Am Sonntag "Waffenruhe" in der Ukraine?

Sicher ist: "Hybrid" wird weiter Krieg geführt

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An diesem Sonntag, so ist es beim Treffen in Minsk vereinbart, sollen im Osten der Ukraine "die Waffen schweigen" - aber ungewiss ist, ob und inwieweit es dazu kommt und was daraus folgt. Wer dazu einigermaßen begründete Vermutungen entwickeln will, wird folgende Realitäten bedenken müssen:

  • Einer der Hauptakteure im Kampf um die Ukraine war in Minsk gar nicht beteiligt. Die Regierung der USA hat also allen Spielraum, um die Ereignisse am Sonntag und danach in eigener Machtvollkommenheit zu deuten und zu bewerten.
  • Das Leitmotiv der Regierung in Kiew bleibt in jedem Falle, die eigenen "militärischen Fähigkeiten" zu steigern, gestützt in erster Linie auf die USA; diese politische Strategie ist zeitgleich zu der Vereinbarung von Minsk von den in Kiew führenden Politikern auch offen verkündet worden.
  • Der Präsident der Vereinigten Staaten steht im eigenen Lande unter dem Druck, "Härte" gegenüber der russischen Politik zu zeigen. Der Staatspräsident der Ukraine wird in seinen eigenen Reihen bedrängt, "hart zu bleiben" - er muss fürchten, von militanteren Kräften beiseitegeschoben zu werden.
  • Weder Putin noch Poroschenko oder Jazenjuk haben jene Milizen, die in der Ostukraine gegeninander kämpfen, voll im Griff; explosive Eigenmächtigkeiten von Warlords dort sind nicht auszuschließen. Die lassen sich dann propagandistisch nutzen.
  • Die Kiewer Regierung ist keinesfalls in der Lage, ohne dauerhafte Alimentation durch westliche Staaten zu überleben. Um diese finanziellen Leistungen auch gegen widerstrebende "Sponsoren" vor allem EU-Länder) durchzusetzen, braucht sie die Begründung mit einer heftigen "Bedrohungslage".

Postmoderne Kriege werden, so der neue Begriff, "hybrid" geführt, in einer Kombination von militärischen Einsätzen, Stellvertreterkämpfen, Aufrüstungen als Druckmitteln zur volkswirtschaftlichen Selbstruinierung, Revolutionsimporten, geheimdienstlichen Operationen, massenmedialen Zugriffen auf die Köpfe der Menschen und Ökonomieschlachten. So auch im Konflikt um die Ukraine und die Zukunft Russlands.

Während Merkel und Hollande jetzt hoffen, Minsk werde ihnen zumindest keine rasche Blamage zufügen, laufen westliche "Hilfsmaßnahmen" für die Ukraine weiter, die der Aufrüstung dort dienen: US-Militärberater sollen entsandt werden, NATO-Manöver als "politisches Signal" sind angekündigt, der IWF will 40 Milliarden für die Regierung in Kiew zusammenbringen, selbstverständlich hat dieses Programm eine "militärische Komponente". Entspannungspolitik ist das alles keineswegs.

Auf der anderen Seite kann sich Putin nicht allzu viel Nachgiebigkeit erlauben. Er hat seine Reputation im eigenen Lande mit dem Anspruch verküpft, russische Interessen in Sachen Ukraine erfolgreich zu vertreten. Würde er in dieser Hinsicht als Versager dastehen, kämen die wirtschaftlichen Probleme Russlands, in denen auch die westliche Sanktionspolitik wirksam wird, viel stärker ins öffentliche Bewusstsein, Unruhe stiftend, seine Macht bedrohend.

Auf einen solchen Fortgang des Ukrainekonflikt setzen nicht nur US-Politiker, auch publizistische Wortführer in der Bundesrepublik. "Auf den Kopf Putins" - so betitelte Berthold Kohler (Mitherausgeber der F.A.Z. und unermüdlicher Anmahner westlicher Waffenhilfe für Kiew) das für ihn erstrebenswerte Ziel im Visier westlicher Geopolitik, vor Minsk. Durch Sanktionen und durch Rüstungspolitik könne über kurz oder lang "Putins Herrschaft" gebrochen werden. Wer so kalkuliert, den wird nicht die Sorge umtreiben, Minsk könne in seiner Umsetzung scheitern.