Amazonas: Ist der Regenwald noch zu retten?

Neue Studie zeigt, dass Dürren und Entwaldung auch Bäume in zunächst nicht betroffenen Teilen des Waldes schädigen

Der Amazonas-Regenwald, einer der großen Kohlenstoffspeicher des Planeten und auch wegen seines großen Artenreichtums von herausragender Bedeutung, wird von Abholzung, Landwirtschaft und Klimawandel immer mehr in die Zange genommen.

Einerseits ist der riesige Urwald auf stete Zufuhr von Feuchtigkeit vom Atlantik und aus der Karibik angewiesen, andererseits generiert er aber einen erheblichen Teil des Niederschlags selbst. Die hohe Verdunstung im Wald und über dem großen Strom und seinen zahlreichen Nebenarmen sorgt immer wieder für neue Regenwolken. Das Wasser wird mehrfach recycelt, bevor es im Norden Brasiliens sich ins Meer ergießt.

Deshalb sind die gelegentlichen Dürren, die zuletzt schwerer ausgefallen sind und im Rahmen der sich zuspitzenden Klimakrise weiter zunehmen werden, für den Wald besonders gefährlich. Forscherinnen und Forscher schwedischer, brasilianischer, US-amerikanischer und deutscher Institute, darunter das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), haben nun herausgefunden, dass die Dürren mehr Bäume schädigen, als bisher gedacht.

Nicht nur in den direkt von zu wenig Niederschlag betroffenen Regionen leiden die Bäume und sterben ab einem bestimmten Punkt ab. Auch in benachbarten Regionen leidet die Vegetation, weil zu wenig Wasser verdunstet wurde und daher zu wenig Feuchtigkeit in der Luft ist, die ausregnen könnte.

Besonders betroffen sind Gebiete, die im Windschatten der Dürrezonen liegen. Da die vorherrschenden Winde im Amazonasbecken von Nord nach Süd wehen, sind die Regionen im Süden des Regenwaldes besonders gefährdet. Das sind eben jene Gebiete, wo ohnehin Brandrodungen für Weidewirtschaft und Sojaanbau ohnehin dem Wald schon arg zusetzen.

Intensivere Dürreperioden drohen, Teile des Amazonas-Regenwaldes auszutrocknen. Wenn die Walddecke dünner wird, führt das aufgrund des Netzwerkeffekts zu weniger Wasser im System insgesamt und damit zu unverhältnismäßig mehr Schäden. Und noch etwas ist wichtig: Wir haben zwar die Auswirkungen der Dürre untersucht, aber diese Regel gilt auch für die Entwaldung. Das heißt, wenn man einen Hektar Wald abholzt, zerstört man eigentlich 1,3 Hektar.

Nico Wunderling, PIK, Lead-Autor

Klimasimulationen sagen voraus, dass bei fortgesetzten Treibhausgasemissionen die schweren Dürren, wie sie 2005 und 2010 auftraten, schon zur Mitte des Jahrhunderts das neue Klima-Normal in der Region sein werden, heißt es in einer PIK-Pressemitteilung. Das Risiko sei hoch, „dass sich ganze Landstriche in Savanne oder gar völlig baumlose Landschaft verwandeln.“

Doch noch sei nicht alles verloren, meint Ricarda Winkelmann, Mitautorin der Studie und Leiterin der Kippelementforschung am PIK. Die von den Forscherinnen und Forschern durchgeführten Simulationen hätten keine endlose Verschlimmerung gezeigt. Noch sei ein großer Teil des Waldes relativ stabil.

Vermutlich seien die beschriebenen Auswirkungen von Trockenperioden auf bestimmte Gebiete im Südosten und Südwesten des Waldes beschränkt. Es könne also noch viel für die Stabilisierung des Amazonas-Regenwaldes getan werden.

(…) die Erhaltung des Waldes und der Leistungen seines Ökosystems ist von größter Bedeutung für die Klimastabilität vor Ort und auf der ganzen Welt. Und wir wissen, wie wir das tun können: indem wir den Regenwald vor der Abholzung schützen und die Treibhausgasemissionen rasch reduzieren, sodass eine weitere Erderwärmung begrenzt wird.

Ricarda Winkelmann, PIK, Ko-Autorin

Die Studie wurde Anfang August im US-Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.