Parken Sie mal kurz Ihren Bollerwagen, stellen Sie Ihr Bier zur Seite und lesen Sie diesen Beitrag
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Kulturgut zur Epidemie: In Deutschland trinken im Vergleich zum Ausland zu viele Menschen mehr als gesund ist. Vor allem heute. Und wenn sie Männer sind. (Mit nüchterner Leserdebatte)
Auch in diesem Jahr 2025 werden am Herrentag oder Vatertag wieder zahlreiche Männergruppen, oft mit Bollerwagen im Schlepptau, durch die Straßen ziehen. Das Bild der feiernden Männer, ob mit oder ohne Bollerwagen, prägt deutschlandweit diesen Tag. Doch bei aller Ausgelassenheit sollten gewisse Regeln beachtet werden, um Bußgelder zu vermeiden. Insbesondere beim Alkoholkonsum ist Vorsicht geboten, denn die gesundheitlichen Risiken sind nicht zu unterschätzen.
Regeln für Bollerwagen, Grillen und Alkoholkonsum
Grundsätzlich sind Bollerwagentouren erlaubt, solange sie den Verkehr nicht behindern. Das bedeutet, dass Radwege oder Straßen nicht blockiert werden dürfen, andernfalls drohen Bußgelder oder andere Sanktionen. Auch beim Grillen und Alkoholkonsum gibt es Einschränkungen zu beachten.
Alkohol ist am Vatertag oft ein fester Bestandteil der Feierlichkeiten, doch gerade beim Führen von Fahrzeugen ist Vorsicht geboten. Für Auto-, Motorrad- und E-Scooter-Fahrer gilt die allgemeine 0,5-Promille-Grenze (Stand: 09.05.2024). Auch Fahrradfahrer können ab einem Alkoholgehalt von 1,6 Promille im Blut mit einer Anzeige wegen Trunkenheit oder Gefährdung rechnen.
Für Fußgänger gibt es in Deutschland zwar keine Promillegrenze, dennoch sollte man verantwortungsbewusst handeln. Bei Unfällen unter Alkoholeinfluss kann Fußgängern eine Mitschuld gegeben werden. Rettungsstellen sind am Herrentag oft voll mit Patienten, die alkoholbedingte Verletzungen aufweisen.
Männer besonders stark von alkoholbedingten Todesfällen betroffen
Deutschland liegt beim Alkoholkonsum im europäischen Vergleich weit vorn. Mit einem Pro-Kopf-Konsum von 12,2 Litern puren Alkohols pro Jahr belegt Deutschland Platz vier, nur übertroffen von Rumänien, Tschechien und Lettland. In der deutschen Gesellschaft herrscht eine weitgehend unkritische Einstellung zum Alkoholkonsum vor, obwohl die Folgen gravierend sind.
In Deutschland sterben jährlich rund 47.500 Menschen an den Folgen von Alkoholkonsum, wobei Männer überproportional betroffen sind. Im Jahr 2023 konsumierten Männer zwischen 18 und 64 Jahren durchschnittlich 24 Gramm Reinalkohol pro Tag – eine Menge, die als gesundheitlich riskant eingestuft wird. Insgesamt konsumieren 7,9 Millionen Erwachsene (14,8 Prozent der 18- bis 64-Jährigen) Alkohol in gesundheitlich bedenklichem Ausmaß, bei 9 Millionen liegt ein problematischer Konsum vor.
Hohe volkswirtschaftliche Kosten durch Alkoholmissbrauch
Die volkswirtschaftlichen Kosten, die durch schädlichen Alkoholkonsum entstehen, belaufen sich jährlich auf rund 57 Milliarden Euro. Über 40 Milliarden Euro davon sind indirekte Kosten, die vor allem durch Produktivitätsverluste und Frühverrentungen verursacht werden. Trotz dieser alarmierenden Zahlen bleibt der Pro-Kopf-Verbrauch an Reinalkohol seit Jahren relativ konstant und lag 2023 bei 10,2 Litern pro Person ab 15 Jahren.
Alkoholkonsum erhöht Krebsrisiko, besonders bei Männern
Übermäßiger Alkoholkonsum erhöht nachweislich das Risiko für verschiedene Krebsarten. Schätzungen zufolge sind in Deutschland jährlich rund 22.000 Krebsneuerkrankungen auf Alkoholkonsum zurückzuführen. Männer sind dabei besonders gefährdet, da sie im Durchschnitt mehr trinken als Frauen. Zudem spielen genetische Faktoren wie Polymorphismen in den Genen ADH1B und ALDH2 eine Rolle, die das Risiko für eine Alkoholabhängigkeit erhöhen können.
Experten appellieren angesichts Tausender alkoholbedingter Krebsneuerkrankungen an die Politik, die Steuern für Alkohol zu erhöhen, das Abgabealter anzuheben und die Werbung einzuschränken. Studien zeigen zudem, dass der soziale Status nicht vor übermäßigem Konsum schützt. Unter Frauen mit höherer Bildung konsumieren etwa 16 Prozent riskante Mengen von mindestens 10 Gramm Reinalkohol täglich, bei Männern mit höherer Bildung sind es fast 18 Prozent, die über dem bedenklichen Konsum von 20 Gramm pro Tag liegen.
Alkohol als Kulturgut und die Folgen
In Deutschland zählt der exzessive Alkoholkonsum augenscheinlich zu den Kernen der Identität. Die Bedeutung des Alkoholkonsums für die deutsche Leitkultur zeigt sich auch daran, dass dort, wo der Konsum am größten ist, oft auch die Aversionen gegen alkoholaverse islamische Migranten Spitzenwerte erreichen.
Die Folgen des übermäßigen Alkoholkonsums sind jedoch nicht zu unterschätzen. Im Jahr 2016 starben in Deutschland 19.000 Frauen und 43.000 Männer an einer ausschließlich auf Alkohol zurückzuführenden Todesursache. Auf Gesamteuropa bezogen wird nach Aussagen der WHO jedes Jahr eine Mittelstadt durch Alkoholgenuss ausgelöscht – das sind jährlich 300.000 Menschen, die durch alkoholbedingte Krankheiten oder Unfälle ihr Leben verlieren.
Mehrheit für strengere Jugendschutzmaßnahmen
Erfreulich ist, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die aufgrund von Alkoholmissbrauch stationär behandelt werden mussten, im Jahr 2023 um 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen ist. Dennoch befürwortet die Mehrheit der Bevölkerung (72 Prozent) eine einheitliche Altersgrenze von 18 Jahren für den Alkoholkauf. Auch der politische Druck für strengere Werbe- und Jugendschutzmaßnahmen nimmt zu.
Fast 22.000 Kinder und Jugendliche tranken im vergangenen Jahr, "bis der Arzt kommt" und mussten wegen akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt werden. Für die Hersteller alkoholischer Getränke ist der rückläufige Konsum bei Jugendlichen ein Alarmsignal. Die Mehrheit der Deutschen spricht sich inzwischen für eine Einschränkung der Alkoholwerbung für Jugendliche aus. Sollte die Politik hier handeln, könnten Warnhinweise auf alkoholischen Getränken auch in Deutschland bald Realität werden.
Fazit: Bewusster Umgang mit Alkohol gefordert
Der Herrentag ist für viele Männer ein willkommener Anlass, um ausgelassen zu feiern und dabei auch dem Alkohol zuzusprechen. Doch angesichts der gravierenden gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Alkoholmissbrauchs ist ein bewussterer Umgang dringend erforderlich. Gerade Männer sollten ihre Trinkgewohnheiten kritisch hinterfragen und gegebenenfalls ändern.
Nur so lässt sich langfristig eine Trendwende erreichen und die hohe Zahl der alkoholbedingten Todesfälle und Erkrankungen reduzieren. Politik und Gesellschaft sind gefordert, durch strikte Regelungen und Aufklärung den Alkoholkonsum einzudämmen und insbesondere Kinder und Jugendliche vor den Gefahren zu schützen. Nur so kann verhindert werden, dass Alkohol weiterhin als Kulturgut verharmlost wird und die dramatischen Folgen ignoriert werden.
Dieser Beitrag erschien in Teilen bereits am 9. Februar 2024 und wurde aktualisiert. Bearbeitung und Aktualisierung: Harald Neuber