Adipositas: Weltweite Fettleibigkeit erreicht bis 2050 dramatische Ausmaße
Bei der Zunahme von Übergewicht sind immer mehr Länder des Globalen Südens betroffen
(Bild: India Picture/Shutterstock.com)
Eine neue Studie warnt vor einem dramatischen Anstieg von Fettleibigkeit weltweit. Mehr als jeder zweite Erwachsene könnte betroffen sein. Forscher sehen Handlungsbedarf.
Mehr als die Hälfte aller Erwachsenen und ein Drittel der Kinder und Jugendlichen weltweit werden bis 2050 übergewichtig oder fettleibig sein, wenn sich die derzeitigen Trends fortsetzen. Zu diesem alarmierenden Ergebnis kommt eine neue Studie, die am Montag in der renommierten Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht wurde.
Die Forscher analysierten Daten aus 204 Ländern und kommen zu dem Schluss, dass die Prävalenz von Übergewicht und Fettleibigkeit in den kommenden Jahren rapide ansteigen wird, insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
Sollten Regierungen nicht umgehend gegensteuern, drohe eine "Tragödie von monumentalem Ausmaß", warnte Co-Autorin Emmanuela Gakidou gegenüber dem Guardian.
Der Globale Süden nimmt zu
Bereits heute sind fast die Hälfte aller Erwachsenen weltweit übergewichtig oder fettleibig – eine Milliarde Männer und 1,11 Milliarden Frauen über 25 Jahre. Der Anteil der Betroffenen hat sich seit 1990 bei beiden Geschlechtern verdoppelt.
Setzt sich dieser Trend fort, werden den Prognosen zufolge bis 2050 etwa 57,4 Prozent der Männer und 60,3 Prozent der Frauen weltweit von Übergewicht oder Fettleibigkeit betroffen sein. Bei der jetzt prognostizierten Zunahme sind Länder des Globalen Südens, die ihre Ernährungssituation in den vergangenen Jahrzehnten stark verbessern konnten, deutlich stärker als früher betroffen.
So wird in absoluten Zahlen China mit 627 Millionen die meisten übergewichtigen Erwachsenen aufweisen, gefolgt von Indien (450 Millionen) und den USA (214 Millionen).
Besonders drastisch dürfte der Anstieg in Subsahara-Afrika ausfallen, wo sich die Zahl der Betroffenen aufgrund des Bevölkerungswachstums mehr als verdreieinhalbfachen könnte – von 137 Millionen im Jahr 2021 auf 522 Millionen im Jahr 2050. Nigeria sticht dabei besonders hervor: Hier könnte sich die Zahl der übergewichtigen Erwachsenen von 36,6 Millionen auf 141 Millionen fast vervierfachen.
Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen
Betroffen von der Entwicklung sind nicht zuletzt auch Kinder und Jugendliche. Zwischen 1990 und 2021 hat sich der Anteil der übergewichtigen Kinder und jüngeren Teenager (8 bis 14 Jahre) von 8,8 auf 18,1 Prozent mehr als verdoppelt. Bei jungen Erwachsenen unter 25 Jahren stieg der Anteil im selben Zeitraum von 9,9 auf 20,3 Prozent.
Bis 2050 wird den Prognosen zufolge jeder dritte junge Mensch von Übergewicht oder Fettleibigkeit betroffen sein. "Unsere Schätzungen zeigen, dass in weiten Teilen Europas und Südasiens übergewichtige Kinder und Jugendliche leben, die mit Präventionsstrategien erreicht werden sollten", sagt Co-Autorin Dr. Jessica Kerr vom Murdoch Children's Research Institute in Australien.
Zugleich habe man große Bevölkerungsgruppen, insbesondere jugendliche Mädchen, in Nordamerika, Australasien, Ozeanien, Nordafrika, dem Nahen Osten und Lateinamerika identifiziert, die Gefahr laufen, in den Bereich der Fettleibigkeit abzurutschen. "Hier sind dringend vielschichtige Interventions- und Behandlungsmaßnahmen erforderlich", so Kerr.
Enormer Druck auf Gesundheitssysteme
Die Studienautoren weisen darauf hin, dass Kinder heute schneller an Gewicht zunehmen als frühere Generationen und Fettleibigkeit in immer jüngerem Alter auftritt. Dies erhöhe das Risiko für Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs bereits in jungen Jahren.
Fast ein Viertel der übergewichtigen Erwachsenen im Jahr 2050 werden den Prognosen zufolge 65 Jahre oder älter sein. Dies werde den Druck auf ohnehin überlastete Gesundheitssysteme weiter erhöhen und in Ländern mit begrenzten Ressourcen zu chaotischen Zuständen führen.
Einen Hoffnungsschimmer gibt es: Die Studienautoren weisen darauf hin, dass die Prognosen noch nicht die möglichen Auswirkungen neuer Medikamente zur Gewichtsreduktion berücksichtigen. Diese könnten in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.