2023: Wärmstes Jahr – Abnormal ist das neue Normal

UN-Klimakonferenz COP28: Wissenschaftler sehen Treibhausgaswerte, globale Temperaturen, Meeresspiegelanstieg rekordverdächtig hoch. Sind wir in Endzeitlaune?

Zu Beginn der diesjährigen UN-Klimakonferenz (COP 28) in den Vereinigten Arabischen Emiraten zeichnen Klimawissenschaftler und Wetterdienste aus aller Welt ein düsteres Bild der Lage.

2023 ist auf dem besten Wege zum wärmsten je registrierten Jahr zu werden, stellte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) bereits am 8. November fest, nachdem der Oktober erneut alle Rekorde gebrochen hatte.

Nach allem, was aus abgeleiteten Daten aus Bohrkernen, Baumringen, Seesedimenten und anderem bekannt ist, könnte 2023 damit zugleich das wärmste Jahr seit mindestens 115.000 Jahren sein.

Zur Klimakonferenz in Dubai hat die WMO einen aktuellen Bericht zum "Vorläufigen Zustand des Weltklimas 2023" vorgelegt. Die ersten zehn Monate 2023 lagen demnach weltweit 1,4 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau.

Im Durchschnitt der letzten 60 Monate waren es 1,2 Grad, heißt es beim wissenschaftlichen EU-Klima- und Erdbeobachtungsprogramm Copernicus.

Wobei die Erwärmung durchaus unterschiedlich verteilt ist. Über den Kontinenten erhitzt sich die Luft schneller als über den Ozeanen und besonders rasch schreitet die Erwärmung in der Arktis voran, wo die Temperaturen bereits drei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau liegen.

Als letzteres wird übrigens meistens die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts herangezogen, weil erst aus dieser Zeit ausreichend Temperaturmessungen vorliegen, mit denen sich eine mittlere Temperatur der Erde bestimmen lässt.

Mehr Treibhausgase

Aber eigentlich ist dieser Ansatz nicht ganz korrekt, weil zu dieser Zeit in Europa und Nordamerika längst große Flächen entwaldet waren und mit der Verbrennung von Kohle begonnen wurde.

Der CO₂-Gehalt der Atmosphäre war aber erst sehr moderat angestiegen, und der Effekt dieses mit Abstand wichtigsten unter den durch menschliche Aktivitäten freigesetzten Treibhausgases war daher noch sehr klein.

Das sieht inzwischen sehr anders aus. Die atmosphärische CO₂-Konzentration liegt inzwischen 50 Prozent über dem vorindustriellen Niveau von knapp 280 ppm, also bei 417,9 ppm (parts per million), wie die WMO, der 1950 gegründete Dachverband der nationalen Wetterdienste, in ihrem aktuellen Treibhausgas-Bulletin feststellt.

Die Wirkung aller langlebigen Treibhausgase zusammen auf den Strahlungshaushalt der Erde habe seit 1990 um 50 Prozent zugenommen. Der Löwenanteil dieses Anstiegs entfiel auf das CO₂ und ansonsten hat vor allem der Beitrag des Methans zugelegt, das in den letzten 20 Jahren vor allem bei der Erdgasförderung und hier insbesondere beim Fracking entweicht.

Die Folgen sind längst spürbar, wie die WMO in ihrer am gestrigen Donnerstag veröffentlichten vorläufigen Bilanz für 2023 erläutert. Wetterextreme haben an Intensität und zum Teil auch Häufigkeit zugenommen und entsprechend schwere Schäden angerichtet.

"Die Treibhausgaswerte sind rekordverdächtig hoch. Die globalen Temperaturen sind rekordverdächtig hoch. Der Meeresspiegelanstieg ist rekordverdächtig. Das antarktische Meereis ist rekordverdächtig niedrig. Es ist eine ohrenbetäubende Kakofonie von gebrochenen Rekorden."

WMO-Generalsekretär Petteri Taalas

In Kanada war zum Beispiel die diesjährige Waldbrandsaison, Telepolis berichtete, die mit Abstand verheerendste, weite Teile Mittel- und Südamerikas hatten unter ausgedehnten Dürren mit schweren wirtschaftlichen Schäden zu leiden und der westliche Mittelmeerraum unter einer extremen Hitzewelle.

In der zweiten Julihälfte wurden dort mit 48,2 Grad Celsius in Italien, 49 Grad Celsius im tunesischen Tunis, 50,4 Grad Celsius im marokkanischen Agadir und 49,2 Grad Celsius im algerischen Algiers jeweils neue nationale bzw. lokale Rekorde aufgestellt.

"Was früher abnormal war, ist heute die Norm", fassen die irischen Meteorologen (Met Éireann) die Lage zusammen.