Aspartam und Krebsrisiko: Was über den Süßstoff bekannt ist

Aspartam möglicherweise krebserregend

Der Süßstoff Aspartam wurde von der WHO als "möglicherweise krebserregend" eingestuft.

(Bild: Towfiqu barbhuiya, Unsplash)

Aspartam steckt in vielen Light-Produkten – und wird nun als "möglicherweise krebserregend" eingestuft. Der Befund ist aber alles andere als eindeutig. Das sagen Forscher.

Der Süßstoff Aspartam ist in vielen Getränken und Speisen enthalten. Er findet sich in Diät-Cola und anderen Softdrinks, in Kaugummis oder Joghurts. Nun hat die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO Aspartam als "möglicherweise krebserregend" eingestuft.

Ein anderes Institut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt allerdings Entwarnung: Wer die geltenden Empfehlungen für Höchstmengen am Tag nicht überschreite, setze sich keiner höheren Krebsgefahr aus, teilte sie mit. Der WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) bestätigte erneut die bisher zulässige Tagesdosis von 40 Milligramm Aspartam pro Kilogramm Körpergewicht.

Was bedeutet die Einstufung der IARC?

Die IARC beurteilt, ob eine Substanz generell bei Menschen Krebs verursachen könnte. Sie unterteilt untersuchte Stoffe in vier Kategorien: "krebserregend", "wahrscheinlich krebserregend", "möglicherweise krebserregend", "zu wenig Evidenz für eine Aussage".

Zur ersten Kategorie gehören Tabakrauch, Asbest, radioaktive Strahlung und Alkohol, erklärten Bettina Wolnerhannssen und Anne Christin Meyer-Gerspach, die am St. Claraspital in Basel für die metabole Forschung leiten.

In die zweite Kategorie fallen etwa heiße Getränke mit mehr als 65 Grad Celsius, rotes Fleisch und Glyphosat.

Als "möglicherweise krebserregend" werden Aloe vera, Nickel und niederfrequente Magnetfelder angesehen. In diese Kategorie werden aber auch noch andere Stoffe hinzugezählt, welche die meisten Menschen in Deutschland täglich konsumieren dürften: Kaffeesäure als Bestandteil von Kaffee und Safrol, Estragol und Isoeugenol als natürliche Bestandteile von Basilikum, Zimt, Anis und Pfeffer.

"Die dritte Stufe, in die nun neu Aspartam aufgenommen wurde, ist noch sehr vage: Es gibt Hinweise aus Tierstudien, aber noch keine klaren Beweise und weniger Humanstudien mit ebenfalls limitierter Aussagekraft", so Wolnerhannssen und Meyer-Gerspach.

Was sagt die WHO?

Der JECFA macht anders als die IARC eine Risikoanalyse und berücksichtigt die konsumierte Menge. Sie hält die Studien, die die IARC heranzog, für nicht eindeutig genug. Deshalb hält sie den Verzehr im Rahmen ihrer bislang geltenden Tageshöchstempfehlungen für unbedenklich.

Der Ausschuss bestätigte erneut die akzeptable Tagesdosis von bis zu 40 Milligramm Körpergewicht. Ein 70 Kilogramm schwerer Erwachsener müsste demnach mehr als neun bis 14 Diät-Softdrinks pro Tag konsumieren, um diesen Wert zu überschreiten.

Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien, warnte allerdings vor dieser vereinfachten Denkweise. Denn sie suggeriere, dass künstlich gesüßte Getränke die Hauptquelle für Aspartam seien. Der Stoff sei aber auch in vielen anderen Lebensmitteln enthalten.

Was sagen die Studien?

Das Krebsrisiko von Aspartam ist nicht zweifelsfrei festgestellt worden. Stefan Kabisch, Studienarzt in der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin an der Charité Berlin, sagte:

Die Fachgruppen beschreiben sehr klar, dass alle zugrundeliegenden Studienarten (Zellstudien, Tierstudien, Humanstudien) nur sehr begrenzte Belege für ein Krebsrisiko liefern, da all diese Studien methodische Schwächen aufweisen. Zell- und Tierstudien sind oft auf den Menschen nicht übertragbar, da es sich um Studiendesigns mit sehr speziellen Krankheitsmodellen, besonderen Zellen, besonderen Tierzüchtungen handelt. Auch werden typischerweise hohe Dosierungen verwendet, die Menschen nicht erreichen können.

Studien an Menschen würden zudem noch durch andere Krankheitsfaktoren beeinflusst, etwa Rauchen, Alkoholkonsum, Adipositas oder Bewegungsmangel. Und sie würden auch mit dem Konsum von Süßstoff korrelieren. "Eine eindeutige Kausalität zu Süßstoff ist dadurch fraglich", so Kabisch.

Gerade bei Süßstoffen finde man "reverse causality", was bedeutet, dass nicht Süßstoffe Folgekrankheiten verursachen. Stattdessen greifen Patienten mit metabolischen Erkrankungen häufig zu Süßstoffen, um abzunehmen oder den Blutzucker zu optimieren.

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