Alles "ernst nehmen" - und Sprüche klopfen
Wie Politikprofis auf den Demodrang von Pegida und Co. reagieren
Die Neigung von Bundesbürgern (und, wenn auch weniger zahlreich, Bundesbürgerinnen), unter dem Ruf "Wir sind das Volk" über Straßen zu ziehen, nimmt eher zu, vorerst jedenfalls. Also müssen sich diejenigen, denen per Wahlen die Aufgabe zugekommen ist, das Volk zu repräsentieren und zu regieren, etwas einfallen lassen. Demonstranten in ansehnlicher Zahl lassen sich nicht aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängen, sie kommen ins Bild, mehr oder weniger, je nach politischen Vorlieben der TV-Redaktionen. Das ist immer noch der kommunikative Vorteil des kollektiv-körperlich auftretenden Protests gegenüber dessen digitaler Form.
Die Teilnahmequote bei den Pegida-Märschen ist bevölkerungsstatistisch nicht dramatisch, aber doch so beträchtlich, dass die Politikprofis sich äußern müssen; und Gegen-Demos finden statt. Schweigen geht nicht, denn die parteipolitische Konkurrenz redet ja. Herausgebildet haben sich etliche vorrangige Redensarten.
Am beliebtesten ist der Spruch, die Sorgen der Demonstranten werde "die Politik ernst nehmen", zudem bestehe in der Bundesrepublik "Demonstrationsfreiheit", aber für Fremdenhass sei "in Deutschland kein Platz". Diese Worte aus hochamtlichen Mündern sind mehrseitig ausdeutbar. Bei den Dresdner Montagsereignissen beispielsweise können Pegida-Zuläufer wie auch deren Kontrahenten - soweit diese oder jene nicht radikalistisch gestimmt sind - darin Anknüpfungspunkte für sich finden, wohlwollendes "Verständnis". Vielerlei Interpretationen bieten sich an, diffus wie das Spektrum der politischen Gefühle in den Demos selbst, etwa:
Hass soll ja gar nicht sein, aber raus müssen sie schon aus unserem Land, die Korangläubigen, die Zigeuner und andere Exoten. Jetzt haben wir unsere Regierenden wenigstens aufgeweckt, in dieser Angelegenheit.
Aber auch: So geht das nicht, wie die Pegida-"Patrioten" das machen, da wird die Bundesrepublik blamiert und Extremisten bekommen eine Chance, die Zuwanderungsfrage lässt sich doch in aller administrativen Ordnung lösen.
So oder so - die Regierenden, das ist die Botschaft, nehmen Befürchtungen im Volke "ernst", die einen wie die anderen, und deshalb: "Lieb Vaterland, magst ruhig sein", altertümlich ausgedrückt. Vielleicht sollten die Behörden das Demonstrationsrecht, es hat eben auch seine Risiken, regulierend selbst in die Hand nehmen: Ein Demo-Wochentag für Pegida-Sorgen, ein anderer für Besorgnisse angesichts Pegida...
Das müsste von ganz oben geregelt werden, großkoalitionär, damit nicht Reibungsverluste beim Regieren auftreten. Ein Bundesminister ist da noch ungeschickt beim Sprüchemachen - er hat die Pegida-Demos als "eine Schande für Deutschland" bezeichnet; etwas Patriotisches hat diese Formulierung übrigens auch, aber das werden schändliche Patrioten nicht verstehen. Der Mann wird sich gewiss rhetorische Ausgewogenheit noch aneignen, denn auch im Terrain der SPD hat die Angst vor der "Migrantenflut" ihren stillen Platz, da ist "Verständnis" der Parteioberen zu erwarten. Mein Eindruck: Ernst nehmen muss man sie nicht, die Politikersprüche zum Thema Pegida etc.