Alte Männer unter sich – Bundestag wird grauer und männlicher

Christoph Jehle
Reichstaggebäude: Ansicht mit Inschrift

Bild: ANGHI / Shutterstock.com

Der neue Bundestag schrumpft auf 630 Sitze. Doch nicht nur die Größe ändert sich. Der Bundestag wird zum Club der alten Herren. Ist das eine Folge der Reform?

Vor der Wahl wünschten sich in den Umfragen 33 Prozent der Befragten Friedrich Merz als nächsten Bundeskanzler. Somit führt der CDU-Vorsitzende die Beliebtheitsliste der Spitzenkandidaten an. Im Politbarometer des ZDF bescheinigten auch 27 Prozent der Befragten, dass Merz die größte Sachkompetenz vorweisen könne.

Besonders sympathisch scheint der Sauerländer ohne Regierungserfahrung jedoch nicht zu sein. Bei den Sympathiepunkten liegt Merz im Kandidatenvergleich gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz mit nur 12 Prozent auf dem letzten Platz und noch hinter AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, die immerhin 14 Prozent erreicht.

Mit Abstand am sympathischsten für die Wählerinnen und Wähler ist Robert Habeck mit 38 Prozent. Dem ehemaligen Spitzenkandidaten der Grünen schreiben die Befragten auch die größte Glaubwürdigkeit zu. Bei der Wahl spielte "repräsentierte Kompetenz" eines Kandidaten aber anscheinend eine größere Rolle als Glaubwürdigkeit.

Das Bild vom Spitzen-Treffen der CDU/CSU am vergangenen Dienstag spricht Bände.

Mit dem Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz, CSU-Chef Markus Söder, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und CSU-Generalsekretär Martin Huber sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei sitzen sechs offensichtlich bestens gelaunte westdeutsche Männer an einem Tisch.

Alle sind über 40 Jahre alt und ganz offenbar ohne Migrationshintergrund. Es verspricht keinen guten Start für die kommende Bundesregierung, dass keine Frau auf dem Bild ist, als gäbe es diese gut 50 Prozent der deutschen Bevölkerung gar nicht. Und Deutschland würde von westdeutschen Männern hervorragend repräsentiert, wobei bei den Männern das Drittel mit Migrationshintergrund nicht repräsentiert wird.

Aber das waren in den 1950er- und 1960er-Jahren ja auch keine Zuwanderer, sondern nur "Gastarbeiter" auf Abruf und von den Gästen erwartete man, dass sie nach getaner Arbeit Deutschland wieder verlassen würden.

Rolle rückwärts auch beim Regierungs-Programm

Der trotz seiner bald 70 Jahre noch verblüffend impulsive Kanzlerkandidat wird als Kanzler einen beträchtlichen Teil seiner Zeit dafür benötigen, um seine spontan ausgeworfenen, wenig fundierten Vorstellungen zurückrudernd wieder einzufangen. Wie sich das in Regierungsverantwortung anfühlt, muss der Kanzler-Azubi erst noch lernen.

Mit seinem Vorschlag eines Zuwanderungsbegrenzungsgesetzes fällt er ebenso in Zeiten zurück, als es noch keine Europäische Gemeinschaft gab, deren Gesetze und Vorschriften der nationalen Gesetzgebung übergeordnet sind.

Auch mit der Liberalisierung der Energiemärkte scheint Merz zu fremdeln, wenn er freihändig und spontan in die Märkte eingreifen will, um Netzentgelte zu senken oder ad hoc die Kernkraft wiederbeleben will, für die es weder Investoren noch ausgebildetes Personal gibt.

Dass es gleich im ersten voraussichtlichen Regierungsjahr unter Merz, der gerne mehr Netto vom Brutto versprochen hat, jetzt aufgrund der steigenden Sozialbeiträge gerade auch für seine Hauptklientel die Rentner Einschnitte geben wird, dürfte die Freude über den mageren Wahlsieg noch weiter eindampfen. Und die Rentner sollen mit dem Programm ″Agenda 2030″ noch stärker zur Ader gelassen werden.

Für Rentner, die freiwillig weiterarbeiten müssen, will die CDU die sogenannte Aktivrente einführen. Dabei soll ein Verdienst bis 2.000 Euro im Monat steuerfrei bleiben. Die Kranken- und Pflegekassenbeiträge bleiben für den Zusatzverdienst jedoch weiter fällig.

Aber auch vor der Rente bleibt den Arbeitnehmern weniger Geld in der Tasche, wenn das Ziel darin besteht, den Vermögenderen mehr Geld zukommen zu lassen und in der Masse zu sparen.

Mit der geplanten ″digitalen Bundesagentur für Fachkräfte-Einwanderung″ will man offensichtlich auch das historische Gastarbeitermodell in digitaler Form wieder aufleben lassen, um die Löhne in Deutschland faktisch deckeln zu können.

Frauen zurück an den Herd als Regierungsziel?

Wenn dem CDU-Vorsitzenden Merz statt dem traditionellen ″Ramba Zamba″ ein maskulines ″Rambo Zambo″ entfleucht, sagt das möglicherweise noch mehr über seine Denkweise aus, als ihm bewusst ist.

Die C-Parteien scheinen ihrem Namensursprung offensichtlich stärker verhaftet, als heute noch artikuliert. Im Buch Genesis Kapitel 2 wird berichtet, dass die Frau vom Mann abstammt und ihm daher auch nachgeordnet ist.

Damit fällt die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau letztlich auf ein klar vorchristliches Niveau zurück, das man seit Jahren überwunden glaubte: Der Familienvater als der alleinige Ernährer der Familie und die Ehefrau als nachgeordnete Verantwortliche für Bildung und Soziales.

Während der Frauenanteil in der vergangenen Legislaturperiode noch bei 35 Prozent lag, sank er in der nächsten auf 32,4 Prozent. Der Frauenanteil im Bundestag ist bei den rechtskonservativen Parteien CDU, CSU und AfD am niedrigsten.

Die CDU/CSU liegt mit einem Frauenanteil von 25/22,6 Prozent noch signifikant unter der Durchschnittsquote im Parlament, wird aber von der AfD mit einem Frauenanteil von nur 11,8 Prozent noch getoppt. Die meisten Frauen finden sich bei den Grünen mit 61,2 Prozent, der Linken mit 56,2 und der SPD mit 41,1 Prozent.