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An Wahlen mangelt es im Iran nicht!

Gebet mit Großayatollah Khamenei. Foto: Seysd Shahaboddin Vajedi/CC BY-SA 4.0

Irans anstehende Doppelwahl zum Parlament und Expertenrat

An diesem Freitag finden im Iran die Parlaments- und Expertenratswahlen gleichzeitig statt. Etwa 55 Millionen Iraner sind stimmenberechtigt. Die Wahlen stehen ganz im Zeichen einer rigorosen Verweigerung der Zulassung von reformorientierten Kandidaten. Das Reformlager, das auf keinen Fall die Wahlen boykottieren möchte, sah sich daraufhin gezwungen, unabhängige Kandidaten bzw. sogar moderate Konservative auf ihre Listen zu setzen.

Wahlen zum Expertenrat

Dem Expertenrat obliegt die Wahl und Abwahl des obersten Revolutionsführers. Zu den fünften Expertenratswahlen der Geschichte der Islamischen Republik sind 166 (nur männliche Geistliche) Kandidaten zugelassen, die um 88 Ratssitze konkurrieren. Das heißt, nicht einmal für jeden Sitz gibt es zwei konkurrierende Kandidaten.

In sechs Provinzen (West-Aserbaidschan, Bushehr, Hormozgan, Semnan, Nord-Khorasan und Ardebil) ist die Zahl der Kandidaten gleich der Anzahl der Sitze. In den Provinzen Khuzestan, Ost- Aserbaidschan, Sistan-Baluchestan, Hamadan und Ghazvin ergibt die Zahl der zugelassenen Kandidaten nur eine Person mehr als die Anzahl der Sitze. Zum Beispiel gehen sechs Kandidaten in Ost-Aserbaidschan ins Rennen, wovon fünf in den Expertenrat einziehen werden. Von den insgesamt drei Kandidaten in der Provinz Ghazvin werden zwei auf jeden Fall in den Expertenrat gelangen.

Fast alle Nominierten sind Ayatollah Khamenei nahe stehende Kleriker bzw. unterscheiden sich weltanschaulich-politisch und religiös nicht nennenswert von ihm. Unter ihnen befinden sich auch Personen, die in der Vergangenheit nachweislich Verbrechen im Amt ausgeführt haben. Die Wahlen zum Expertenrat finden nur in einem Wahlgang statt und die Kandidaten ziehen mit einfacher Mehrheit ins Gremium.

Spannend bei diesen Wahlen ist die Kandidatur des pragmatischen Ex-Präsidenten Ali-Akbar Haschemi Rafsandschani, der sich seit einiger Zeit für eine Deradikalisierung und eine Öffnung von Politik und Gesellschaft einsetzt und sich somit sehr viele Feinde aus dem Lager der Islamisten gemacht hat, die die stillschweigende bis direkte Unterstützung von Khamenei genießen.

Die Wahlen zum Expertenrat stehen auch im Zeichen der angeschlagenen Gesundheit von Khamenei und deshalb fürchten die Konservativen und Radikalen, Rafsandschani wolle bereits die Weichen für die Post-Khamenei-Ära stellen. Sein erster aufsehenerregender Vorstoß, den jungen moderaten Geistlichen Hassan Khomeini - der Enkel von Ayatollah Khomeini - als möglichen Nachfolger von Khamenei in den Expertenrat zu hieven, ist aufgrund der Ablehnung seiner Zulassung durch den Wächterrat gescheitert.

Parlamentswahlen

Für die zehnten Parlamentswahlen des Iran haben sich über 12.000 Kandidaten beworben, von denen 6.230 zugelassen wurden, die für 290 Sitze antreten. Zuerst bestätigte der Wächterrat von insgesamt 3.000 Bewerbern aus dem Reformlager nur 30, d. h. nur 1% der Kandidaten. Später wurden einige wenige nachbestätigt. In Teheran haben die Reformer um die Ex-Präsidenten Rafsandschani und Khatami und den gegenwärtigen Präsidenten Hassan Rohani eine 30-köpfige Liste herausgegeben, auf der sich etliche Unbekannte und auch einige aus dem gemäßigten Lager der Konservativen befinden.

In dieser Liste befinden sich sowohl der kritische prinzipientreue Ali Motahari als auch einige Vertraute des Parlamentspräsidenten Ali Laridschani von der "Vereinigten Front der Prinzipientreuen". Laridschani unterstützte Hassan Rohanis Regierung insbesondere im Fall der Nuklearverhandlungen. Motahari, Sohn eines sehr bekannten Klerikers, der zu Beginn der Revolution Opfer eines Terroranschlags wurde, ist Vorsitzender der Parlamentsfraktion "Sedaje Mellat" (Stimme des Volks). Er steht den beiden Lagern, Reformisten und radikalen Islamisten, kritisch gegenüber und möchte "die Schwächen beider Seiten meiden".

Er war ein Kritiker Ahmadinedschads und setzt sich für die Freilassung (aus dem Arrest) der beiden Oppositionsführer der "Grünen Bewegung" ein. Die Liste der Reformer für beide Verfassungsorgane, insbesondere die Expertenratsliste, wird heftig attackiert und als "englische Liste" diffamiert. Die Bezeichnung geht auf Ayatollah Khamenei zurück, der vor ein paar Tagen Großbritannien vorgeworfen hat, mit seinen Sendern (BBC) die Wähler beeinflussen zu wollen.

Das andere Lager sind die sogenannten "Usulgarayan" (Prinzipientreue Islamisten). Zu diesem Lager zählen "Dschebheje Pajdarije Enqelab" (Front des Fortbestands der Revolution) unter der Führung des Scharfmachers Ajatollah Mohammad-Taqi wie auch Mesbah-Jazdi sowie einiger Persönlichkeiten aus dem Lager Ahmadinedschads, die zu seiner Präsidentenzeit bekannt wurden.

Die "Usulgarayan" gehen mit dem Khameni sehr nahestehenden Ex-Parlamentspräsidenten Gholam-Ali Hadad-Adel ins Rennen. Hadad-Adel, der Vater von Khameneis Schwiegertochter ist, beabsichtigt, den Madschlis-Vorsitz wieder zu erlangen. Die prinzipientreuen Kandidatenlisten erfreuen sich der großzügigen Zustimmung des Wächterrats. Insofern ist davon auszugehen, dass das Parlament weiterhin konservativ dominiert sein wird.

Ayatollah Khamenei ist nervös

Bei den beschriebenen Kandidatenkonstellationen könnte man sagen, dass das Ergebnis der Wahlen bereits vorherbestimmt ist. Doch fürchten Ayatollah Khamenei und sein Entourage die neue Strategie der hoffnungslosen Reformer. Das Reformlager, welches sich bei dem Zulassungsverfahren immens benachteiligt sieht, will den Islamisten einen Strich durch die Rechnung machen und wenigstens verhindern, dass die "schillernden" Kandidaten der Islamisten in die Gremien einziehen.

Die Wähler sollen für die Konkurrenten - wenn auch weniger bekannt oder weniger radikal - votieren, damit die prominenten, seit Jahren hohe Ämter innehabenden, Ayatollahs verlieren. Prominent ist zum Beispiel das Jim-Dreieck in Teheran, das in den sozialen Medien häufig erwähnt wird. "JIM" ist (in Farsi) eine Abkürzung bestehend aus den ersten Buchstaben der Familiennamen der drei radikalsten Khamenei treuen Geistlichen: Ahmad Janati, Mohammad Yazdi und Mohammad Taqi Mesbah Yazdi.

Die Wähler sollen nach dem Willen der Reformer aber für das Dreieck "DRM" stimmen. Diese Abkürzung steht für Ayatollah Dori Najaf-Abadi, Ayatollah Mohammad Mehdi Rayshahri und Ayatollah Movahedi-Kermani. Bekommen die letzteren mehr Stimmen, so werden die ersten prominenten Khamenei-Entouragen am Einzug in den Expertenrat, dem sie seit Anbeginn angehören, gehindert.

Auch das DRM-Dreieck besteht aus Khamenei treu ergebenen und hohen Geistlichen, die seit Ewigkeiten hohe Posten innehaben; doch es wird vom JIM-Dreieck diesbezüglich noch weit übertroffen.

Das gleiche Spiel wird in etlichen Provinzen durchgeführt, in denen einzelne sehr bekannte Khamenei-Leute weniger bekannten gegenüber stehen. Die Strategie der Reformer besteht darin, aus der staatlich gelenkten Wahl eine Protestwahl zu machen nach dem Motto "Nein zu Khamenei"!

Diese Strategie wird in sozialen Medien und von iranischen Analysten (im In- und Ausland), auch über Gastredner und Interviewte im englischen Sender BBC, sehr intensiv diskutiert. Vor diesem Hintergrund ist der Zorn von Ayatollah Khamenei und seinem Anhang über die "englische Liste" zu verstehen.

Zahlreiche prominente Konservative haben bereits direkt Rafsandschani angegriffen, ihn vor den Folgen dieser Strategie gewarnt und ihm das gleiche Schicksal wie den Oppositionsführern der "Grünen Bewegung" von 2009 angedroht. Die beiden Oppositionsführer von 2009 - Mirhossein Mussavi und Mehdi Karrubi - stehen seit 2011 unter Arrest.

Es ist hinzuzufügen, dass die Mitglieder des JIM-Dreiecks sehr alt sind: Ahmad Janati ist 89 Jahre alt, Mohammad Yazdi 84 und Mohammad Taqi Mesbah Yazdi 81. Die DRM-Mitglieder sind wesentlich junger. Doch ein Scheitern des JIM-Dreiecks ändert an der Konstellation im Expertenrat nichts Wesentliches.

Das DRM-Dreieck steht ebenfalls voll hinter Khamenei. Das JIM-Dreieck wird weiterhin einflussreich bleiben, selbst wenn es beim Wiedereinzug in den Expertenrat scheitern sollte. Der radikale und immens Khamenei-treue Ayatollah Sadeq Amoli Laridschani, der Chef der Judikative, der auch in seinem Wahlkreis (Provinz Mazandaran) Opfer der Strategie der Reformisten werden sollte, würde auch im Fall eines Scheiterns der sehr einflussreiche Chef der Judikative bleiben.

Es ist mithin schwerlich vorherzusagen, ob ein Expertenrat mit einer derart möglichen konservativen Konstellation nach einem Ableben von Khamenei radikal zu Gunsten der Reformer umschwenken würde. Das konservative Klerus-Netz mit seinen zahlreichen Sicherheitsapparaten und zivilen Schlägertrupps und vor allem den islamistischen Revolutionswächtern und sowie der Bassidsch-Miliz ist sehr mächtig und furchteinflößend.

Die wichtigen Probleme des Landes sind bei den Wahlkämpfen auffällig auf der Strecke geblieben: Arbeitslosigkeit, grassierende Korruption, Drogensucht, massive Umwelt- und Luftverschmutzung, Wasserkrise, Austrocknen der Flüsse, Bankrott der Fondsgesellschaft für Rentner und die abenteuerliche Einmischung in Syrien mit Geld, Kriegsgerät und Soldaten.

Wie wichtig sind die Wahlen?

Das iranische Parlament (Madschlis) spielt keine große Rolle weder in der Außen- noch (mit Einschränkung) in der Innenpolitik. Der Entscheidungsträger ist Ayatollah Khamenei, dem es laut Verfassung obliegt, die Richtlinien der Außenpolitik zu bestimmen.

Beim Nuklearabkommen vom Juli 2015 zwischen dem Iran und der internationalen Kontaktgruppe (die 5 UN-Sicherheitsratsmitglieder plus Deutschland) hat man konstatieren können, dass alle Torpedierungsbemühungen der islamistisch dominierten Legislative von Ayatollah Khamenei - der notgedrungen das Abkommen und die Aufhebung der Sanktionen unterstützte und somit sein Regime vor dem totalen ökonomischen Kollaps bewahrte - völlig neutralisiert wurden.

Khamenei ließ bewusst sein Parlament auf Rohani los. Schließlich sind viele dieser Parlamentarier seine Anhänger und ihm blind loyal ergeben. Sie durften nicht enttäuscht werden. Die Parlamentarier durften sogar Gesetzesentwürfe zur Kontrolle und Überprüfung der Verhandlungen beschließen. In der Praxis wurden sie aber nie umgesetzt.

Auch ein von Reformern dominiertes Parlament kann de facto Khamenei kein Dorn im Auge sein. Denn Khamenei kann jeden Beschluss (außen- und innenpolitisch) via "Hokm-e Hukumati" ("Khamenei-Erlass") aufheben. Diese Erfahrung haben die Reformer im sechsten von Reformisten dominierten Parlament allzu oft gemacht.

So ist der sogenannte "Zwillingsgesetzesentwurf" (Ausbau der Befugnisse des Präsidenten und Ausbau der Pressefreiheit) in der Ära des Reformpräsidenten Khatami (1997 - 2005) am Khamenei-Erlass gescheitert. Dennoch würde ein Madschlis, das mehrheitlich regierungsfreundlich ist, Rohanis Kabinett zumindest weniger Ärger bereiten und ihm nicht durch sinnlose Debatten und der Androhung eines Misstrauensvotums die Zeit stehlen oder sein positives Vorhaben, die hysterische Feindschaft zu den USA zu bereinigen, sabotieren.

Der Expertenrat ist aufgrund der angeschlagenen Gesundheit von Ayatollah Khamenei, der einige Male operiert worden ist, etwas spannender geworden. Das Dreieck Rafsandschani, Khatami und Rohani bereitet den Islamisten Zukunftsängste. Rafsandschanis vorläufig gescheiterte Bemühung, mit Hassan Khomeini einen "Kronprinz" für Khamenei zu schmieden, hat die Gegenseite als ein sehr ernstzunehmendes Signal wahrgenommen.

Welche Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet Rafsandschani es war, der als zweitstärkster Mann der Republik hinter Republikgründer Ayatollah Khomeini 1989 durch seinen Einfluss den damals farblosen Khamenei zum Nachfolger von Khomeini aufbaute, mit dem niemand gerechnet hatte. Gegen den für das Amt relativ jungen Khamenei, der auch kein "Ayatollah" und somit keine religiöse "Instanz der Nachahmung" war, hatten damals etliche Ayatollahs stillschweigend protestiert.

Was sagen die Iraner?

Eine annähernd zutreffende Prognose ist unmöglich, da es im Iran an unabhängigen und seriösen Meinungsumfrageinstituten mangelt. Die staatlichen oder halbstaatlichen reflektieren die vom Regime gewünschten Ergebnisse. Vom Ausland meist telefonisch erhobene Daten sind auch keine zuverlässigen Maßstäbe, da die Befragten teilweise aus Angst keine ehrliche Meinung abgeben, oder die Institute selber nicht neutral sind. Fest steht, dass viele Iraner längst ihr Vertrauen in das Regime verloren haben.

Auch Präsident Rohani, der bisher nur bedingt außenpolitisch (Nukleardeal) erfolgreich war, hat an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Wenn etwas die Iraner an die Wahlurne zieht, dann ist es der Faktor Sicherheit. Regime-Kreise aber auch nicht unbeachtliche Teile der In- und Auslandsopposition schätzen die territoriale Integrität und Sicherheit des Landes im Vergleich zu Syrien, Irak, Afghanistan und Libyen. Der gespenstische Spagat heißt: Sicherheit versus Bürgerkrieg! Dahinter versteckt sich auch manche Attitüde, die mit diesem Credo das Volk verängstigen will, um so radikale Kritik am Regime bereits im Keim zu ersticken.

Man übersieht dabei, dass die Golfstaaten sowohl Sicherheit als auch (im Gegensatz zu Iran) Wohlstand genießen. Völlig abgesehen davon gehören der Iran und Ägypten zu den Altkulturländern mit einer großen Staatstradition und sind mit Staaten wie Libyen und Afghanistan mit ihren tribalen Strukturen sowie Syrien und Irak als künstliche Staatsgebilde (sie waren vormalige Provinzen des Osmanischen Reiches) nicht zu vergleichen.

Da das pragmatische Innenministerium für das Ausrichten der Wahlen zuständig ist, gehen Teile der Bevölkerung davon aus, dass dieses in der Lage ist, Wahlmanipulationen zu verhindern. Dabei kommen ca. 70% der hohen Beamten des Innenministeriums aus der Zeit von Ahmadinedschad. Eine drastische Wahlfälschung ist nicht auszuschließen, wenn "unerwartete Umstände" es erfordern. Rohanis Innenminister hat einige Male hervorgehoben, dass sein Ministerium keine vollständige Kontrolle über seine Aufgaben hat.

Das Innenministerium ist der Organisator und Ausrichter der Wahlen, aber der Wächterrat hat die ultimative Überprüfungsbefugnis über die Feststellung der Rechtmäßigkeit der abgelaufenen Wahlen. Das heißt, wenn der Wächterrat den Wahlablauf und das Wahlergebnis für rechtens erklärt, und Ayatollah Khameni dies auch bestätigt, dann ist der Wahlprozess beendet. So wurde auch mit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen von 2009 verfahren.

Ayatollah Khamenei braucht lange Schlangen vor den Wahlurnen. Gerade nach dem Nuklearabkommen, dem der Ayatollah mit Argwohn zustimmte, muss das Regime sein einsam-isoliertes Image polieren. Der Sonderberichterstatter für Menschenrechte im Iran, Ahmad Shahid, sitzt Teheran im Nacken. Seit 2011 ist er im Amt und bisher wurde ihm seitens Teheran eine Einreise in den Iran verweigert. Sein Amt darf er insgesamt 6 Jahre ausüben und diese Frist läuft Ende des Jahres ab. Der UN-Menschenrechtsrat muss nicht nur einen Nachfolger ernennen, sondern zunächst auch erst einmal die Verlängerung seines Auftrages beschließen.

Lange Schlangen vor Wahlurnen und eine hohe Wahlbeteiligung könnten dieses Damoklesschwert über Teheran ins Wanken bringen, genau wie nach der Wahl Rohanis die Proteststimmen des UN-Rates für Menschenrechte leiser wurden. Dabei ist die Menschenrechtssituation in der Ära Rohani noch schlimmer geworden als zu Zeiten von Ahmadinedschad. Rohani schiebt diesen Sachverhalt auf das konservativ dominierte Parlament und die konservative Judikative.

Dass die Wahlen für Khamenei wichtig sind, hat er auf seiner Website klargestellt. Demnach sei Wahlbeteiligung religiöse Pflicht. Vor einem Monat bat er die Bevölkerung, an die Wahlurne zu gehen, auch jene, die gegen ihn seien. Eine Woche später, als einige Reformer dies "missverstanden" haben und die Äußerung als Verheißung für freie Wahlen interpretierten, ruderte der oberste Revolutionsführer zurück: "Ich habe gesagt, geht wählen. Ich habe aber nicht gesagt, schickt jene, welche gegen das "Nezam" (System, Regime) sind, ins Parlament."

Sollte eine hohe Wahlbeteiligung sich zu Ungunsten des Establishments auswirken - was nicht unwahrscheinlich ist -, bliebe immer noch die Option einer drastischen Wahlmanipulation und Wahlfälschung bei der Stimmenauszählung. Auch das ist erfahrungsgemäß nicht unwahrscheinlich.

Regionale und internationale Auswirkung

Regional wird sich nichts ändern. Die Irak-Politik und die volle Unterstützung des Assad-Regimes mit Hilfe von Russland und der Hisbollah sind unstrittig. Da hat auch Außenminister Zarif weniger Einfluss als der Kommandeur der Al-Qodsbrigade, General Ghasem Solaimani.

Auf internationaler Ebene, allem voran was den erfolgreichen Fortbestand der Nuklearvereinbarungen und bessere Beziehungen zum Westen anbelangt, wäre ein moderates Parlament, welches Rohani den Rücken freihält, nicht unnütz. Die Zeichen stehen jedoch eher auf ein Parlament und einen Expertenrat, die weiterhin Khamenei loyal bleiben.

Der Autor ist Lehrbeauftragter am Göttinger Institut für Demokratieforschung [1].


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