"Abgrenzen ja, ausgrenzen nein"
SPÖ debattiert über Umgang mit FPÖ
Vor einer Woche zog der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer mit 35,05 Prozent als deutlich stimmenstärkster Kandidat in die Stichwahl zum österreichischen Bundespräsidenten ein. Der Kandidat der Sozialdemokraten schied dagegen (ebenso wie der der Christdemokraten) mit nur etwa elf Prozent schon in der ersten Runde aus (vgl. Österreich nach der Erdrutschwahl). Nun debattiert die SPÖ über den Umgang mit den Freiheitlichen, die auch in Umfragen zu Nationalratswahlumfragen mit 31 bis 33 Prozent vorne liegen.
Bundeskanzler Werner Faymann verkündete gestern, dass er eine "Strategiegruppe" einberufen werde, die diese Diskussionen offiziell führt. Dieser Strategiegruppe sollen neben den SPÖ-Vorsitzenden der Bundesländer auch Vertreter der sozialdemokratischen Jugend- und Frauenverbände angehören.
Die Runde soll Faymanns Vorstellung nach nicht nur über Koalitionen mit den Freiheitlichen sprechen, sondern über alle Fragen, die mit der Migrationskrise zusammenhängen - darunter Integration, Arbeit, Bildung und Wohnen.
Er selbst, so der Kanzler, wolle zwar weiterhin nicht mit dem FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache koalieren, aber eine "grundsätzliche Diskussion" sei trotzdem notwendig, weil "der SPÖ-Parteitagsbeschluss gegen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ und die Realität [durch Koalitionen] "in mehreren Gemeinden und auch im Burgenland […] auseinanderklaffen". Darauf hatten in den vergangenen Tagen auch andere SPÖ-Politiker aufmerksam gemacht, darunter die stellvertretende Vorsitzende Sabine Oberhauser.
Der ehemalige SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch hatte der ORF-Nachrichtensendung ZIB2 am Freitag gesagt, er sei dafür, dass man sich von der FPÖ zwar "abgrenzen", diese aber nicht "ausgrenzen" solle. Nur das sollte seiner Ansicht nach "die rote Linie gegenüber den Blauen sein". Vorher hatte er seiner Partei in der Kleinen Zeitung gesagt, sie könne nicht "den Gemeindebau als Nazi-Hochburg abstempeln". (Ein Service für unsere deutschen Leser: Als Gemeindebau bezeichnet man in Österreich - und speziell in Wien - Arbeiterquartiere mit großen Mietskasernen.)
Gewerkschaftschef rät SPÖ, eine Regierungskoalition nicht auszuschließen
Das meint auch der österreichische Gewerkschaftsbundchef Erich Foglar, der dem Nachrichtenmagazin Profil sagte, man könne "die 35-Prozent-Hofer-Wähler nicht ins rechte Eck rücken", auch wenn man (wie der ÖGB) "strikt antifaschistisch" sei. "Viele dieser Menschen", so Foglar, "sind ehemalige SPÖ-Wähler und verstehen schon lange nicht mehr, warum ihre demokratische Entscheidung nicht akzeptiert wird".
Koalitionen sind seiner Meinung nach "in der Demokratie nichts Verwerfliches", weshalb die SPÖ "nicht jede Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ von vornherein ausschließen" könne. Von einer neuen Regierung erwartet er sich, dass die lange versprochenen neuen Wohnungen nicht nur "auf dem Papier" gebaut werden. Der Gewerkschaftsfunktionär geht allerdings davon aus, dass die (auch seiner Ansicht nach notwendige) Diskussion über ein neues Verhältnis der SPÖ zur FPÖ für die Sozialdemokraten "eine ziemliche Zerreißprobe" sein wird.
Als beharrlichster Gegner von Koalition mit der FPÖ gilt der Wiener Landesverband der Sozialdemokraten. Dort betont man derzeit, die Partei lasse sich "nicht spalten oder auseinanderdividieren" - das seien "Fantasien" und man blicke am 1. Mai, dem "'Hochamt' der Arbeiterbewegung" lieber "zurück auf ihre Errungenschaften und voraus in die Zukunft". Diese Wortwahl hatte der Wiener Obmann Michael Häupl vorgegeben, der offiziell davon ausgeht, dass der nächste österreichische Bundeskanzler trotz der schlechten Umfragewerte von SPÖ und ÖVP wieder ein Sozialdemokrat sein und Werner Faymann heißen" wird.
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