AfD vs. Bauhaus: Der alte Kampf um deutsche Identität

Seite 2: Nazis vs. Bauhaus

Im aufgeheizten politischen Klima der späten Weimarer Republik sah sich das Bauhaus einer neuen existenziellen Bedrohung gegenüber. Als die Nazis 1931 bei den Kommunalwahlen an die Macht kamen, forderten sie die Zerstörung des Bauhauses.

Das Bauhaus zog 1932 erneut um, diesmal nach Berlin, wo es als private Institution weitergeführt wurde, um weiteren Konflikten mit den immer mächtiger werdenden Nazis aus dem Weg zu gehen. Mit der Machtergreifung Adolf Hitlers Anfang 1933 fielen die Schule und ihre Mitarbeiter jedoch den antisozialistischen Maßnahmen der Nationalsozialisten zum Opfer.

Das Bauhaus schloss am 20. Juli 1933 seine Pforten, und seine Mitarbeiter verstreuten sich in alle Himmelsrichtungen. Viele gingen in die Vereinigten Staaten, wo sie das Erbe des "Bauhaus-Geistes" weitertrugen, indem sie sich der internationalen Bewegung der Moderne anschlossen, die in den 1950er Jahren zur prägenden westlichen Ästhetik wurde.

Obwohl die künstlerischen Einflüsse und Ausdrucksformen während der gesamten Zeit des Bestehens der Schule vielfältig blieben, wurden sie im Diskurs der Nachkriegszeit auf einfache geometrische Formen, eine Vorliebe für die Farben Weiß, Blau, Rot und Gelb sowie die Betonung horizontaler Linien und Perspektiven reduziert.

Die Nazis hatten die Ästhetik des Bauhauses als "entartet" bezeichnet. In der Zeit des Kalten Krieges verurteilte die sozialistische DDR-Regierung die Bauhaus-Moderne und ihre Anhänger als kosmopolitisch im negativen Sinne.

Ihnen wurde vorgeworfen, das deutsche nationale Erbe zugunsten eines internationalen "Formalismus" aufzugeben, wobei die Form – im Sinne von Funktion – über den kulturellen Inhalt gestellt wurde. Tillschneider formulierte noch provokanter: "Sie leugneten die Bindung des Menschen an sein Land und seine kulturellen Wurzeln".

Auch wenn dies eine gewaltige interpretatorische Überdehnung darstellt, sind diese Aussagen nicht überraschend.

In diesem Jahr jährt sich zum hundertsten Mal der Umzug nach Dessau, wo das Schulgebäude noch heute stolz als Unesco-Weltkulturerbe steht. Tillschneider nutzt diesen Anlass, um den Kulturkampf fortzusetzen, für den die AfD im letzten Jahrzehnt bekannt geworden ist.

Er setzt die CDU mit einem vereinfachten, handwerkerfeindlichen, antibürgerlichen und internationalistischen Bild des Bauhaus-Erbes gleich und unterstellt seinen politischen Gegnern, gegen deutsche Tradition und Kultur zu sein.

Das sind die nativistischen Stimmungen, die die AfD antreiben. Es ist eine Strategie der billigen Gewinne auf Kosten der Ängste der Wähler um die kulturelle und nationale Identität Deutschlands.

Katrin Schreiter ist Dozentin für Deutsch und Geschichte am King's College London (Großbritannien).

Dieser Text erschien zuerst auf The Conversation auf Englisch und unterliegt einer Creative-Commons-Lizenz.