"Amerika kann es sich nicht länger leisten, der Weltbühne fernzubleiben"
In seiner ersten außenpolitischen Rede nach seinem Amtsantritt spricht der neue US-Präsident von einer "Biden-Harris-Administration"
Gut zwei Wochen nach seinem Amtsantritt hielt der neue US-Präsident Joseph Biden gestern Abend Mitteleuropäischer Zeit seine erste außenpolitische Rede. Große Überraschungen lieferte er dabei nicht ab - aber viele Slogans wie "Amerika ist zurück", "die Diplomatie ist zurück" und "Amerika kann es sich nicht länger leisten, der Weltbühne fernzubleiben".
Freunde und Feinde
In der Reihe der Freunde, die er in seine Außenpolitik einbinden will, nannte er neben Kanada, Australien, dem UK und Japan auch Deutschland. In der Reihe der Gegner wurden Russland und China mehrmals direkt, aber der Iran eher indirekt genannt, als es um den Krieg im Jemen und darum ging, dass Saudi-Arabien sein Territorium verteidigen müsse. Um diesen seit 2015 mit Saudi-Beteiligung geführten Krieg zu beenden will Biden einen Sonderbotschafter ernennen und die Friedensgespräche intensivieren.
Zwei aktuelle Ereignisse, auf die der 78-Jährige in seiner Ansprache einging, waren die Parlamentsentmachtung durch das Militär in Birma und die Umwandlung von Alexei Nawalnys Bewährungsstrafe in eine Haftstrafe. Er habe sich, so Biden in diesem Zusammenhang, zwar für eine Verlängerung des New-Start-Vertrages mit Russland um fünf Jahre entschieden, aber gleichzeitig habe er dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin auch klar gemacht, dass der nicht "seine eigenen Bürger vergiften" könne. Widerspruch Putins ist hier insofern nicht zu erwarten, als der Kreml eine Urheberschaft oder Beteiligung an den Vergiftungserscheinungen Alexei Nawalnys, auf die Biden hier anspielte, bereits in der Vergangenheit weit von sich wies.
Immaterialgüterrechte
China warf der neue US-Präsident neben Menschen- auch Immaterialgüterrechtsverletzungen vor. Werden Immaterialgüterrechte wie Patente, Markenrechte und Urheberrechte geschützt, kann es die US-Wirtschaft Bidens Worten nach mit allen Volkswirtschaften der Welt aufnehmen. Sein Vorgänger Trump hatte in seiner Wirtschafts- und Fernostpolitik eher darauf gesetzt, dass in den USA wieder verstärkt materielle, und nicht nur immaterielle Güter produziert werden.
Für den 22. April, dem "Earth Day", hat der frischgebackene Staatschef eine Klimakonferenz angekündigt. Ob das eine Präsenz- oder eine Videokonferenz wird, ließ er offen. Die Corona-Pandemie, wegen der sich diese Frage stellt, wird Bidens Worten nach nicht die letzte gewesen sein, weshalb er sich auch auf internationaler Ebene auf die Nachfolger der Seuche vorbereiten will.
Den Eindruck, dass seine eigene Nachfolgerin die Präsidentschaft möglicherweise schon vor dem 20. Januar 2025 übernimmt, konnte Biden in der Rede nicht ausräumen. Bei schwierigeren Wörtern verhaspelte er sich mehrmals, in anderen verschluckte er Konsonanten und ganze Silben, obwohl die Rede insgesamt nicht inkohärent wirkte, was vielleicht auch an einem Teleprompter lag. Dass er möglicherweise nicht vier Jahre durchhält, scheint ihm auch selbst bewusst zu sein - oder vielleicht auch nur seinem Redenschreiber. In jedem Fall sprach er heute in auffälliger Weise nicht von seiner Präsidentschaft, sondern von einer "Biden-Harris-Administration".
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