Auch die Nakba ist Teil der deutschen Geschichte!

Seite 2: Trauma der Nakba über Generationen

Die breite Wut in Teilen der migrantischen Gesellschaft ist legitim und begründet, basierend auf dem Trauma der Nakba, das sich über Generationen erstreckt und identitätsstiftend wirkt. Die Identifikation wird verstärkt von der Erfahrung aus der eigenen Lebenswelt in Deutschland, wo der Staat, der sie immer wieder diskriminiert, weitgehend auf der Seite der Vertreibung steht.

Mit der Leugnung dieses Traumas als Teil deutscher Geschichte und Verantwortung befördert die deutsche Staatsraison den von Neurechten beschworenen "Kampf der Kulturen". Denn wer den Geschichten und Traumata von migrierten Teilen der Bevölkerung keinen Platz gibt, leugnet indirekt ihre gleichwertige Position in der Gesellschaft.

In Konsequenz heißt das auch: Wenn die traumatische Erfahrung der Nakba für die islamische Welt nicht zu Deutschland gehört, gehören auch die Muslime nicht zu Deutschland oder Europa. Gehören sie dazu, und das ist nicht mehr verhandelbar, gehört auch ihre Geschichte dazu.

Deutschland muss sich lösen von der ethnozentristischen Komposition seines Geschichtsbildes, wenn dieser Konflikt die Gesellschaft nicht weiter spalten soll. Bleibt die Staatsraison so einseitig und leugnet die Geschichte von migrierten Minderheiten, ist das die beste Voraussetzung, viele Menschen in die Arme von Kulturkrieger zu treiben, die nach einem neuen Dschihad rufen.

Auch ist diese Haltung aus der Zeit gefallen. Die kritische und multikulturelle Gesellschaft folgt längst nicht mehr dem national engen Rahmen der Geschichte. Sie ist offen für die verschiedenen regionalen Stränge einer neuen inklusiven, kollektiven, nationalen oder auch europäischen Identität.

Nur im gemeinsamen Zusammentragen der Leidensgeschichten und in der Rücksicht auf die verschiedenen Traumata kann ein Miteinander gelingen, das rassistischer Diskriminierung und islamistisch-antisemitischen Hass den Raum nimmt. Das heutige Deutschland steht aus seiner Geschichte heraus auf ewig in Verantwortung für die jüdische Weltbevölkerung – aber auch für das Schicksal der arabischen Bevölkerung Palästinas.