Akio Toyoda: "Elektroautos werden den Markt nie dominieren"
Verzocken sich deutsche Autobauer? Die Zukunft des E-Autos wird nicht überall so vielversprechend gesehen wie von deutschen Politikern und Autoherstellern. Gastbeitrag.
Im Gegenteil: In China ist vom Verbrennerverbot keine Rede und Toyota-Chef Akio Toyoda prognostiziert dem Elektroauto bestenfalls einen Weltmarktanteil von 30 Prozent.
Im Januar 2024 hat sich mit Akio Toyoda ein absolutes Schwergewicht kritisch zum Elektroauto-Boom geäußert. Toyota, immerhin der umsatzstärkste Automobilhersteller der Welt, ist von dem unaufhaltsamen Siegeszug des Elektroautos, anders als deutsche Autobauer und Politiker, keineswegs überzeugt.
Der Vorstandsvorsitzende von Toyota, Akio Toyoda, sagte laut The Telegraph, dass Elektrofahrzeuge bestenfalls einen Anteil von 30 Prozent am Weltmarkt erreichen werden.
Akio Toyoda kommt zu dem Schluss, dass Elektrofahrzeuge niemals den globalen Automobilmarkt dominieren werden. Diese Aussage dürfte vielen Politikern und Automanagern im Lande nicht gefallen.
Weltweit leben eine Milliarde Menschen ohne Strom
Der Automobilgigant Toyota hat sich in den letzten Jahren offen gegen Regierungen und Nichtregierungsorganisationen gestellt, die eine hundertprozentige Umstellung auf Elektroautos innerhalb weniger Jahrzehnte, wenn nicht früher, fordern.
Laut Akio Toyoda wird der größte Teil des Marktes auf konventionelle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, Hybrid- und Wasserstoff-Brennstoffzellen-Fahrzeuge entfallen. Der Enkel des Gründers des Automobilgiganten sagte, der Umstieg auf Elektrofahrzeuge sei keine Lösung, solange weltweit eine Milliarde Menschen ohne Strom leben.
Das ist laut Statista derzeit der Fall. Und es wird aus meiner Sicht noch sehr lange dauern, bis in den ländlichen Regionen Afrikas, Südamerikas und Asiens eine ausreichende Ladeinfrastruktur vorhanden sein wird.
Der Kunde und nicht die Politik soll entscheiden
Auf einer Wirtschaftsveranstaltung in diesem Monat sagte Toyoda, es sei keine Lösung, die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher und ihre Reisemöglichkeiten durch die Produktion teurer Fahrzeuge einzuschränken.
Toyoda zufolge sollten die Kunden und nicht die Politik entscheiden, welche Fahrzeuge sie fahren möchten. Toyoda: "Die Kunden – und nicht Vorschriften oder die Politik – sollten diese Entscheidung treffen."
Er fügte hinzu: "Die Motoren werden sicher bleiben."
Toyoda, dessen Großvater den Autokonzern gegründet hatte, wehrte sich auch gegen Vorwürfe, Toyota hinke bei der Entwicklung von Elektroautos der Konkurrenz hinterher. Es sei richtig, dass sich der Autobauer auf alternative Technologien konzentriere.
Toyota gehört seit Langem zu den Vorreitern bei der Einführung neuer Technologien. Die zögerliche Einführung von Elektrofahrzeugen ist auf das Misstrauen gegenüber Lithium-Ionen-Batterien zurückzuführen.
Nachfrage nach Elektrofahrzeugen geht zurück
Toyota hat sich erfolgreich als Pionier auf dem Markt für Hybridfahrzeuge etabliert. In gewisser Weise scheint Toyoda Recht zu behalten, denn die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen geht zurück.
In den letzten Wochen wurde die Strategie von Toyota teilweise bestätigt, als das Unternehmen bekannt gab, dass es im Jahr 2023 einen Rekordwert von 9,2 Millionen Fahrzeugen produziert hat, wobei ein Monat des Jahres noch aussteht.
Es wird erwartet, dass die Jahresproduktion 10 Millionen Fahrzeuge übersteigen wird. Toyodas Äußerungen kommen wie eine donnernde Warnung, nachdem sich der Verkauf von Elektroautos in Großbritannien und Europa gegen Ende 2023 verlangsamt hat.
Das Auslaufen der Umweltprämie (die Große Koalition hatte beschlossen, die Förderung nicht abrupt 2024, sondern erst 2025 auslaufen zu lassen), ein ruinöser Preiskampf bei E-Autos – Volkswagen bot den ID.3 2023 für 43.000 Euro an, jetzt für 33.000 Euro – und eine unbefriedigende Ladeinfrastruktur sorgen in Deutschland nicht gerade für Begeisterung bei den Autokäufern.
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In den USA dreht sich der Wind
In den letzten Tagen hat Ford in den USA angekündigt, die Produktion des vollelektrischen F-150 Lightning im April zu drosseln, um "ein optimales Gleichgewicht zwischen Produktion, Umsatzwachstum und Rentabilität zu gewährleisten".
Der Preisverfall bei Elektroautos von Tesla in den USA sorgt für Unmut unter Elektroautobesitzern. Diejenigen, die während des Elektroauto-Booms zu Zeiten der Covid-19-Pandemie Elektroautos gekauft haben, erleben den Wertverlust ihrer Fahrzeuge live und in Farbe.
Es ist zu erwarten, dass die Preise für beispielsweise gebrauchte Teslas noch weiter fallen werden, insbesondere nachdem der Autovermieter Hertz Global Holdings beschlossen hat, 20.000 Elektrofahrzeuge auf den ohnehin rückläufigen Gebrauchtwagenmarkt zu bringen.
Als Grund nennt Hertz unter anderem die wiederholten Preissenkungen von Tesla, die sich negativ auf den Wiederverkaufswert der Flottenfahrzeuge ausgewirkt hätten. Zudem sei die Reparatur von Schäden bei Elektroautos etwa doppelt so teuer wie bei Verbrennern.
Gewinnt Trump die Wahl, ist der Elektroauto-Boom in den USA vorbei
Mit einem Wahlsieg von Donald Trump wird sich der Wind für Elektroautos in den USA aller Voraussicht nach massiv drehen. Was Trump von Elektroautos hält, verkündete er im Herbst 2023 vor streikenden Arbeitern der Autoindustrie in Michigan. Dort warnte Trump vor Elektroautos – und äußerte sich abwertend über deren Förderung durch Joe Biden.
Der ehemalige US-Präsident sagte zu den Streikenden, es sei egal, ob sie in den Verhandlungen mit den großen Autokonzernen ein gutes Ergebnis erzielten, wenn Elektroautos sie ohnehin überflüssig machen würden. Trump rief den Arbeitern zu: "Es macht keinen verdammten Unterschied, was ihr bekommt, denn in zwei Jahren seid ihr alle raus."
Laut Trump wird Bidens Förderung der Produktion von Elektroautos Arbeitsplätze in der gesamten Branche vernichten. Trump sagte, die Industrie werde "ermordet".
Er (Joe Biden, Einf. d. Red.) verkauft euch an China, er verkauft euch an Umweltextremisten und radikale Linke, an Leute, die keine Ahnung haben, wie schlecht das für die Umwelt sein wird.
Donald Trump
Folglich ist bei einem Wahlsieg Trumps bei den nächsten Präsidentschaftswahlen davon auszugehen, dass die Förderung von Elektroautos auf dem zweitgrößten Automarkt der Welt endet. Dies wird drastische Konsequenzen auf die Verkaufszahlen haben.
China fährt mehrgleisig
Während Deutschland und Europa alles auf die Karte "Elektromotoren" setzen und der Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor voraussichtlich ab 2035 in der EU nicht mehr möglich ist, fährt China zweigleisig. Das heißt: Elektro- und Verbrennermotoren.
China hat ein Verbot von Verbrennern ausgeschlossen. Ob die Elektrostrategie der deutschen und europäischen Automobilhersteller aufgeht und ob Verbrennerverbote in großen Ländern wie den USA, Indien, Russland sowie in den Ländern Südamerikas und Afrikas und Südostasiens tatsächlich kommen werden, ist fraglich.
Kommen sie nicht, dann hat sich Deutschlands Politik und seine Autobauer selbst ins Knie geschossen. Die Konsequenzen für Deutschlandlands Schlüsselindustrie und den Wirtschaftsstandort Deutschland werden dann verheerend sein.
Matthias Weik befasst sich seit über zwei Jahrzehnten mit dem Thema Finanzen und ist Experte für Exitstrategien. Er zählt seit Jahren zu den Bestseller-Autoren im Bereich Wirtschaft und Finanzen. Im März 2023 ist sein sechster Bestseller in Folge, "Die Abrechnung", erschienen.
Matthias Weik – hier auf X, Instagram und Facebook – bezeichnet sich selbst weder als Pessimist noch als Optimist, sondern als Realist.