Am Pier gesunken: Die Geschichte um Chinas neuestes Atom-U-Boot wirft Fragen auf

Chinesisches U-Boot am Dock

Symbolbild: Ein chinesisches U-Boot am Dock (Symbolbild)

(Bild: Shutterstock.com)

Erstes Schiff neuer Klasse vor Indienststellung gesunken. USA berichten von Bergungsversuch. Was steckt hinter dem Vorfall?

Chinas neuestes Atom-U-Boot ist offenbar noch vor seiner Fertigstellung am Pier ins Meer gesunken. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuter unter Berufung auf einen hochrangigen Beamten des US-Verteidigungsministeriums, der anonym bleiben wollte. Das Boot war offenbar lange Zeit auf Satellitenbildern zu sehen, bis es zwischen Mai und Juni auf einmal verschwand.

USA: "Vertuschung nicht überraschend"

Das von der staatlichen China State Shipbuilding Corp. gebaute U-Boot wurde Ende Mai an einem Kai am Jangtsekiang beobachtet, als es die letzten Ausrüstungsgegenstände vor dem zu Wasser lassen erhielt.

Satellitenbilder des US-Erdbeobachtungsdienstes Planet Labs vom Juni zeigen Spezialkräne auf der Wuchang Werft in Wuhan. Diese werden offenbar benötigt, um das U-Boot aus dem Flussbett zu heben.

Die chinesische Botschaft in Washington erklärte am Donnerstag, sie habe keine Informationen über den Vorfall. "Wir sind mit der von Ihnen erwähnten Situation nicht vertraut und haben derzeit keine Informationen darüber", sagte ein chinesischer Beamter.

Der US-Beamte sagte, es sei "nicht überraschend", dass die chinesische Marine den Vorfall verheimliche. Der derzeitige Status des U-Bootes ist unbekannt.

Zweifel an Chinas modernster U-Boot-Plattform

Der Vorfall wirft Fragen über die Produktions- und Sicherheitsstandards der chinesischen Marine auf.

Wie James Char, ein chinesischer Verteidigungsexperte an der S. Rajaratnam School of International Studies in Singapur erklärte, werfe der der Vorfall "Fragen mit Blick auf die Produktions- und Sicherheitsstandards bei einer modernsten Plattformen der chinesischen Marine" auf.

"Dies lässt nicht nur Zweifel an der Überlebensfähigkeit des neuen U-Boots aufkommen, sondern erinnert uns auch an die potenziellen Gefahren, denen Streitkräfte auf der ganzen Welt beim Umgang mit Nuklearmaterial ausgesetzt sein können", sagte Char.

Bei dem mutmaßlich gesunkenen Boot handelt es sich um das erste U-Boot der neu konstruierten Zhou-Klasse, das über ein X-förmiges Heck für erhöhte Manövrierbarkeit bei niedrigeren Schallemissionen verfügt. Die selbe Bauform nutzt Chinas Marine auch bei neuen dieselelektrischen Booten (Telepolis berichtete).

Wie das Wall Streeit Journal schreibt, das als erstes Medium über den Vorfall berichtete, wurde das U-Boot wurde zwar geborgen, aber es werde wahrscheinlich "viele Monate" dauern, bis es wieder in See stechen kann.

"Das ganze Boot wäre voller Wasser", sagte der ehemalige US-Marineoffizier und Militäranalyst Thomas Shugart gegenüber der Zeitung. "Man müsste die gesamte Elektronik reinigen. Die Elektromotoren müssten möglicherweise ersetzt werden. Es wäre eine Menge Arbeit."

Die Wahrscheinlichkeit eines Strahlungslecks sieht Shugart hingegen als gering an, da das Boot im Wartungsmodus war und die Reaktoren "vermutlich nicht mit großer Leistung liefen".

Schneller Ausbau der Marine

China hat mit 370 Schiffen die größte Marine der Welt und arbeitet im Kontext der zunehmenden Spannungen im Südchinesischen Meer derzeit mit rasantem Tempo am weiteren Ausbau seiner maritimen Fähigkeiten. Die USA sind trotz der geringeren Anzahl an Schiffen jedoch technologisch überlegen.

Ein Schwerpunkt der Chinesen liegt auf dem Ausbau der U-Bootflotte, die derzeit 12 nuklear betriebene und 48 dieselelektrische Boote umfasst. Prognosen des Pentagon zu Folge dürfte Chinas U-Boot-Flotte bis 2025 auf 65 und bis 2035 auf 80 anwachsen.

Im Jahr 1969 ereignete sich in den USA ein ähnlicher Vorfall, als das ebenfalls atomar angetriebene U-Boot USS Guitarro aufgrund von Pfusch bei seiner Fertigstellung in einer kalifornischen Werft sank. Mit erheblichem finanziellem Mehraufwand konnte es schließlich 32 Monate später offiziell in Dienst gestellt werden.