"Alle griechischen Schulden streichen, die durch die Auflagen neu entstanden sind"
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Gabi Zimmer (Die Linke) zur Europawahl
In Deutschland treten am 25. Mai zweiunddreißig politische Gruppierungen zur Europawahl an. Telepolis hat bekannten Kandidaten der sieben wichtigsten davon einige Fragen gestellt. Spitzenkandidatin für Die Linke ist die ehemalige PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer, mit der Reinhard Jellen über das TTIP-Abkommen, Lobbygruppen, die Eurokrise, den Krimkonflikt und die NATO sprach.
Frau Zimmer was kritisieren Sie am Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA?
Gabi Zimmer: Ich kritisiere, dass es sich dabei nicht um ein Handelsabkommen handelt, sondern um ein Freihandelsabkommen. Das heißt, alle Handelsbarrieren sollen beseitigt werden, ohne zu berücksichtigen, was es in den verschiedenen Ländern und Regionen an unterschiedlichen Standards und Traditionen gibt. In Europa und den USA herrschen aber verschiedene unterschiedliche Vorstellungen darüber, was etwa die Lebensmittelsicherheit anbelangt.
Es gibt auch ein unterschiedliches Grundverständnis darüber, wie Arbeitsnormen auszusehen haben und welche sozialen Kriterien dabei wichtig sind. Wenn man das alles weglässt, kann man zwar wunderbar Güter handeln und zum besten Preis anbieten, aber damit wird alles unterlaufen, was sich über Jahrzehnte hinweg sich in den jeweiligen Ländern an kulturellen, politischen, sozialen, gewerkschaftlichen und ökologischen Standards entwickelt hat. Das ist nicht gut, weder für die Beziehungen zwischen den Menschen und die Verhältnisse zwischen den Ländern untereinander.
Dazu kommt, dass dieses Freihandelsabkommen hinter verschlossenen Türen ausgehandelt wird: Nur etwa fünf Prozent der Abgeordneten im Europaparlament haben Einblick bekommen - und diese sind zum Stillschweigen verpflichtet. Am Tisch sitzen, wie offen zugegeben wird, Großkonzerne und andere Stakeholder, aber Vertreter von Gewerkschaften und Sozialverbänden sind nicht mit dabei. Wir werden dann im Europaparlament ein ausgehandeltes Abkommen auf den Tisch gelegt bekommen, zu dem wir nur noch "ja" oder "nein" sagen können, ohne die Möglichkeit, Änderungen einzufordern.
Ein weiterer Aspekt, den wir kritisieren, ist, dass TTIP einen Investitionsschutz beinhalten soll. Der würde vorsehen, dass Unternehmen, die investieren, aber zum Beispiel durch politische Entscheidungen oder gewerkschaftliche Aktionen in ihrer Gewinnerwartung getrübt werden, die jeweilige Regierung des Landes vor einem Drei-Personen-Gericht dafür haftbar machen könnten. Gegen solche Entscheidungen gäbe es keine Rechtsmittel. Es gibt bereits Fälle wie den des Energiekonzerns Vattenfall, der die Bundesrepublik auf Schadenersatz wegen des Atomausstiegs verklagt hat.
Ich denke, das hat mit Demokratie nichts zu tun. Da können die Parteien gleich dazu aufgefordert werden, ihre Wahlprogramme zunächst bei den Konzernen einzureichen und zu fragen, ob sie Bedenken haben bezüglich zukünftiger Gewinnerwartungen.
Gibt es hier Bereiche, von denen Sie sich positive Effekte für die Bevölkerung erhoffen?
Gabi Zimmer: Unter diesen Umständen nicht. Ich würde mir sehr wohl von Handelsabkommen positive Auswirkungen erwarten, aber so wie dieses Freihandelsabkommen konstruiert werden soll, muss man diese wirklich mit der Lupe suchen. Zwar wird behauptet, dass damit Hunderttausende von Arbeitsplätzen geschaffen werden würden und sich ein rasantes Wirtschaftswachstum einstellt. Meine Fraktion hat in einer Studie untersuchen lassen, was es mit diesen Prognosen auf sich hat: Die von Befürwortern vorgelegten Zahlen haben teilweise gar keine realen Grundlagen. Im Gegenteil muss zunächst mit erhöhter Arbeitslosigkeit und Mehrausgaben für die Sozialkassen gerechnet werden.
Wenn man sich außerdem andere Freihandelsabkommen anschaut, bei deren Abschluss auch großartige Arbeitsplatzzuwächse in Aussicht gestellt wurden, stellt man fest, dass diese positiven Effekte ausgeblieben sind.
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