Äthiopien: Staatsterror mit Drohnen und rassistischer Verfolgung
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Rebellen der TDF und OLA rücken in Richtung der Hauptstadt Addis Abeba vor. Führung von Abiy Ahmed Ali regiert zunehmend panisch
Die zentralstaatliche Gewalt zerfällt in nahezu allen Regionen Äthiopiens in zunehmendem Maße. Hintergrund ist unter anderem, dass die Zentralarmee Ethiopian National Defense Force (ENDF) in großen Teilen durch die vorrückenden Kräfte der Tigray Defense Forces (TDF) aufgerieben worden ist.
Sofern Regionen nicht unter Kontrolle oppositioneller Kräfte wie der TDF, der Oromo Liberation Front (OLA) oder entsprechender anderer Gruppen stehen, wird das Machtvakuum zunehmend durch eritreische Kräfte oder mit Abiy Ahmed Ali verbündete lokale Milizen – vorwiegend Amharen – gefüllt. Mittlerweile gibt es allerdings kein Bundesland mehr, in dem nicht bewaffnete Oppositionsgruppen aktiv sind.
Schienen die Streitkräfte der Region Tigray zu Beginn des Jahres praktisch besiegt, sind sie – zur Überraschung vieler internationaler Beobachter – mittlerweile tief in Amharengebiet vorgerückt und nähern sich der Hauptstadt Addis Abeba.
Die USA, China, europäische und andere Staaten haben Aktionen zur Rückholung ihrer Bürgerinnen und Bürger aus Äthiopien gestartet. Offensichtlich will man ein Evakuierungsdesaster wie in Kabul verhindern. Die ersten ausländischen Firmen schließen ihre Produktionsstätten, etwa in der für Äthiopien bedeutenden Textilindustrie. Die Verbindung zum wichtigsten Hafen im Nachbarland Djibouti droht durch die TDF unterbrochen zu werden. Ziel der TDF ist hier zum einen, die Nachschublinien zu unterbrechen und zum anderen, die Blockade von Tigray zu beenden.
Ethnische Verfolgung, Hasspropaganda und Drohnen
Die Führung in Addis Abeba ist mittlerweile dazu übergegangen, willkürlich Zivilisten mit tigrayischer Abstammung zu verhaften und zu verschleppen. Hab und Gut von Tigrayern im ganzen Land wird geplündert.
In Addis Abeba sind von der Regierung initiierte Bürgerwehren aktiv und spüren Bürger aus Tigray auf, um sie den äthiopischen Sicherheitsorganen zu übergeben. Ein rassistisches Klima gegenüber Tigrayern wird vom Regime systematisch geschürt.
Tigrayer versuchen ihre Identität zu verbergen, indem sie regionaltypische Musik vermeiden, Kleidung und Haartracht verändern, das Haus nicht mehr verlassen und ihre Sprache nicht mehr sprechen. Dennoch wurden Berichte von vor Ort zehntausende allein in Addis Abeba verhaftet und verschleppt.
Teilweise werden inhaftierte Zivilisten in Frontnähe gebracht, um sie als angebliche Kriegsgefangene zu präsentieren – in der Hoffnung offenbar, so die angeschlagene Moral der äthiopischen Zentralarmee und der Bevölkerung zu verbessern.
Lokale Medien berichten von einer massiven Präsenz eritreischer Geheimdienstler in Addis Abeba. Nachdem bereits viele tigraystämmige Einwohner nach Eritrea verschleppt worden sind, drohen nun weitere Deportationen nach Eritrea.
Aus dem von amharischen Milizen und starken eritreischen Verbänden besetzten West-Tigray kommen ebenfalls Berichte über Massenverhaftungen von tigrayischen Zivilisten – vorwiegend Kinder, Frauen und Alte. Bussen bringen die Gefangenen in Richtung des Tekezeflusses.
Dieser Fluss spielte vor einigen Monaten bereits eine Rolle in internationalen Schlagzeilen, als zahlreiche Leichen mit zusammengebundenen Händen und Anzeichen von Folter im Wasser treibend gefunden wurden.
Nachdem die Zentralarmee dezimiert worden ist, setzt Abiy Ahmed Ali zunehmend auf Luftschläge und Drohnen. Dabei kommen türkische TB2, chinesische Wing Loong und iranische Mohajer-Drohnen zum Einsatz.
Die Tatsache, dass neuerdings auch nachts Drohnenangriffe auf die Hauptstadt Tigrays geflogen werden, spricht für den Einsatz von höherentwickelter Drohnentechnik. Allerdings ist zweifelhaft, ob eine Strategie allein der Luftüberlegenheit – ohne nennenswerte Kapazität bei den Bodenstreitkräften – letztlich zum Sieg führen kann.