Afrika am Tropf: Zwischen westlicher Ignoranz und Chinas Charmeoffensive
Chinesische Entwicklungshilfe hat in Afrika massiv an Bedeutung gewonnen.
(Bild: Oleg Elkov/Shutterstock.com)
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Die Afrikanische Union warnt vor einer drohenden Gesundheitskrise. Warum Donald Trump und die Staatsverschuldung als Ursachen gelten und China eine Alternative ist. Eine Analyse.
Der Schweizer Sozialphilosoph und ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, schrieb einmal ein Buch, das er "Wir lassen sie verhungern" nannte.
Mit sie war der gesamte afrikanische Kontinent gemeint, mit wir vor allem die europäisch-transatlantische Gemeinschaft der industriepolitischen Zentren der westlichen Welt. Im Jahr 2025 ist die Nahrungsmittelkrise zwar kaum überwunden, doch am Horizont zeichnet sich eine neue, umfassendere Krise für den gebeutelten Kontinent ab.
Wie die Afrikanische Union Anfang April 2025 in Nairobi erklärte, droht dem afrikanischen Kontinent eine beispiellose Gesundheitskrise. Aufgrund einer veritablen Finanzierungskrise könnte es ohne energische Gegenmaßnahmen zu einem Massensterben von zwei bis vier Millionen Menschen pro Jahr kommen.
Die Situation sei prekär durch die Aussetzung der US-Hilfe, das Ende von Usaid in seiner bekannten Form (Telepolis berichtete), die hohe Staatsverschuldung der einzelnen Länder sowie den Ausbruch mehrerer Infektionskrankheiten, so die Gesundheitsbehörde der Afrikanischen Union (CDC).
Auch die europäische Hilfe stockt. Das Schockierende: Laut CDC sind die Fälle "vermeidbar".
Auf Wohl und Wehen von Washington?
Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde (ebenfalls abgekürzt mit CDC) sind afrikanische Staaten vor allem im Gesundheitsbereich von ausländischer Hilfe abhängig. Bis zu "90 Prozent der Impfstoffe, Medikamente und Diagnostika kommen aus dem Ausland", so die Behörde.
Damit offenbart sich zugleich die Achillesferse der ehemals direkt abhängigen Staaten, sie sind auf Gedeih und Verderb vom Wohlwollen ihrer Geldgeber abhängig. Stockt der Kapitalfluss, dreht sich der politische Wind im Geberland, fehlt der politische Wille zur Unterstützung (siehe USA) oder fällt die nationalstaatliche Führung in westliche Ungnade (siehe Niger, Burkina-Faso oder Mali, in Westasien: Afghanistan), leidet die Bevölkerung.
Das Risiko einer Pandemie wird als hoch eingeschätzt. Doch schon das derzeitige Niveau ist kein Grund zur Entwarnung. Wie Ärzte ohne Grenzen am Beispiel Zentralafrikas erläutert, stand dort nur ein Arzt pro 10.000 Einwohner zur Verfügung, eine der niedrigsten Versorgungsraten weltweit.
Abhängigkeit durch Ressourcenfluch?
Mit der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auszusteigen, und der Streichung der US-Auslandshilfe durch seinen DOGE-Intimus Elon Musk wird deutlich, was in den politisch-ökonomischen Beziehungen zwischen Afrika und dem Westen ohnehin nicht zu leugnen war: Ohne Hilfe von außen droht Afrika der Kollaps.
Afrika wurde zwar formal in die Unabhängigkeit entlassen, die wirtschaftlichen Verflechtungen bestehen jedoch unvermindert fort. In den letzten Jahren floss rund ein Drittel der US-Entwicklungshilfe nach Afrika, ein Großteil davon in den Gesundheitssektor. Der traditionelle Deal war einfach: Zugang zu Rohstoffen, Absatzmarkt für Waren und Werkbank der westlichen Welt gegen eine Grundversorgung mit Almosen.
Die Ursache liegt im "Ressourcenfluch" begraben: Eine Industrialisierung des afrikanischen Kontinents liegt nicht im Interesse der Industrienationen des imperialistischen Zentrums.
Der Anteil Afrikas am Welthandel beträgt nur 2,5 Prozent (in Subsahara-Afrika weniger als 1 Prozent). Zwar gelten mehr als 20 afrikanische Staaten nach der IWF-Kategorie als "rohstoffreich", doch nur Ruanda, Botswana und die Kapverden schaffen es, bis zu 15 Prozent ihres Staatshaushalts für Gesundheit auszugeben (obwohl dies ein Beschluss der AU von 2001 ist).