70 Prozent der Autoteile blockiert: US-Hafenstreik lähmt Europas Autoindustrie
Der US-Hafenstreik trifft Europas Autobauer hart. 70 Prozent der Autoteile kommen über bestreikte Häfen. Droht nun ein Produktionsstopp?
Der am Dienstag begonnene Streik der Hafenarbeiter an der Ost- und Golfküste der USA trifft vorwiegend die europäischen Autohersteller hart. Diese seien besonders abhängig von den bestreikten Häfen, warnen Branchenvertreter und Analysten. Ein längerer Streik könnte sich als "lähmend" für die gesamte Branche erweisen, berichtet Reuters.
70 Prozent der Autoteile kommen über bestreikte Häfen
Analysten zufolge werden 70 Prozent der Importe von Autoteilen in die USA über die vom Streik betroffenen Häfen abgewickelt. Vor allem die Häfen in Baltimore und im Südosten sind für europäische Hersteller wie BMW, Volkswagen, Mercedes und Volvo von zentraler Bedeutung. Da viele dieser Unternehmen einen erheblichen Teil ihres US-Absatzes importieren, wären sie von einem längeren Streik besonders betroffen.
Auch wenn einige Hersteller vorsorglich Lagerbestände aufgebaut haben, könnte es bei einem längeren Streik zu Engpässen kommen. Dies würde die Produktion behindern und könnte zu weiteren Preissteigerungen führen. Die Unternehmen arbeiten derzeit an Notfallplänen, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.
Lesen Sie auch
Verkehrsprognose 2040: Auto und Lkw bleiben wichtigste Transportmittel
Schlägt Thailand Europa bei der Elektromobilität?
EU erhöht Einfuhrzölle auf bis zu 45 Prozent auf Elektroautos aus China
Vorpommern-Rügen setzt auf Wasserstoff-Busse im Linienverkehr
VW-Schock: Konzern plant Schließung von drei Werken in Deutschland
US-Regierung drängt auf Lösung – will aber nicht eingreifen
Angesichts der wirtschaftlichen Risiken wächst der Druck auf die US-Regierung, in den Konflikt einzugreifen. Präsident Joe Biden lehnt dies bisher ab, drängt aber die Arbeitgeber, ihr Angebot nachzubessern. Das Weiße Haus betont, die Reedereien hätten während der Pandemie Rekordgewinne eingefahren – nun sei es an der Zeit, auch die Beschäftigten daran zu beteiligen.
Auch Verkehrsminister Pete Buttigieg und Arbeitsministerin Julie Su drängen die Arbeitgeber zu Zugeständnissen. Su wirft ihnen vor, sich zu weigern, die Leistungen der Hafenarbeiter während der Pandemie angemessen zu würdigen. Die Gewerkschaft müsse an den Gewinnen beteiligt werden.
Hafenarbeiter fordern deutlich höhere Löhne und Schutz vor Automatisierung
Die Gewerkschaft ILA, die 45.000 Hafenarbeiter vertritt, fordert eine Lohnerhöhung von 5 US-Dollar pro Stunde für jedes Jahr des neuen Sechsjahresvertrags. Außerdem möchte sie einen Stopp der Automatisierungsprojekte in den Häfen durchsetzen. Diese gefährdeten Arbeitsplätze. Die bisherigen Angebote der Arbeitgeber seien "weit hinter den Forderungen zurückgeblieben", sagte ILA-Chef Harold Daggett.
Die Arbeitgeberseite betont dagegen, sie habe Lohnerhöhungen von fast 50 Prozent über die Vertragslaufzeit angeboten. Das gehe weit über andere Tarifabschlüsse hinaus und trage der Inflation Rechnung. Die Hafenarbeiter hätten einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Weltwirtschaft am Laufen zu halten.
Beobachter sehen die US-Regierung angesichts des Streiks in einem Dilemma. Einerseits will sie die Gewerkschaft nicht verprellen – auch mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2024. Andererseits drängt die Zeit, um größeren wirtschaftlichen Schaden abzuwenden. Eine Lösung ist bisher nicht in Sicht – der Streik droht in den nächsten Tagen fortgesetzt zu werden.