AfD fordert Auflösung der EU – kassiert in Brüssel aber weiter Gehälter

"Undemokratisches Konstrukt": Hat die AfD EU-Gelder nicht mehr nötig? Bild: Diliff / CC BY-SA 3.0

Die Partei verlöre lukrative Mandate, wenn ihre Forderung erfüllt würde. Laut ihres Leitantrags verliert sie aber gerade die "Geduld" mit der EU. Was Abgeordnete dort finanziell ertragen müssen.

Momentan stellt die AfD noch neun Abgeordnete im Europaparlament – zwei weitere haben ihre Mandate auf dem Ticket der AfD gewonnen, sind aber inzwischen ausgetreten. Einer von ihnen ist der ehemalige Parteichef Jörg Meuthen, der nun der Deutschen Zentrumspartei angehört, weil ihm Anfang 2022 die Radikalisierung bisheriger Mitstreiter dann doch nicht mehr behagte. Seine zeitweilige Ko-Chefin Frauke Petry hatte deshalb schon 2017 kalte Füße bekommen.

Die Gehälter dieser Abgeordneten belaufen sich momentan pro Kopf brutto auf 9.808,67 Euro im Monat. "Diese Bezüge werden aus dem Haushalt des Parlaments bezahlt und unterliegen einer EU-Steuer und einem Versicherungsbeitrag, nach deren Abzug sie sich auf 7.646,00 Euro belaufen", klärt das Parlament auf seiner Homepage auf.

Hinzu kommen Sitzungs-Tagegelder in Höhe von 169 bis 338 Euro je nach Sitzungsort, Reisekostenerstattungen und 4.778 Euro Pauschalvergütung etwa für Büromiete, Telefonrechnungen und Abonnements, Computer- und Telefonanlagen sowie "Repräsentationszwecke" und die Organisation von Veranstaltungen.

Optimismus oder reine Provokation?

So gesehen ist es entweder Ausdruck von Optimismus oder reine Provokation, dass nun in einem Leitantrag der AfD die Auflösung der EU gefordert wird – schließlich würde sie lukrative Mandate und Infrastruktur verlieren und müsste bei Bundestagswahlen entsprechend mehr abgreifen oder deutlich mehr Spenden sammeln, würde der Antrag tatsächlich umgesetzt. Es sei denn, die "Wirtschafts- und Interessengemeinschaft" die sie anstelle der EU anstrebt, hätte ähnlich lukrative Posten zu bieten.

"Unsere Geduld mit der EU ist erschöpft", heißt es im Antrag der AfD-Programmkommission trotz des warmen Geldregens. Das Projekt sei gescheitert.

Wir streben daher die geordnete Auflösung der EU an und wollen statt ihrer eine neue europäische Wirtschafts- und Interessengemeinschaft gründen, einen Bund europäischer Nationen.


AfD-Leitantrag der Bundesprogrammkommission

Weiter bezeichnet die Programmkommission, der auch die aktuellen Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla angehören, die EU als "undemokratisches Konstrukt", das immer mehr Gewalt an sich ziehe und von einer "intransparenten, nicht kontrollierten Bürokratie regiert" werde. Für sich genommen könnte diese Kritik auch von links kommen. Schließlich sagt sie noch nichts darüber aus, ob die EU Geflüchtete zu gut oder zu schlecht behandelt, ob ihre sozialen Mindeststandards reichen und ob sie zu viel oder zu wenig Klimaschutz betreibt.

In der Partei Die Linke, die ebenfalls EU-Abgeordnete stellt, wird seit längerer Zeit darüber gestritten, ob und wie die EU im emanzipatorischen Sinn reformiert werden könnte. Die AfD-Programmkommission hält sie jedenfalls in ihrem Sinn nicht mehr für reformierbar.

Euro-kritisch war die AfD allerdings schon immer – nur sind einige Mitglieder, die das nicht mit völkischem Rassismus verbinden und nichts mit NS-Nostalgikern zu tun haben wollten, inzwischen längst aus der Partei ausgetreten. Darunter auch Franziska Schreiber, die nach Veröffentlichung ihres Buches "Inside AfD: Der Bericht einer Aussteigerin" eine Flut von Hassbotschaften und Drohungen erhalten hat. Unter anderem wurde ihr aus dem Umfeld ihrer Ex-Partei die Vergewaltigung durch geflüchtete Männer gewünscht.

In die rechte Schmuddelecke hat sich diese Partei sehenden Auges selbst gestellt. Aktuelle Umfragen geben der AfD gleichwohl Grund zum Optimismus: Momentan hat sie die Grünen, die sie in ihrem Kulturkampf als Hauptgegner sieht, überholt und könnte bundesweit auf rund 20 Prozent kommen.