Abnehmen mit Wegovy & Co: Wenn man plötzlich an Suizid denkt
Eine Spritze gegen Übergewicht, die im Verdacht steht, schwer aufs Gemüt zu schlagen. Alarmierende Berichte aus den USA werfen Fragen auf. Wie sicher ist das Medikament?
Wer zu viele Pfunde auf den Rippen hat und abnehmen möchte, hat viele Möglichkeiten: Sport, zahlreiche Diäten – und inzwischen gibt es auch Medikamente, die die lästigen Pölsterchen schmelzen lassen. Unterstützt von Prominenten ist in den USA ein Wirbel um die Schlankheitsspritze Wegovy entstanden.
Auch in der Europäischen Union sollte die Spritze auf den Markt kommen. Doch noch prüft die europäische Arzneimittelbehörde EMA mögliche schwere Nebenwirkungen. So wird immer wieder berichtet, dass Menschen nach der Einnahme unter Depressionen und Selbstmordgedanken leiden.
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete am Donnerstag, dass die US-Arzneimittelbehörde zahlreiche solcher Fälle registriert habe. Seit 2010 habe die Food and Drug Administration (FDA) 265 Berichte über Selbstmordgedanken oder -verhalten von Patienten erhalten. Alle hätten Wegovy oder ähnliche Medikamente eingenommen.
Wegovy ist ein Medikament des dänischen Pharmaunternehmens Novo Nordisk. Es enthält den Wirkstoff Semaglutid, der Menschen mit starkem Übergewicht beim Abnehmen helfen soll. Das Medikament soll das Sättigungsgefühl erhöhen. Einmal wöchentlich gespritzt, verspüren die Patienten weniger Hunger und Appetit.
Wer nicht an Diabetes leidet, kann während der 18-monatigen Behandlung bis zu 15 Prozent seines Körpergewichts verlieren. Menschen mit Diabetes hingegen erhalten unter anderem das Medikament Ozempic. Dieses Medikament soll die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse regulieren. Auch Ozempic wird von Novo Nordisk hergestellt.
Aus den USA wird nun davon berichtet, dass bei beiden Medikamenten von Novo Nordisk oder ähnlichen Stoffen schwere Nebenwirkungen auftraten. In 36 Berichten hat die FDA dem Bericht von Reuters zufolge einen Tod durch Selbstmord oder vermuteten Selbstmord registriert.
Ob Medikamente tatsächlich dafür verantwortlich sind, lässt sich bisher nicht mit Sicherheit sagen. Thomas J. Moore von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health erklärte, dass viele nützliche Medikamente seltene und manchmal gefährliche Nebenwirkungen hätten, die von den Zulassungsbehörden sorgfältig bewertet werden müssten.
"Das heißt nicht, dass man automatisch dem Medikament die Schuld gibt", betonte er. Aber die Beschwerden der Patienten dürften auch nicht einfach abgetan werden.
Die Reuters-Analyse weist jedoch auf einen Zusammenhang zwischen der Einnahme des Medikaments und Selbstmordgedanken hin. In mehr als der Hälfte der Fälle traten die Selbstmordgedanken kurz nach Beginn der Einnahme oder nach Erhöhung der Dosis auf. In zwei Fünfteln der Fälle verschwanden die Symptome, nachdem das Medikament abgesetzt oder die Dosis verringert wurde.
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In den Unterlagen der Behörde fanden sich demnach 113 detaillierte Beschreibungen einzelner Vorfälle. Bei dreißig von ihnen lag allerdings eine Vorgeschichte von Depressionen, Selbstmordgedanken oder anderen psychischen Erkrankungen vor. Nur in fünf Fälle wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei den Patienten im Vorfeld keine psychischen Erkrankungen vorlagen.
Insgesamt gelten die Medikamente als sicher, zumal sie bereits von Hunderttausenden oder gar Millionen Patienten ausprobiert wurden. Dennoch sind Ärzte, Patienten und Behörden aufgerufen, auf schwerwiegende Nebenwirkungen zu achten.
Die EMA wird ihre Prüfung voraussichtlich im November abschließen. Es ist noch unklar, ob sie vor diesen Medikamenten warnen, Einschränkungen aussprechen oder die Hersteller auffordern wird, eine umfassende Sicherheitsstudie durchzuführen.
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