Abstimmen gegen SPAM!
Erste europaweite Online-Petition
Der Streit um die SPAM-Regelung der EU-Haftungsrichtlinie, die lediglich eine Kennzeichnung von Werbemails verlangt, tritt in eine neue Runde ein. Internetanwender unterhalten keine eigene Lobby und sind im politischen Meinungsfindungsprozeß daher kaum wahrzunehmen. Mit einer Online-Petition können sie sich allerdings jetzt Gehör verschaffen: In Kooperation mit Politik-Digital ermöglicht c't jetzt allen Internetanwendern, die SPAM-Petition online zu signieren. Sie fordert die Politiker in Brüssel auf, jede Belastung von Internetnutzern und Online-Providern durch unerwünschte Werbemails zu vermeiden.
Die Petition schlägt eine Opt-In-Lösung vor: Die Nutzer eines Online-Dienstes oder des Internet können sich durch Meldung bei einer eigens hierfür eingerichteten unabhängigen Stelle für den Empfang von Werbe-EMail aussprechen. Alternativ könnten die Online-Dienste und die Internet Service Provider die Bereitschaft zum Empfang von Werbe-EMails bereits in ihren Verträgen abfragen. Die Werbetreibenden können von der Stelle beziehungsweise von den Online-Diensten und den Internet Service Providern eine Liste derjenigen Nutzer, die Werbe-EMails wünschen, gegen ein Entgelt erwerben. Immerhin erhalten sie dadurch auch eine hochwertige Liste von interessierten Nutzern. Möglich ist, daß das Opt-In nach Interessen differenziert wird. So könnte man sich beispielsweise gegen Sex-SPAM verwahren, Werbemails von Buchhändlern jedoch zulassen.
Seit Freitag ist die Petition online. Alle EU-Bürger können sich hier eintragen. Binnen 24 Stunden hatten sich bereits die ersten 200 Bürger eingetragen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob, der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss und der bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele unterstützen die Petition. Mitte März soll die Petition den Abgeordneten im Brüssel überreicht werden, denn am 29. März soll die abschließende Arbeitssitzung im federführenden Ausschuß stattfinden..
Nach dem aktuellen Stand vom 18. November 1998 sieht der EU-Richtlinienentwurf vor, daß "kommerzielle Kommunikation per elektronischer Post klar als solche zu erkennen ist." Auch muß der Werbetreibende, sei es eine Person oder eine Firma, "klar identifizierbar" sein. Damit kann der Verbaucher "umstandslos" reagieren und die weitere Zustellung untersagen. Die Kosten für den Empfang beziehungsweise das Ausfiltern unerwünschter E-Mails müssen allerdings die Internetanwender selbst tragen. Damit verstößt der Entwurf gegen die bislang allgemein akzeptierten Verhaltensregeln im Internet, die Netiquette. Derzeit gibt es noch im Annex eine Klausel, die es den Mitgliedern überläßt, ob sie unerwünschte kommerzielle Mails generell verbieten, oder erlauben sollen. Damit ist die EU-Richtlinie ein zahnloser Papiertiger.
Auch bei der Werbewirtschaft ist etwas in Bewegung geraten: Völlig überrascht von der Protestwelle wütender Internetnutzer startete der Deutsche Multimediaverband (dmmv) eine Umfrage unter seinen 650 Mitgliedern. Der Verband war noch Mitte Januar auf dem Brüsseler Politparkett mit der Forderung aufgetreten, daß das Verschicken von Werbemails erlaubt sein solle - unter der Bedingung, daß die Mails als Werbung gekennzeichnet und auf einen Umfang von 5 Kilobyte begrenzt werden. Offensichtlich hatte die Verbandsspitze ohne eine vorangegangene Mitgliederbefragung im Alleingang die strittige Formulierung ins Spiel gebracht. Jetzt will sich die Geschäftsführung bei den Mitgliedern rückversichern. Fraglich ist jedoch, ob sich die DMMV-Mitglieder, zu denen Multimediaproduzenten, - agenturen, -inhalteanbieter, Online-Dienste und Internet Service Provider gehören, auch im Sinne der Internetanwender entscheiden werden