Emissionen zusammen?

Auch darüber gibt der neue Bericht Auskunft. Die Verbrennung von Kohle trug 2023 15,4 Milliarden Tonnen CO2 bei, die von Erdölprodukten 12,1 und von Erdgas 7,8 Milliarden Tonnen.

Nicht enthalten ist darin übrigens das Methan, das bei Förderung und Transport entweicht und ein im Vergleich zum CO2 wesentlich effektiveres, aber zum Glück nicht besonders langlebiges Treibhaus ist. Schließlich steuern die Prozesse der Zementproduktion noch 1,6 Milliarden Tonnen bei.

Enthalten ist in diesen Zahlen auch der Beitrag der internationalen Luft- und Schifffahrt von 1,2 Milliarden Tonnen CO2, der 2023 um 11,9 Prozent gestiegen ist, aber nicht in den Statistiken der einzelnen Länder auftaucht.

Woher kommen die Emissionen?

Schließlich wäre noch zu fragen, welche Länder die größten Emittenten sind. Der Anstieg in diesem Jahr ging vor allem auf das Konto Chinas und Indiens, wofür dort vor allem der zunehmende Einsatz von Kohle verantwortlich war. Während der Treibhausgasausstoß in den USA um drei und in der EU gar um 7,4 Prozent zurückging.

China ist seit Mitte der 2000er-Jahre der weltweit größter Emittent, wenn man mal außer Acht lässt, dass das Land den Rest der Welt mit gigantischen Warenmengen versorgt, und damit sozusagen die Verantwortung für die erzeugten Emissionen eigentlich den Kunden zugeordnet werden könnte.

Schaut man sich die Pro-Kopf-Emissionen in den wichtigsten Ländern an, so liegt China mit acht Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr noch immer deutlich hinter den USA (14,9) und Russland (11,4). In der EU sind es 6,7 und in Indien nur zwei Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr. Die Zahlen stammen ebenfalls aus dem Bericht, sind allerdings von 2022.

Interessant schließlich auch ein Blick auf die Frage der akkumulierten Emissionen, das heißt, darauf, wie viel die einzelnen Länder seit dem Beginn der Industrialisierung in die Luft geblasen haben. Das ist nicht ganz unwichtig, weil mit diesen Emissionen eine historische Verantwortung verbunden ist, da sich das CO2 in der Atmosphäre anreichert und dort langfristig verbleibt.

Auch hier liegt die USA vorne, und zwar mit rund 450 Milliarden Tonnen CO2 mit großem Abstand. Es flogt die EU mit etwa 300 Milliarden Tonnen, und erste dann kommt China, das rund dreimal so viele Einwohner wie die EU hat, mit circa 270 Milliarden Tonnen CO2.

Wer also hierzulande meint, mit dem Finger auf das Land der Mitte zeigen zu können, sollte vielleicht erst einmal nach der Verantwortung der alten Industriestaaten fragen und dann vielleicht auch einen Blick auf den atemberaubenden Ausbau der chinesischen Solar- und Windenergie werfen.