Appell: Kein Zugriff auf Patientenakten für IT-Unternehmen

Patientendaten sollen weniger geschützt werden. Landen unsere intimsten Informationen demnächst bei Unternehmen? Telepolis dokumentiert einen Appell an EU-Entscheider.

Mit einer Petition zum Schutz von Gesundheitsdaten haben sich Aktivisten an Mitglieder des Europäischen Parlaments und Staats- und Regierungschefs gewandt. "Wir wollen das Recht auf Vertraulichkeit in Bezug auf unsere Krankenakten", schreiben sie.

Das bedeute, dass die Bürger volle Kontrolle über ihre persönlichen Gesundheitsdaten haben und darüber, wer Zugang zu ihnen hat und zu welchem Zweck.

Die Akteure in Brüssel werden zur Wahrung der folgenden Eckpfeiler aufgefordert:

• Die ausdrückliche Zustimmung der Patienten und Patientinnen ist erforderlich zur Weitergabe von Patientenakten für Zwecke, die nicht direkt mit der Behandlung zusammenhängen (auch bekannt als Sekundärnutzung).

• Begrenzung der umfangreichen Kategorien von "Gesundheitsdaten".

• Einschränkungen, wie diese Informationen verwendet werden können und wer Zugang zu ihnen hat.

Und So begründen die Aktivisten den Appell

Die EU-Kommission denkt darüber nach, Unternehmen den Zugang zu unseren vertraulichen Patientenakten zu gewähren! Ein neues Gesetz sieht vor, den Austausch von Patientenakten und Informationen zu vereinfachen. So soll es etwa einfacher werden, eine MRT-Aufnahme von einer Urlaubsverletzung mit dem Hausarzt zu teilen. Aber als Teil desselben Gesetzes plant die EU, das Recht auf Datenschutz zu beeinträchtigen und das Vertrauen in unsere Ärzt*innen zu untergraben.

In der jetzigen Fassung würde das neue Gesetz Gesundheitsdienstleister dazu drängen, sensible Gesundheitsdaten an so ziemlich jeden weiterzugeben, der sie für "Forschungszwecke" benötigt. Dazu gehören Big Pharma, Big Tech und Versicherungsunternehmen. Noch schlimmer ist, dass sie für den Zugriff auf unsere Daten keine Erlaubnis benötigen und uns nicht über die Verwendung der Daten informieren müssen.

Und genau hier kommen wir ins Spiel. Denn wir können dafür sorgen, dass dieses Gesetz unsere Datenschutzrechte und Patientenakten schützt und gleichzeitig die Gesundheitssysteme in der EU effizienter macht. Im Europäischen Parlament besteht jedoch noch keine Einigkeit über den Beschluss des Gesetzes. Einige Abgeordnete sind klar für den Schutz der Daten von Patienten. Andere sind noch unentschlossen und brauchen einen Anstoß vor der entscheidenden Abstimmung im Juli.

Wir alle möchten uns gesund und sicher fühlen. Dazu müssen wir unseren Gesundheitssystemen und Gesundheitsdienstleistern vertrauen können. Dass sie nicht nur für uns sorgen, sondern auch unsere privaten Gesundheitsdaten vor Ausbeutung schützen. Doch wenn das neue europäische Gesundheitsdatengesetz in seiner jetzigen Form verabschiedet wird, untergräbt es genau das Vertrauen, das unser Gesundheitssystem ausmacht und es uns ermöglicht, Ärzt*innen sensible Informationen zu geben.

Mit dem Europäischen Raum für Gesundheitsdaten will die Europäische Kommission einen modernen, harmonisierten Weg zur besseren Nutzung unserer Gesundheitsdaten schaffen, aber zu welchem Preis? Patient*innen hätten kein Mitspracherecht bei der Nutzung und kommerziellen Verwertung ihrer Daten und würden nicht einmal darüber informiert, wer sie erhält. Der Vorschlag missachtet unser Recht auf Vertraulichkeit - in Bezug auf unsere Patientenakte, Gesundheitsinformationen und den seit Langem geltenden Grundsatz der ärztlichen Schweigepflicht.

Wo liegt das Problem?

Das europäische Datenschutzrecht definiert Patientenakten zu Recht als besonders sensibel und stellt sie unter besonderen Schutz, um ihre Vertraulichkeit zu wahren.

Das Hauptproblem des Europäischen Raums für Gesundheitsdaten besteht darin, dass jeder Aspekt unserer Gesundheitsdaten jedem, der ein Forschungsinteresse hat, zugänglich gemacht und für kommerzielle Zwecke und damit gewinnbringend verwendet werden kann - ohne dass unsere Zustimmung erforderlich ist.

Ihre medizinischen Daten enthalten Informationen über alle Aspekte Ihres Lebens. Von der Geburt über die Kindheit und die Pubertät bis hin zu allen Krankheitszeiten, psychischen Problemen und anderen Gesundheitsproblemen, die Sie jemals hatten.

Die Weitergabe dieser persönlichen Daten an Forscher*innen, Pharmakonzerne und Big Tech macht Ärzt*innen und andere Angehörige medizinischer und pflegerischer Berufe mitschuldig an einem massiven Vertrauensbruch gegenüber den Patientinnen und Patienten.

Dies würde unsere persönlichsten und sensibelsten Daten für Big Pharma, Big Tech und Versicherungsunternehmen angreifbar machen, die bereit sind, diese Daten zu nutzen, um daraus Profit zu schlagen.

Das Hauptziel des Europäischen Raums für Gesundheitsdaten besteht darin, die Gesundheitssysteme in der EU zu modernisieren und zu harmonisieren. Um dies zu erreichen, sollten die EU-Gesetzgeber uns nicht das Recht auf Privatsphäre und Kontrolle über unsere medizinischen Daten wegnehmen. Was kann der Gesetzgeber tun, um die Privatsphäre der Patient*innen zu schützen?

Wir fordern die Gesetzgeber in der gesamten EU auf, den Europäischen Raum für Gesundheitsdaten dahingehend zu ändern:

• ausdrückliche Zustimmung der Patient*innen, bevor ihre Gesundheitsdaten zur Verwendung weitergegeben werden

• Begrenzung der umfangreichen Kategorien von "Gesundheitsdaten" auf das, was für die medizinische Forschung im öffentlichen Interesse unbedingt erforderlich ist

• Eingrenzung der Zwecke, für die diese Informationen verwendet werden können, und wer Zugang zu ihnen bekommt

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