AfD verärgert nach Wahlkampf-Zwischenfall CSU

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist spürbar genervt von der ultrarechten Konkurrenz. Foto: Markus Spiske / CC-BY-4.0

Mutmaßliche Attacke auf AfD-Chef Chrupalla bleibt mysteriös. Herrmann nennt die Öffentlichkeitsarbeit der Partei "infam und hinterfotzig". Warum die Nerven blank liegen.

Auch im Fall des mutmaßlichen Angriffs auf AfD-Chef Tino Chrupalla am Mittwoch in Ingolstadt gilt erst einmal die Unschuldsvermutung für alle – für externe und innerparteiliche Gegner oder sprichwörtlich: "Feinde, Erzfeinde, Parteifreunde". Allerdings herrscht außerhalb der AfD parteiübergreifende Skepsis, ob es überhaupt einen Angriff gab.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) macht der ultrarechten Konkurrenz schwere Vorwürfe: Es sei erschreckend, "wie infam und hinterfotzig die AfD im Landtagswahlkampf versucht, aus den Vorfällen bei ihrer eigenen Klientel Kapital zu schlagen, ohne die Ermittlungen abzuwarten", kritisierte Herrmann laut Medienberichten.

"Wenngleich von der Staatsanwaltschaft Ingolstadt aktuell ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wegen des Verdachts der Körperverletzung eingeleitet wurde, so gibt es bislang keine Erkenntnisse, dass Chrupalla angegangen oder angegriffen wurde", so der CSU-Politiker. Polizei und Staatsanwaltschaft würden jedoch weiter mit Hochdruck ermitteln. "Dabei gilt es auch, gesichertes Beweismaterial auszuwerten", sagte Herrmann.

"Stichverletzung" vs. "oberflächliche Rötung"

Von einer Wahlkampfveranstaltung am Mittwochabend war Chrupalla ins Krankenhaus gebracht worden. Der Hintergrund war zunächst unklar. Nach Polizeiangaben musste Chrupalla vor Beginn einer Rede hinter der Bühne medizinisch versorgt werden und wurde dann in die Klinik gebracht. Er habe über Schmerzen im Oberarm geklagt. Dort sei eine "oberflächliche Rötung bzw. Schwellung" festgestellt worden.

Die AfD-Bundesgeschäftsstelle hatte zuvor von einem "tätlichen Vorfall" gesprochen. In einer "Stellungnahme zum Zustand des Bundessprechers Tino Chrupalla" spricht die AfD von einer diagnostizierten "Stichverletzung".

Die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit verwies auf Augenzeugen, die den Einsatz einer Spritze nahelegten. Die AfD-Spitzenkandidatin zur bayrischen Landtagswahl, Katrin Ebner-Steiner, habe einen Angriff bestätigt, aber nicht genau sagen können, was passiert sei. Die Rede war demnach von einer aufgefundenen Nadel und zwei Festnahmen.

Die Polizei bestätigte aber nur, mehrfach Personalien aufgenommen zu haben, konkrete Verdächtige gab es zunächst nicht. Bei der Veranstaltung hätten zwar "nach dem derzeitigen Kenntnisstand mehrere Personen Selfies mit Herrn Chrupalla gefertigt, bei denen es zu einem leichten Körperkontakt kam", teilten die Staatsanwaltschaft Ingolstadt und das Polizeipräsidium Oberbayern Nord am Donnerstag mit. "Es liegen zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Erkenntnisse vor, dass Herr Chrupalla angegangen oder angegriffen wurde."

Erste Ermittlungsergebnisse nächste Woche

Allerdings heißt das noch nicht, dass die AfD den Vorfall vorgetäuscht oder inszeniert hat – die Ermittlungen dauern an: "Es wurden verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben. Unter anderem wurden Blutproben entnommen und die Kleidung, die Herr Chrupalla gestern bei der Veranstaltung getragen hat, untersucht", so die Ermittlungsbehörden. Auch werte die Polizei Bildmaterial aus und führe umfangreiche Zeugenvernehmungen durch.

Die Ergebnisse von Blutproben und kriminaltechnischen Untersuchungen werden erst nächste Woche erwartet. Nach AfD-Angaben konnte Chrupalla inzwischen das Krankenhaus in Ingolstadt verlassen. Alle mit ihm noch in Bayern geplanten Wahlkampftermine seien abgesagt worden. Der Freistaat wählt bereits am Sonntag einen neuen Landtag.

Scharfe Konkurrenz um rechtskonservative Wählerstimmen

Die AfD konkurriert in Bayern mit den bisherigen Koalitionsparteien CSU und "Freie Wähler" um Stimmen des rechtskonservativen Spektrums und befindet sich bundesweit im Umfrage-Hoch – allerdings kommt die ultrarechte Partei laut CSU-Chef Markus Söder nicht als weiterer Koalitionspartner in Frage. Das 1988 verstorbene CSU-Urgestein Franz Josef Strauß hat einst erklärt, rechts von den Unionsparteien dürfe es "keine demokratisch legitimierte Partei geben".

Sollte es für CSU und "Freie Wähler" wider Erwarten nicht reichen, wird die Regierungsbildung schwierig, da auch SPD und Grüne bei der CSU nicht hoch im Kurs stehen. Eine Koalition mit den Grünen hat Söder ebenfalls kategorisch ausgeschlossen – und die FDP könnte laut Umfragen den Wiedereinzug in den Landtag verpassen.