Abendlandfans in Verwirrung
Die Christdemokraten wissen nicht, wie sie mit PEGIDA umgehen sollen
Zum vorsichtigen Umgang mit PEGIDA mahnt der innenpolitische Redakteur der FAZ die bürgerlichen Politiker - "stammtischhafte Beschreibungen einer mit Sorge wahrgenommenen Wirklichkeit" sollten besser nicht als "extremistisches Fehlverhalten" abqualifiziert werden. Die Adressaten seines Hinweises sind ersichtlich.
Die Demos der "Patrioten gegen die Islamisierung" werden zum Problem - für die Unionsparteien. Unrealistisch war offenbar die Erwartung, diese Art von gesittet auftretender Bürgerwut werde sich rasch wieder verflüchtigen. Und nun gerät die CDU (die CSU ist noch nicht so sehr betroffen von PEGIDA-Events) in strategische Kalamitäten: Soll sie Verständnis für solche Abendlandfans zu verstehen geben, den Versuch machen, diese ins ideologische Gehege der eigenen Partei zu bringen oder dort zu halten? Oder öffentliche Warnschilder vor PEGIDA aufstellen, in der Hoffnung, damit werde christdemokratische "Revierherrschaft" beim Unmutsthema Zuwanderung gesichert?
Die Repräsentanten und Funktionäre der CDU haben in dieser Sache noch keine einheitliche Linie gefunden. Der Bundesinnenminister, dem es obliegt, "Sicherheits"-Bedürfnisse beim Publikum zufrieden zu stellen, laviert: "Ernst nehmen", sagt er, müsse man die "Sorgen" der PEGIDA-Demonstranten. Bei ihm selbst und seinen Parteifreunden spielt auch die Sorge mit, beunruhigte "Patrioten" könnten sich der AfD als der kleinen Konkurrenz der Union zuwenden.
Diese ist allerdings selbst in Verwirrung: Soll sie sich weiter öffnen nach rechts hin - oder schadet ihr das bei ihren unternehmerischen Sympathisanten? Es ist gar nicht so einfach, im Politmarkt die vorhandene rechtspopulistische Nachfrage zu bedienen und gleichzeitig - parteipolitische Rivalen und künftige Wahlen im Blick - vor rechtem Populismus zu warnen.
Da kommen leicht konfuse Stellungnahmen zustande, etwa: Die Moschee in deutschen Gefilden, man wird sie nicht vermeiden können, der Religionsfreiheit wegen (und weil die hiesige Wirtschaft eben Zuwanderer braucht, auch muslimische) - aber ein Minarett muss doch nicht sein, das stört heimatliche Gefühle und es droht die Scharia...
Fast hätte dem CDU-Parteitag der französische Stehaufpolitiker Nicolas Sarkozy seine Aufwartung gemacht, Terminprobleme kamen dazwischen. Vermutlich war das günstig für die Parteiregie, denn so wurde Zuspitzung vermieden. Der Chef der Schwesterpartei UPM nämlich setzt auf Demagogie, er nutzt Ressentiments gegen "Fremdfranzosen" ohne Bedenken, er befindet sich schon im propagandistischen Wettbewerb mit dem "Front National", deshalb soll sein Land burkafrei werden.
So übersichtlich ist die parteipolitische Lage in der Bundesrepublik gegenwärtig nicht. Also bleibt noch abzuwarten, von wem denn PEGIDA-"Patrioten" und ihr Reservoir die Rettung des Abendlandes erhoffen dürfen. Sicher ist: Das Thema wird aus der deutschen Politikszene vorerst nicht verschwinden. Und dort geht es um demoskopisches Ranking sowie Einwerben von Wahlstimmen. Parteien konkurrieren dabei besonders heftig in jenem Terrain, wo zwischen ihnen ideologische Nähen bestehen.