Alles in Ordnung bei der NSA

Gelauscht werde bei ausländischen Unternehmen nur im Fall von Geldwäsche, Bestechung oder Waffenhandel

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Michael Hayden, oberster Boss des amerikanischen Geheimdienstes, der im eigenen Land und vornehmlich in Europa wegen des globalen Lauschsystems Echelon unter Beschuss geraten ist, nahm, wie das Wall Street Journal gestern berichtete (siehe Cryptome), die Gelegenheit wahr, um bei einer Anhörung des für die Geheimdienste zuständigen Kongressausschusses darzulegen, dass keine der Beschuldigungen zutrifft.

Hayden räumte ein, dass die NSA ihr weltweit verteiltes Netz an Lauschposten auch zum Sammeln von wirtschaftlichen Informationen einsetze. Aber das geschehe nur im Fall von Geldwäsche, Bestechung oder Waffenhandel. Dabei gehe es weder um Ausspionieren von Wirtschaftsgeheimnissen noch um eine Unterstützung der US-Wirtschaft, um ihr Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Im übrigen seien die Behauptungen absurd, die NSA würde mit Echelon alle Emails, Faxnachrichten oder Telefongespräche in Europa nach bestimmten Begriffen abhören.

Hayden wollte die Gerüchte über die Allmacht offenbar vor allem dadurch ins Reich der Legenden verweisen, indem er noch einmal erzählte, dass im Januar die Computersysteme im Hauptquartier der NSA in Maryland 80 Stunden lang wegen technischer Fehler ausgefallen seien. Dadurch aber sei man nicht mehr imstande gewesen, die auf der ganzen Welt abgehörte oder gesammelte Information zu analysieren: "Können Sie sich die Kapazität vorstellen, die man benötigen würde, um die gesammelten Informationen von dreieinhalb Tagen zu speichern, wenn wir alles auf der Welt abhören würden", fragte Hayden rhetorisch und fügte hinzu, dass man höchstens 12 Stunden gebraucht habe, um das Angesammelte dann zu verarbeiten. Das freilich sagt uns nicht sehr viel darüber, was nun die NSA wirklich abhört (Der amerikanische Geheimdienst NSA ist technisch und organisatorisch in Nöten, Computerausfall bei der NSA).

Ansonsten wurde Hayden auch vom Noch-CIA-Chef George Tenet, der seinen Job aufgeben und in die Wirtschaft gehen will, unterstützt. In manchen Ländern sei es zwar üblich, so Tenet, dass die Geheimdienste auch zur Wirtschaftsspionage eingesetzt werden, aber in den USA sei dies nicht der Fall.

Hayden wehrte sich wieder gegen die Vorwürfe, die NSA würde die Kommunikation amerikanischer Bürger abhören. Da gebe es schließlich strenge Kontrollen, weswegen dies auch nicht passiert. Die NSA benötige dazu einen gerichtliche Bewilligung, wenn die nationale Sicherheit bedroht sei und das Ziel ein Spion oder ein Terrorist sei. Solche richterlichen Genehmigungen würde man aber durchschnittlich nur sechs Mal im Jahr erhalten. Der NSA wurde auch vorgeworfen, die gesetzlichen Beschränkungen dadurch zu umgehen, dass die am Echelon-System beteiligten Geheimdienste der anderen Länder amerikanische Bürger belauschen und dann die Information weitergeben. Hayden meinte, das sei einfach nicht wahr, und wieder kann man das glauben oder auch nicht.

Der letzte Woche veröffentlichte Bericht Cryptography & Liberty 2000 des EPIC nährte allerdings noch einmal den Verdacht, dass die NSA Microsoft und IBM dazu gebracht haben könnte, in ihre Programme zur Verschlüsselung Hintertüren für den Geheimdienst eingebaut zu haben. Verwiesen wird auf eine Aussage des Kongressabgeordneten Curt Weldon, Mitglied im National Security Committee und Vorsitzender des Military Research and Development Subcommittee, der 1999 gesagt haben soll, dass es zwischen den Konzernen und der NSA auf höchster Ebene Gespräche über den Zugang zu verschlüsselten Daten gegeben haben soll. Der Verteidigungsminister habe ihm mitgeteilt, dass es durch Gespräche mit Gates und Gerstner eine Möglichkeit geben werde, "Zugang zu Systemen zu erhalten, wenn wir das benötigen." Er habe etwa gehört, dass bei Desert Storm "unsere Offiziere im Schlachtfeld aufgrund unserer Möglichkeit, die Codes von Husseins Militär abzuhören und zu knacken, bereits die Befehle von Saddam Hussein gekannt haben, bevor seine eigenen Offiziere sie erhalten haben." Weldon sagte weiter: "Ich habe mich dafür eingesetzt, dass wir der Verschlüsselungs- und Softwarebranche in diesem Land hohe neue Steuererleichterungen gewähren, um ihnen einen größeren Anreiz zu geben, in Amerika zu bleiben und hier ihre Arbeit auszuführen ... Ich will absolut sicher sein, dass wir im Hinblick auf unsere Möglichkeit, mit unseren Geheimdiensten im Ausland zu agieren, im Ausland eine Informationsvorherrschaft besitzen und alle Werkzeuge einsetzen können, die der CIA und das Verteidigungsministerium in feindlichen Verhältnissen benötigen ..."

Bestärkt wurden die Vermutungen durch Andrew Fernandes von Cryptonym, der in Microsofts NT einen Backup-Schlüssel mit dem Namen NSAKEY gefunden hatte (Peinlicher Fehler deckt die Unterwanderung von Windows durch die NSA auf). Microsoft wies allerdings den Verdacht zurück und sagte, dass der Schlüssel nur so genannt worden sei, weil es darum gegangen sei, mit den technischen Anforderungen der NSA übereinzustimmen. The Register meint, das Problem mit dieser Erklärung sei, dass es von der NSA keine technischen Standards für öffentlich erwerbbare Verschlüsselungsprogramme gebe. Überdies wisse man, dass IBM mit der NSA 1996 vereinbart habe, Lotus Notes mit einer 64-Bit-Verschlüsselung exportieren zu dürfen, wenn der Geheimdienst dafür 24 Bits erhält. Die restlichen 40 Bits hätte die NSA zu dieser Zeit knacken können.