Atomenergie: Wie Großbritannien Russland bei Kernbrennstoffen vom Markt drängen will
Großbritannien setzt bei der Atomenergie auf kleine, modulare Reaktoren. Auch in neue Brennstoffe wird investiert – um Russland vom Markt zu verdrängen.
Großbritanniens Kernkraftwerke sind alt und die meisten sollen planmäßig bis 2028 abgeschaltet werden. Dennoch sieht man in London keinen Grund, auf Kernenergie zu verzichten. Im Gegenteil: Kleine, modulare Reaktoren sollen schon in etwa 10 Jahren in Betrieb gehen.
Die Rolle modularen Reaktoren in Großbritanniens Energiepolitik
Nach den Erfahrungen mit der Kostenexplosion beim AKW Hinkley Point C sind die modularen Reaktoren die große Hoffnung. Sie könnten in Fabriken hergestellt werden, erklärten britische Beamte gegenüber Bloomberg. Und mit ihnen könnten Kraftwerke schneller und billiger gebaut werden.
Großbritannien bereitet sich aktiv auf den Betrieb der neuen Reaktoren vor. Das Department for Energy Security and Net Zero (DESNZ) hat angekündigt, 300 Millionen Pfund in die Herstellung spezieller Brennstoffe zu investieren.
HALEU: Ein Wendepunkt in der Atomenergieentwicklung
Dabei handelt es sich um den Kernbrennstoff "High-assay low-enriched uranium" (HALEU), der für die meisten modernen Reaktoren benötigt wird.
Weniger als ein Prozent des natürlichen Urans besteht aus U-235, dem Uranisotop, das eine nukleare Kettenreaktion auslösen kann. In den heutigen Reaktoren wird schwach angereichertes Uran (LEU) verwendet, das etwa 5 Prozent U-235 enthält.
HALEU wird auf eine Konzentration von fast 20 Prozent U-235 angereichert, was im Vergleich zu den über 90 Prozent, die für waffenfähiges Uran erforderlich sind, immer noch als niedrig angereichert gilt.
Die höhere Konzentration von U-235 ermöglicht höhere Leistungsdichten in den Kernen moderner Reaktorkonstruktionen. Davon verspricht man sich effizientere Reaktoren mit kleineren Kernen, längerer Kernlebensdauer und weniger Brennstoffabfall.
Strategische Bedeutung von HALEU im globalen Energiekontext
Mit dem HALEU-Programm verfolgt die Regierung in London ein weiteres Ziel: Sie will der russischen Wirtschaft einen weiteren Schlag versetzen. Denn derzeit wird der Kernbrennstoff nur in Russland kommerziell hergestellt.
Claire Coutinho, Ministerin für Energiesicherheit, erklärte, Großbritannien könne dann HALEU an den Rest der Welt liefern. Damit könne man zur weiteren Isolierung Russlands beitragen.
Wir haben Putin bei Öl und Gas und auf den Finanzmärkten die Stirn geboten und wir werden nicht zulassen, dass er uns beim Kernbrennstoff erpresst.
Claire Coutinho
Konkurrenz und Kooperation: Großbritannien und die USA im Kernbrennstoffmarkt
Das Ministerium verfolge das Ziel, Russland vom Markt für Kernbrennstoffe zu verdrängen, heißt es bei Bloomberg.
Allerdings muss sich Großbritannien den Markt dann mit den USA teilen. Dort hat die Firma Centrus Energy Ende 2023 mit der Produktion von HALEU begonnen. Bis Ende 2023 wollte das Unternehmen rund 20 Kilogramm des Kernbrennstoffs herstellen. Bis Ende 2024 sollen es schon 900 kg werden.
Bisher benötigten die USA etwa 2.000 Tonnen Kernbrennstoff im Jahr. Mit HALEU dürften es weniger sein.
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