Argentinien: Geierfonds wollen die Goldreserven des Silberlandes
Präsident Milei hätte es besser wissen sollen, und Europa ist kein Ort, um Geld sicher aufzubewahren. Droht dem Land ein neues Schuldendrama?
Argentinien sieht sich mit einer neuen Bedrohung durch sogenannte Geierfonds konfrontiert. Zwei Gläubiger des südamerikanischen Landes haben Interesse an den Goldreserven der argentinischen Zentralbank bekundet, die unter fragwürdigen Bedingungen nach Europa verschifft wurden. Dies berichtet das argentinische Nachrichtenportal Perfil.
Geierfonds, auch als „Vulture Funds“ bekannt, sind Investmentfonds, die spezialisiert sind auf den Kauf von notleidenden oder stark abgewerteten Schuldtiteln, meist von Staaten oder Unternehmen, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden.
Diese Fonds erwerben die Schulden zu einem Bruchteil ihres Nennwerts mit dem Ziel, später einen höheren Betrag einzufordern, entweder durch Umschuldungsverhandlungen, Gerichtsverfahren oder wenn sich die finanzielle Lage des Schuldners verbessert.
Argentinisches Gold auf Abwegen
Die führende argentinische Zeitung Clarin schrieb kürzlich, dass etwa die Hälfte der nationalen Goldreserven im Wert von 2,3 Milliarden US-Dollar unlängst in einen Tresor in London verlegt wurde. Weitere 700 Millionen Dollar sollen folgen. Das Gold ist als Sicherheit für einen fünf Milliarden US-Dollar schweren Kredit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel gedacht.
Nach Ansicht vieler Analysten benötigt die Regierung diesen Kredit, um den fast vollständigen Verlust der Währungsreserven der Zentralbank auszugleichen. Denn das Wirtschaftsteam von Milei hat seit Dezember 2023 über 17 Milliarden US-Dollar Devisenreserven in dem vergeblichen Versuch verbrannt, einen zu starken Anstieg des US-Dollars zu verhindern.
Die Stunde des Geiers
Nun haben der Bainbridge Fund und Burford Capital Anträge bei einem New Yorker Gericht eingereicht. Sie verlangen Informationen über den Verbleib des argentinischen Goldes, um möglicherweise darauf zugreifen zu können. Beide Fonds haben in der Vergangenheit schon bedeutende juristische Schlachten gegen Argentinien gewonnen.
Die jüngsten rechtlichen Schritte der Fonds wurden durch Aussagen des argentinischen Wirtschaftsministers Luis Caputo ausgelöst. Er bestätigte im Juli, dass Goldreserven der Zentralbank ins Ausland verbracht wurden. Caputo gab jedoch weder die genaue Menge noch den Bestimmungsort des begehrten Metalls preis.
Mangelnde Transparenz könnte sich rächen
Dass die argentinische Regierung unter Präsident Javier Milei die Goldtransfers im Geheimen durchführte, kann ihr jetzt zum Verhängnis werden. Denn auch die argentinische Zentralbank schweigt über den Verbleib ihrer Reserven.
Jetzt argumentieren die Geierfonds, die Zentralbank sei Teil des argentinischen Staates und unterliege damit dessen Zahlungsverpflichtungen. Und gerade die Aussagen von Wirtschaftsminister Caputo könnten diese These stützen.
Argentinien könnte bald ein erneutes Schuldendrama drohen, ähnlich dem von vor zehn Jahren. Damals entschied ein New Yorker Richter namens Thomas Griesa in einem aufsehenerregenden Urteil, dass Argentinien seinen Gläubigern 100 Prozent des Nennwerts ausstehender Anleihen zahlen muss.
Dies blockierte faktisch jede Umschuldung und trieb Argentinien 2014 erneut in die Staatspleite. Und dieses Urteil hindert fortan alle Länder, die Anleihen auf dem New Yorker Markt ausgeben, ihre Schulden jemals abzuschreiben oder neu zu verhandeln.
Mileis Team hätte es wissen müssen
Mit dem Transfer seiner Goldreserven nach Europa hat die argentinische Regierung möglicherweise einen schweren Fehler begangen. Sowohl Russland als auch Venezuela haben schon schmerzlich erfahren müssen, dass ihre in London und in Belgien deponierten Vermögenswerte alles andere als sicher sind.
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Offensichtlich neigt Milei grundsätzlich zur Selbstüberschätzung. Man kann seine UN-Reden natürlich beim Fernsehen abschreiben. Aber man muss schon ziemlich kurzsichtig sein, zu glauben, die Weltöffentlichkeit würde so etwas nicht bemerken.
Angesichts der zunehmenden geopolitischen Spannungen ziehen andere Länder es vor, ihr Gold zu repatriieren. So holten zum Beispiel Indien und Nigeria ihre Goldreserven kürzlich aus US-UK-Tresoren zurück.
Ganz harte Bandagen
Es ist davon auszugehen, dass die Gläubiger Argentiniens wieder mit ganz harten Bandagen kämpfen werden. Das Land könnte nicht nur einen Teil seiner strategischen Finanzreserven verlieren, sondern auch eine weitere Eskalation des seit Jahrzehnten immer wieder aufflackernden Schuldenstreits riskieren, der Argentiniens wirtschaftliche Erholung immer wieder blockiert.
Der oben erwähnte Bainbridge Fund ist auf den Bahamas ansässig und hat sich seit der Staatspleite Argentiniens im Jahr 2001 allen Umschuldungsangeboten des Landes verweigert. Im Jahr 2023 erhielt der Fonds ein Urteil, das ihm die Beschlagnahmung argentinischer Vermögenswerte im Wert von 95 Millionen US-Dollar plus Zinsen erlaubt.
Und Burford Capital ist ein britischer Hedgefonds, der 2023 wegen der Enteignung des Ölkonzerns YPF eine Klage gegen Buenos Aires gewann. Die zugesprochene Entschädigungssumme beläuft sich auf beachtliche 16,1 Milliarden US-Dollar.
Vor Peking zu Kreuze kriechen
Wie das Portal Naked Capitalism zu berichten weiß, ist Buenos Aires mittlerweile so verzweifelt, dass Argentinien jetzt über die Wiederaufnahme der strategischen Wirtschaftspartnerschaft mit China verhandelt.
Dabei hatte der offensichtlich überforderte Milei früher wiederholt erklärt, dass er keine Geschäfte mit Peking machen würde und Argentiniens Beitritt zu den Brics verhindert.
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