Amerikaner sind zunehmend unglücklich, Beliebtheitswerte von Trump sind im Keller

Donald Trump gestern bei einer Pressekonferenz. Bild: Weißes Haus

Der Präsident verirrt sich im Wahlkampfmodus weiter in Fake News, was offenbar nach Covid-19 und den Protesten gegen Rassismus immer weniger zu greifen scheint

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US-Präsident Donald Trump, der sich als Repräsentant der schweigenden Mehrheit sieht, ergreift jeden Strohhalm, um Erfolge zu melden und Amerika wieder groß darzustellen - natürlich dank seines weisen Tuns. Es dauerte daher nicht lange, dass er wieder einen Tweet absonderte, nachdem wiederholte "Law&Order"-Ausrufe langweilig wurden, als die Statistikbehörde meldete, dass die Umsätze im Einzelhandel und in der Gastronomie im Mai um 17,7 Prozent angestiegen sind. Donald Trump begeistert, der gleich May und Mai verwechselte:

Wow! May retail sales show biggest one-month increase of ALL TIME, up 17.7%. Far bigger than projected. Looks like a BIG DAY FOR THE STOCK MARKET, AND JOBS!

Donald Trump

Man ist wenig erstaunt, dass Trump in seiner MAGA-Erfolgsmeldung den Kontext "vergisst". Die Umsätze sind tatsächlich um 17,7 Prozent nach den Lockerungen der Covid-19-Maßnahmen gestiegen, nachdem viele Geschäfte und Restaurants wieder öffneten. Das kann auch der größte Zuwachs "aller Zeiten" sein, womit aber nur die Zeit seit 1992 gemeint sein kann, als diese Daten erstmals erhoben wurden. Im März war der Umsatz aber um 8,3 Prozent und im April noch einmal um 14,7 Prozent eingebrochen, letzteres war nach der New York Times der größte Einbruch seit der Erfassung der Daten. Die Umsätze März bis April lagen um 10 Prozent niedriger als im Vorjahr, die im Mai 2020 trotz des Anstiegs um 6,1 Prozent unter denen im Mai 2019.

Von der Börse haben die meisten Händler und Gastronomen erst einmal nichts, und ob dadurch wieder neue Jobs geschaffen werden, ist auch nicht sicher. Zur Kauf- und Ausgehlust dürfte der Lockdown beigetragen haben, aber auch die Kaufprämie, da Trump jedem Amerikaner eine Kaufprämie von 1200 US-Dollar sowie pro Kind von 500 US-Dollar aus Staatsgeldern schenkte. Die Erfolgsmeldung dient mithin einfach Wahlkampfzwecken und ist betrügerisch, also just das, was Trump den Medien ("Far Left Fake News Media") vorwirft: eine Fake News.

Die verbreitete er auch wieder im Hinblick auf die Covid-19-Pandemie:

Our testing is so much bigger and more advanced than any other country (we have done a great job on this!) that it shows more cases. Without testing, or weak testing, we would be showing almost no cases. Testing is a double edged sword - Makes us look bad, but good to have!!!

Donald Trump

Auch diese MAGA-Meldung ist schlicht falsch. Trump führt die Infektionszahlen auf die Tests zurück, die mehr als in allen anderen Ländern stattfinden würden. Dabei liegen die USA pro einer Million Einwohnern noch immer hinter Italien, Weißrussland, Singapur, Belgien, Spanien, Portugal, Großbritannien Russland, Katar und den Vereinten Arabischen Emiraten an erster Stelle, wo 265.661 Menschen pro einer Million bis 15. Juni getestet wurden. In den USA sind es 74.927 pro einer Million, mehr immerhin als in Deutschland, wo nur 56.034 pro einer Million getestet wurden. Und während in Neuseeland pro bestätigtem Infiziertem 268 Personen oder in Deutschland 25 Personen getestet werden, sind es in den USA nur 11,5.

Auch Vizepräsident Mike Pence verkündete, dass sich die Zahl der Neuinfektionen nur den gestiegenen Tests verdanken soll. Das soll als Argument dazu dienen, dass Trump das Land sicher wieder öffnet und dass die Teilnahme an der MAGA-Wahlkampfveranstaltung am kommenden Samstag in Tulsa, Oklahoma, an der auch Pence teilnimmt, keine Gefahr darstellt. Trump wurde dafür vielfach kritisiert, sein Team hat denn sicherheitshalber auf der Wahlkampfseite den Hinweis für alle angebracht, die teilnehmen wollen, dass sie dies auf eigene Gefahr machen. Wer sich für die Teilnehme registriert, muss zustimmen, dass er sich über das Ansteckungsrisiko auf öffentlichen Plätzen bewusst ist, und versichern, dass er Donald Trump und Co. nicht für eine Erkrankung verantwortlich macht.

Die Unzufriedenheit wächst

Die Stimmung im Land ist schlecht, die Beliebtheitswerte von Donald Trump gehen mit Covid-19 und den Protesten gegen Rassismus, deren Teilnehmer Trump wechselnd als Terroristen, Aufständische oder Plünderer bezeichnet, in den Keller. Fivethirtyeight wertet alle Umfragen aus und kommt jetzt auf das Ergebnis, dass durchschnittlich 55,1 Prozent der Amerikaner ihn ablehnen. Allerdings hält sich seine Anhängerschaft relativ stabil, auch wenn ihm nur noch 40,8 Prozent zustimmen.

Die wachsende Unzufriedenheit dürfte sich auch der COVID Response Tracking Study, die vom National Opinion Research Center (NORC) an der University of Chicago Ende Mai - noch vor dem Tod von George Floyd - durchgeführt wurde und die aktuellen Ergebnisse mit Umfragen vergleicht, die bis zu 50 Jahre zurückreichen. Danach sind die Amerikaner jetzt unglücklicher als jemals zuvor in den letzten 50 Jahren. Das wird an der Pandemie festgemacht, dürfte aber auch darüber hinaus die Stimmung im MAGA-Land zum Ausdruck bringen.

Nur 14 Prozent sagen, sie seien sehr glücklich, das waren 2018 noch 31 Prozent. Jetzt sagen 50 Prozent, sie fühlten sich oft oder manchmal isoliert, das waren 2018 23 Prozent. Allerdings hat sich Zahl der Amerikaner vermehrt, die sich als ziemlich glücklich bezeichnen. Die zuvor sehr Glücklichen sind also in dieses Lager oder in das der "nicht so Glücklichen" mit 23 Prozent abgewandert. Letzteres ist auch seit 1972 auf dem Höchststand.

Die Zukunft wird auch düsterer gesehen. 42 Prozent sagen, dass es ihren Kindern besser, zumindest ein wenig besser, gehen wird, 2018 waren das noch 57 Prozent. 22 Prozent meinen, dass es ihren Kindern viel oder ein weniger schlechter gehen wird. Das war zuletzt 1996 so. Dann hellte sich die Zukunftsperspektive auf, die Finanzkrise sorgte schließlich wieder für schlechtere Stimmung. Nach Trumps Wahlsieg scheinen sich doch einige Menschen Hoffnung gemacht zu haben, dass Trump, der Milliardär, wenigstens von der Wirtschaft etwas versteht.

Und dann sind in Trumps-MAGA-Land die Amerikaner auch weniger stolz auf ihr Land, auch wenn der Patriotismus immer noch sehr hoch ist. Gallup fragte 2001 das erste Mal, da waren noch 87 stolz oder extrem stolz auf ihr Land. Extrem stolz waren 55 Prozent. Der Anteil ging dann mit Kriegen und dem Krieg gegen Terror 2004 noch auf 69 Prozent hoch, 2005 gab es einen Knick, bedingt durch die Wiederwahl von George W. Bush. Dann blieb der Patriotismus bis 2016 stabil, um dann mit der Präsidentschaft von MAGA-Trump und dem allmählichen Verfall der Großmacht und von deren Ansehen in der Welt konstant auf ein Rekordtief von 42 Prozent extrem Stolzen und 63 Prozent Stolzen und extrem Stolzen zu fallen. Ausgerechnet der, der Amerika wieder groß für die Amerikaner machen wollte, sorgt für das Gegenteil.

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